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Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Linie darin bestanden hatte, zwei Flaschen Champagner und eine Büchse
Kaviar zu öffnen, untermalt von einigen dramatischen Gesten, die ihre Wirkung
nicht verfehlten. Und es wäre ein Kinderspiel gewesen, sich anschließend
scheinbar in Luft aufzulösen, indem er die Kette abnahm, sie irgendwo
versteckte und sich wieder unter die übrigen Gäste mischte.
    Doch wie hatte er es angestellt, daß
ihn niemand erkannt hatte? Selbst die falschen Bärte hatten im Grunde niemanden
täuschen können, oder wenigstens nur für kurze Zeit. Erstens konnte man ohne
weiteres erkennen, daß sie falsch waren, und zweitens hatte der selbsternannte
Sommelier gar keinen Bart getragen.
    Er hatte elegante Koteletten gehabt und
dichtes blondes Haar mit grauen Strähnen, doch dabei mochte es sich auch um
eine Perücke gehandelt haben. Seine hellblauen Augen, derartige Einzelheiten
fielen Max stets auf, waren etwas vorstehend gewesen. Seine Zähne ebenfalls.
Größe und Körperbau waren durchschnittlich, sein Gesicht eher rund als
länglich, und er mochte etwa fünfundfünfzig Jahre gezählt haben, was für einen
Bruder vom Club des Geselligen Kabeljaus recht jugendlich war.
    Andererseits war es nicht allzu schwer,
bei den gegebenen Lichtverhältnissen zehn oder fünfzehn Jahre jünger
auszusehen, wenn man sich eine Perücke aufsetzte, um damit einen kahlen Schädel
zu verbergen, und sich etwas in die Backen stopfte, um die Haut glatter
erscheinen zu lassen. Wenn er ohnehin falsche Zähne hatte, konnte er auch ein
anderes Gebiß benutzt haben. Beispielsweise das seiner Großmutter. Ein echter
alter Yankee warf grundsätzlich nichts fort, was er nicht eines Tages
vielleicht noch brauchen würde; und nichts veränderte die Physiognomie eines
Menschen mehr als ein schlecht sitzender Zahnersatz. Wenn er für gewöhnlich
eine Brille trug, konnte er sie weggelassen haben, vorausgesetzt, er sah auch
ohne Brille gut genug, um den Kaviar anzurichten und ein paar Gläser Champagner
einzuschenken. Und dazu war er problemlos in der Lage gewesen, erinnerte sich
Max. Außerdem hatte er saubere weiße Baumwollhandschuhe getragen, entweder weil
sie zu seiner Verkleidung gehört hatten oder weil man einen Menschen an den
Händen erkennen oder gar anhand von Fingerabdrücken identifizieren konnte.
    Was die Kleidung betraf, so sah ein
alter Smoking aus wie jeder andere, so daß er keinen Grund gehabt hatte, sich
umzuziehen. Er hatte nicht einmal seine Stimme verstellen müssen, denn er hatte
kein einziges Wort gesagt, außer zu den Leuten vom Party-Service, die ihn
ohnehin nicht kannten. Nachdem seine kurze Vorstellung beendet war, brauchte er
nur noch einen der Waschräume aufzusuchen, seine Perücke abzunehmen, seine
Koteletten zu entfernen, die Handschuhe auszuziehen und möglicherweise auch das
Gebiß auszutauschen, und schon hatte er sich wieder in den ursprünglichen
Partygast zurückverwandelt. Die Große Kette hatte er vielleicht unter sein Hemd
gestopft und war dann zurückgegangen, um sich Champagner und Kaviar zu nehmen,
war weiter durch den Salonwagen geschlendert und von dort in den Tender, wo er
seine Perücke, die Handschuhe und vielleicht sogar das falsche Gebiß in das
Kanonenöfchen befördert sowie die Große Kette irgendwo versteckt hatte.
Schließlich hatte er Wouter umgebracht.
    Es war wirklich ein ausgezeichneter
Plan. In der allgemeinen Verwirrung nach dem plötzlichen Ruck hätte er sich
problemlos wieder unter die Gäste mischen und so tun können, als sei er genauso
erschrocken wie alle übrigen. Alle waren derart aufgeregt gewesen, daß er
sicher niemandem sonderlich aufgefallen wäre.
    Falls die Große Kette später irgendwann
auftauchen sollte, machte auch das weiter nichts, solange keine Fingerabdrücke
daran zu finden waren. Wer auch immer auf sie stieß, würde wahrscheinlich
glauben, daß irgendein Clubmitglied Jem Kelling einen Streich spielen wollte und
die Kette zurückgelassen hatte, als er feststellen mußte, daß Jem sich gar
nicht unter den Anwesenden befand und die Umstände sich nicht für einen
derartigen Klamauk eigneten.
    Es schien alles darauf hinzudeuten, daß
der falsche Sommelier auch der Mörder war und aller Wahrscheinlichkeit nach dem
Club des Geselligen Kabeljaus angehörte. Es stand sogar zu vermuten, daß er
sich weiterhin unter den Partygästen befand, falls man hier überhaupt noch von
einer Party sprechen konnte. Doch wer war er? Max beobachtete, wie die
Fahrgäste den Zug verließen, und versuchte

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