Kabeljau und Kaviar
Wie sagt man doch? Mitgefangen, mitgehangen. Du weißt doch, in welche
Panik Leute geraten, wenn sie hören, daß irgendwo Gift in Lebensmitteln war.
Ist ja auch verständlich. Es ist so heimtückisch. Man kann es nicht sehen,
meistens kann man es nicht mal schmecken. Man weiß überhaupt nicht, daß man es
zu sich genommen hat, bis — oh Gott, hoffentlich geht es den Leuten bald wieder
gut.«
Max beschloß, daß er das, was Sarah ihm
eben mitgeteilt hatte, besser für sich behielt. Offenbar schwebten nämlich die
meisten Partygäste in Lebensgefahr, und außer Wouter gab es inzwischen ein
weiteres Todesopfer. Höchstwahrscheinlich handelte es sich dabei um den alten
Wripp, für den der Schock und die Verletzungen, die er sich bei seinem Sturz
zugezogen hatte, wohl doch zuviel gewesen waren. Diese Tatsache würde gewiß
nicht dazu beitragen, seine neuen Bekannten vom Delikatessenladen zu trösten,
die so darum besorgt waren, ob ihre Weihnachtsfeiern sich in dieselben
Alpträume verwandeln würden wie die Feier der Tolbathys.
An Marges Stelle würde er sich auch
Sorgen machen. Jammerschade. Sie waren ausgesprochen nette Frauen und
exzellente Köchinnen. Er nahm sogar ein wenig von Angelas Hühnchen in Aspik,
obwohl er seine eigenen Vorstellungen hegte, was das Gelieren von unschuldigem
Geflügel anging, und gab vor, daß es hervorragend schmeckte, weil er die
gedrückte Stimmung der Anwesenden nicht noch schlimmer machen wollte, als sie
bereits war.
»Was das Geschäft betrifft«, meinte er,
dem Prinzip folgend, daß geteiltes Leid halbes Leid sei, »wenn S i e schon
glauben, in Schwierigkeiten zu sein, was soll dann erst der arme Tom Tolbathy
sagen? Er hat nicht nur zu befürchten, daß er um sein Weihnachtsgeschäft
gebracht wird und möglicherweise sogar vor dem Ruin seiner Firma steht, sondern
er kann nur hoffen, daß ihn seine Freunde nicht auch noch verklagen und eine
Million Dollar Schadenersatz pro Nase fordern.«
»Du liebe Zeit«, sagte Marge. »Daran
habe ich ja noch gar nicht gedacht.«
»Vielleicht hat Tolbathy daran auch
noch nicht gedacht. Aber Sie können Ihre Töpfe und Kessel darauf wetten, daß es
irgend jemandem bereits im Kopf herumspukt.«
Tatsächlich war Max bis zu diesem
Augenblick selbst noch nicht darauf gekommen. Er war immer noch ganz in
Gedanken versunken, als Sarah in dem wunderschönen Wagen vorfuhr, den er ihr zu
chauffieren erlaubte, weil er sie noch mehr liebte als sein luxuriöses
Fahrzeug, was natürlich eine Menge über seine Gefühle aussagte. Außerdem fuhr
Sarah wesentlich besser als die meisten Frauen — und daher unendlich viel
besser als die meisten Männer.
Seine Frau zeigte sich hocherfreut, Max’
neue Freundinnen kennenzulernen. Sie ließ sich von Marge zu einer Tasse Tee
überreden, von Pam zu einem Salat und von Angela zu einem kleinen Stück Aspik,
da ihre Speisen einfach unwiderstehlich aussahen. Sie äußerte sich einige
Minuten lang lobend über die Kochkünste ihrer neuen Bekannten, ganz der Gast,
der weiß, was sich gehört, erkundigte sich mit genau dem richtigen Grad an
schockiertem Interesse nach den Ereignissen des Abends, verabschiedete sich
dann von den Damen und bedankte sich für deren Gastfreundschaft.
»Ich muß unbedingt diesen armen Kerl hier
nach Hause bringen. Vielen Dank, daß Sie sich so nett um ihn gekümmert haben.
Ich hoffe wirklich, daß wir uns bald wiedersehen. Am besten, du läßt mich
fahren, meinst du nicht auch, Liebling? Du bist bestimmt hundemüde.«
Ehe Max noch Gelegenheit hatte, sie vom
Gegenteil zu überzeugen, saß Sarah bereits wieder hinter dem Lenkrad. »Und
wohin fahren wir jetzt?«
»Ich dachte, du wolltest nach Hause.«
»Nicht, wenn du heimlich planst, deine
kleine Frau abzusetzen, um dich hinter ihrem Rücken wieder zu den Tolbathys zu
schleichen. Das hast du doch vor, oder etwa nicht?«
»Sarah, zwei Menschen sind bereits
tot.«
»Drei. Ich habe es vorhin im Autoradio
gehört. Eine Mrs. Ashbroom ist das bislang letzte Opfer. Hast du sie auch
kennengelernt?«
»Wahrscheinlich. So viel ich weiß, ist
ihr Ehemann einer von Jems Freunden aus diesem verrückten gottverdammten
Fischclub.«
»Natürlich! Onkel Jem ist hoffentlich
nicht vollkommen ausgerastet und hat sich dabei die Hüfte verrenkt. Max, das
ist alles so furchtbar. Hast du eine Ahnung, wie es überhaupt dazu kommen
konnte?«
»Da gibt es eine Menge Möglichkeiten.«
Er gab ihr eine kurze Zusammenfassung. »Aber meine ganzen Theorien nutzen
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