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Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Streich, den sie den Gästen spielen wollten. Dann hatte er Wouter
ermordet, damit er nicht herausfinden konnte, daß es kein Schabernack gewesen
war.
    So konnte er es gemacht haben.
Tatsächlich hatte Tom Tolbathy vor allen anderen die beste Gelegenheit gehabt,
einen derartigen Plan auszuführen. Er hatte bestimmt gewußt, wie das Servieren
des Kaviars vonstatten gehen sollte, und Wouter wahrscheinlich ebenfalls. Sie
waren beide an dem Abend anwesend gewesen, als Jems Kette verschwunden war. War
es nicht möglich, daß der eine sie gestohlen hatte, während der andere mit
irgendeinem Trick Jems Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte?
    »Noch ein Kaninchen im Zylinder«,
bemerkte Max finster. »Ich verstehe bloß nicht, warum man dafür die Kette
stehlen mußte. Es sei denn, der Kaviarmensch gehörte gar nicht zum Club und
wollte damit die anderen täuschen. Falls das zutrifft, ist sein Plan jedenfalls
gescheitert. Offenbar bin ich der einzige, der die Kette erkannt hat — und
dafür mußte ich mich auch noch als Lügner beschimpfen lassen.«
    »Vielleicht wollten die Tolbathys kein
Geld für eine Kette ausgeben, die sie ohnehin nur ein einziges Mal benutzen
wollten«, schlug Sarah vor.
    »Sarah, du sprichst über zwei Männer,
die genug Geld haben, sich aus purem Jux ihre eigene Eisenbahn zu bauen.«
    »Aber die Eisenbahn war ihr Geld auch
wert.«
    Sarah wunderte sich, daß sie Max etwas
so Selbstverständliches überhaupt erklären mußte. Cousin Dolph hätte sie sofort
verstanden, und Dolph war weiß Gott nicht der schnellste in ihrer Familie.
Alexander hätte es auch verstanden, doch das behielt sie besser für sich.
    Max zuckte die Achseln. »Wenn dir das
plausibel erscheint, dann vielleicht auch Tom Tolbathy. Gut, nehmen wir also
an, daß Wouter der Sommelier war. Hört sich gar nicht so schlecht an. Das würde
bedeuten, daß Tom die Lok gefahren hat, während Wouter seine Rolle im
Speisewagen spielte. Könnte möglich sein. Als ich Wouter zum ersten Mal sah,
trug er zwar einen gestreiften Lokomotivführeroverall, doch er hätte leicht mit
seinem Bruder die Kleider tauschen können. Sie waren annähernd gleich groß.
Wouter hätte genügend Zeit gehabt, die Perücke aufzusetzen und sein Gesicht
irgendwie zu verändern, vermutlich mit Toms Unterstützung. Und auf seinem Weg
zurück in den Führerstand hätte Wouter dann die Perücke und das andere Zeug in
den Ofen werfen können.«
    »Was die Kette angeht«, warf Sarah ein,
»hat Tom sie ihm vielleicht abgenommen und sich selbst umgehängt, als sie
wieder die Kleider getauscht haben. Er hat Wouter erst nach dem Kleidertausch
getötet, würde ich sagen, damit er ihm nicht umständlich den Overall anziehen
mußte. Vielleicht hat Tom die Kette sogar unter seiner Kleidung getragen, als
du von dieser Flasche von Polizeichef ausgelacht worden bist.«
    »Und Tom war so liebenswürdig, mir in
den Rücken zu fallen, indem er behauptete, daß er derartige Dinge gar nicht
bemerkt. Und weiter? Tom hätte problemlos fünf Minuten oder mehr im Führerstand
zubringen können, ohne daß ihn jemand vermißt hätte. Als Gastgeber ist er
sowieso ziemlich viel hin und her gelaufen. Wäre er tatsächlich vermißt worden,
hätte man ihn bestimmt im anderen Wagen vermutet. Selbst wenn jemand zufällig
in den Lokomotivführerstand gekommen wäre und Tom am Schaltpult gesehen hätte,
wäre das nicht verwunderlich gewesen. Tom hätte einfach behaupten können, alles
sei nur ein Scherz gewesen, und die Ermordung auf einen günstigeren Zeitpunkt
verschieben und irgendwie verhindern können, daß die Gäste das Gift zu sich
nahmen.«
    »Beispielsweise?«
    »Er hätte den angeblich beschädigten
Zug früher als geplant zum Bahnhof zurückfahren können. Oder er hätte
angehalten, wäre in den Speisewagen gestürzt und hätte eine Marx Brothers- Nummer
hingelegt, wobei er sich den Kaviar geschnappt und sich damit aus dem Staub
gemacht hätte — irgend etwas in der Art. Als Importeur hat er bestimmt noch ein
paar andere Büchsen parat, also hätte er Wouter schnell eine völlig unberührte
gereicht, und das ganze Spiel hätte von vorn begonnen. Ich will damit nicht
sagen, daß es so war, aber so hätte es sein können.«
    Was die Ermordung eines geliebten
Bruders betraf, hatte Max schon viel erlebt. Wie viele seiner meist flüchtigen
beruflichen Bekannten hatten ebenfalls zutiefst bedauert, daß ihnen keine
andere Wahl geblieben war, als einen geliebten Menschen um die Ecke zu bringen,
und

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