Kabeljau und Kaviar
Mittagessen
gehabt und verdächtige Max Bittersohn, daran die Schuld zu tragen. Der Weg zum
Krankenhaus war ausgeschildert gewesen. Max ging vernünftigerweise davon aus.
daß die Straße, an der sich das Hospital befand, ihn schon irgendwohin führen
würde, bog links ab und fuhr immer geradeaus, bis er schließlich an eine
Kreuzung kam, die ihm zu seiner großen Erleichterung bekannt vorkam.
Tatsächlich, dort war der hübsche kleine Delikatessenladen, und da war auch
Angie und verstaute gerade einen großen Karton in einem Kombiwagen mit
geöffneter Ladeklappe.
Max hatte lediglich hupen und
weiterfahren wollen, doch Angie hatte ihn sogleich erkannt und winkte so
heftig, daß er bremste und in die Auffahrt einbog.
»Was machen Sie denn hier?« erkundigte
er sich. »Ich dachte, Sie wären irgendwo auf Achse und verdienten das große
Geld.«
»Marge und Pam bereiten gerade ein
Mittagessen vor«, erklärte sie, »und ich versuche mich auf die Riesenparty
heute abend bei den Masons vorzubereiten. Gott sei Dank hat keiner abgesagt,
aber wir haben strikte Order, keinen Kaviar zu servieren. Ich habe gehört, er
wird bereits aus den Geschäften zurückgerufen. Ich wette, nach dieser Nachricht
geht es dem armen Mr. Tolbathy noch schlechter als gestern. Er ist übrigens
schon wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden, wußten Sie das?«
»Wie haben Sie das denn
herausgefunden?«
»Wenn Sie in Bexhill wohnten, hätten
Sie diese Frage gar nicht erst gestellt. Wir hören die letzten Neuigkeiten,
bevor sie überhaupt stattgefunden haben. Kunden kommen, kaufen ein paar
Brötchen oder irgend etwas und unterhalten sich mit uns.«
»Ich hatte keine Ahnung, daß Sie auch
ganz gewöhnliche Lebensmittel verkaufen.«
»Oh, das müssen wir sogar. Das ist die
einzige Möglichkeit, unsere Unkosten zu decken, wenn der Party-Service nicht so
gut läuft. Wir haben nicht jeden Tag zwei Aufträge gleichzeitig, wissen Sie.
Wie geht es Ihrer Frau?«
»Fein. Wie wär’s, wenn Sie mir etwas
Leckeres verkaufen, das ich mit nach Hause nehmen kann? Haben Sie dazu Zeit?«
»Klar. Ich versuche lediglich, ein paar
von den Sachen für heute abend vorzubereiten, damit ich nicht alles auf die
letzte Minute machen muß. Wir haben sogar ein Mädchen extra für den
Thekenverkauf, aber sie ist im Moment in der Mittagspause. Da fällt mir ein,
haben Sie überhaupt schon gegessen?«
»Um ehrlich zu sein, nein. Ich komme
gerade vom Krankenhaus, ich habe Mrs. Whets Mann hingefahren. Sie verkaufen
nicht zufällig Sandwiches und Kaffee?«
»Sie können eine Quiche haben
oder auch ein Ploughman’s Lunch.«
» Ploughman’s wäre großartig.«
Max betrat das Geschäft, setzte sich an
einen der kleinen Tische und erwartete den beliebten englischen Pub-Lunch,
einen kleinen Imbiß aus frischem Brot, Käse und Mixed Pickles, vielleicht noch
mit etwas Chutney und einer reifen Tomate garniert.
Er hatte allerdings nicht damit
gerechnet, daß die Tomate in Form einer Rose auf seinem Teller erblühen würde,
doch offenbar war Angie nicht zu bremsen.
»Schade, hätte ich das geahnt, hätte
ich mir ein Bier besorgt«, bemerkte er und schnupperte mit gebührender
Anerkennung an dem knusprigen Brötchen.
Angie, die gerade einen Teller mit Brot
und Käse für sich selbst geholt hatte, ging zum Kühlschrank und kehrte mit
einer dunkelbraunen Flasche zurück.
»Wir haben keine Ausschanklizenz, also
geht das hier auf Rechnung des Hauses. Fröhliche Weihnachten!«
»Shalom.«
Sie tranken ihr Bier, dann fragte Max:
»Sind Ihnen irgendwelche Gerüchte über den Ehemann der Dame, die gestorben ist,
zu Ohren gekommen?«
»Mr. Ashbroom? Nichts Spezielles,
soviel ich weiß.«
»Wohnt er hier in der Nähe?«
»Klar, sogar hier in der Straße, in dem
großen gelben Haus oben auf dem Hügel, genau vor dem Krankenhaus. Sie müssen
daran vorbeigefahren sein.«
»Sie meinen das Haus mit den vielen
Fenstern?«
»Genau. Der Anbau ist ein Gewächshaus.
Die Ashbrooms sind absolute Pflanzenfans.«
»Das hat mir der Onkel meiner Frau auch
schon erzählt.«
Angie kaute einen Moment an ihrem
Käsebrot und sagte dann: »Wo wir gerade von Ehefrauen reden, frage ich mich,
wann Mrs. Ashbroom beerdigt wird. Ich hoffe inständig, sie bitten uns nicht
darum, danach im Haus die Trauergäste zu beköstigen. Wir sind die ganze Woche
über ausgebucht. Außerdem hasse ich Beerdigungen.«
»Ich könnte mir denken, daß die
Beerdigung nur im engsten Familienkreis stattfindet — wenn man
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