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Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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echte Sorge um die
Frau, die ihm gestern eine so liebenswürdige Begleiterin gewesen war, und
stellte verblüfft fest, wie erleichtert er war, als die Stationsschwester auf E
sie ein wenig zu beruhigen vermochte.
    »Mrs. Whet geht es ein bißchen besser.
Sie schwebt nicht mehr in Lebensgefahr und kann bereits etwas Flüssigkeit zu
sich nehmen.«
    »Was für Flüssigkeit?« erkundigte sich
Whet scharf.
    »Bisher nur ein wenig schwarzen Tee,
aber wir wollen es später auch mit Orangensaft versuchen. Mrs. Whet ist eine
sehr kooperative Patientin. So, wir sind da.«
    Eine jammervolle Karikatur der
charmanten Dame, die Max zu den Tolbathys begleitet hatte, ruhte in dem hohen
Bett, einen Infusionsschlauch im Arm. Max sah den Ausdruck auf Gerald Whets Gesicht,
als er sich über seine Frau beugte, und beschloß, daß er das Zimmer besser
verließ, um sich ein wenig mit der Stationsschwester zu unterhalten.
    »Sind Sie der Sohn von Mrs. Whet?«
wollte die Schwester wissen.
    »Nein, ich war gestern mit ihr auf
dieser Party.«
    »Dann waren Sie auch in dem Zug? Junge,
Junge, da haben Sie aber Schwein gehabt. Dieser Kaviar muß geradezu mit Gift
überladen gewesen sein. Ein Wunder, daß die Leute nicht alle hinüber sind.
Wieso sind Sie nicht krank?«
    »Ich habe keinen Kaviar gegessen. War
es wirklich so schlimm?«
    »Die Laborberichte waren entsetzlich.«
    »Aber warum Colchicin? Das ist doch
sicher kein gewöhnliches Gift, oder? Ich habe noch nie davon gehört.«
    »Ich auch nicht, um die Wahrheit zu
sagen. Als Gift, meine ich. Aber natürlich sind alle Medikamente gefährlich,
wenn man die vorgeschriebene Dosierung überschreitet. Und Colchicin ist bereits
in sehr kleinen Mengen hochtoxisch, was ich auch nicht gewußt habe, bis das
Labor es uns mitgeteilt hat. Ich denke, man hat das genommen, was gerade da
war, obwohl ich finde, daß Gichtmedizin in einer Kaviarkonservenfabrik schon
reichlich merkwürdig ist. Doch ich nehme an, man bekommt dort drüben von der
Kälte und Feuchtigkeit leicht Rheuma. Ich stelle mir jedenfalls vor, daß es
dort kalt und feucht ist. Meine Tante ist Sardinenpackerin oben in Maine und
trägt immer dicke Socken und Gummistiefel bei der Arbeit. Sie sagt, es macht
sogar irgendwie Spaß, wenn man sich erst daran gewöhnt hat.«
    »Gummistiefel und Socken zu tragen?«
    »Nein, Sardinen zu packen. Ist
wahrscheinlich ein bißchen wie beim Puzzlespielen. Aber wie zum Teufel bin ich
jetzt bloß auf die Sardinen gekommen? Ich bin offenbar völlig von der Rolle.
Gestern abend um sechs hatte ich Feierabend. Aber dann haben sie mich um zehn
Uhr schon wieder zurückgerufen, als die ganzen Krankenwagen hier vorgefahren
sind. Seitdem habe ich keine Sekunde mehr richtig gesessen, nur ab und zu ganz
kurz, um einen Kaffee zu trinken, damit ich nicht einschlafe. Unser Krankenhaus
ist nicht dafür ausgestattet, einen derartigen Massenandrang zu bewältigen.
Aber was blieb uns anderes übrig? Man kann schließlich nicht kostbare Zeit
damit vergeuden, Patienten mit akuter Vergiftung in andere Krankenhäuser zu
transportieren. Immerhin könnten sie sterben, bevor sie dort ankommen.«
    »Konnten Sie sich denn nicht ein paar
zusätzliche Schwestern aus anderen Abteilungen kommen lassen?«
    »Na, Sie machen mir Spaß! Da herrscht
doch derselbe Personalmangel wie hier bei uns.«
    »Da müssen Sie ja völlig am Ende sein«,
meinte Max mitfühlend.
    »Wenn ich ein leeres Bett finden
könnte, würde ich sofort hineinkriechen, das können Sie mir glauben«,
versicherte die Krankenschwester. »Na ja, ich nehme an, daß sie bald ein paar
von uns nach Hause schicken. Das Erste-Hilfe-Team vom Roten Kreuz kommt, um uns
zu entlasten, und allmählich entspannt sich die Lage ja auch ein bißchen.
Einige Patienten konnten sogar schon entlassen werden.«
    »Wer denn zum Beispiel?«
    »Mal sehen. Wir haben gerade eine Liste
bekommen.« Sie kramte in ihren Blättern auf dem Schreibtisch und fand die
Liste. »Thomas Tolbathy. Das ist der Mann, der die Party veranstaltet hat,
nicht wahr?«
    »Richtig. Tolbathy ging es nicht sehr
schlecht, oder? Er hat mir gestern im Zug erzählt, er habe von dem Kaviar nur
probiert.«
    »Ich denke, in seinem Fall waren es vor
allem der Schock und die nervliche Belastung. Kein Wunder, der arme Kerl. Ich
möchte jetzt nicht in seiner Haut stecken.«
    »Wie geht es seiner Frau?«
    »Noch immer auf der Intensivstation.
Und sein Bruder ist tot. Ein Unfall. Sie wissen sicher davon.«
    »Sollte ich eigentlich. Ich

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