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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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verlängerten ersten Septemberwochenendes 1969 hatte sich eine Gruppe von Informatik-Doktoranden mit einer Flasche Sekt im Innenhof der Boelter Hall versammelt, dem Hauptgebäude der technischen Fakultät. Ich stand genau am selben Ort und malte mir die Szene aus. Anlass war die Lieferung eines ebenso phantastischen wie teuren neuen Gerätes, das an jenem Tag per Luftfracht aus Boston eintreffen sollte: ein modifizierter und für den militärischen Einsatz gestählter Minicomputer vom Typ Honeywell DDP -516 – wobei ein »Minicomputer« damals eine Maschine war, die über 400 Kilogramm wog und 80 000 Dollar kostete, was heute fast 500 000 Dollar entspricht. Absender war die Firma Bolt, Beranek and Newman in Cambridge, Massachusetts, die vom Verteidigungsministerium den 1 Million Dollar schweren Auftrag erhalten hatte, versuchsweise ein Computernetzwerk zu entwickeln, das sogenannte ARPANET . Die Firma hatte die Maschine nicht nur weiterentwickelt, sondern sie auch auf den neuen Namen »Interface Message Processor« getauft. Der Computer, der an jenem Samstag die Anhöhe zum Campus der UCLA hinaufgefahren wurde, war der allererste: IMP Nummer Eins.
    Die meisten der Doktoranden waren damals Mitte zwanzig – in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs geborene Früh-Baby-Boomer, ungefähr so alt wie meine Eltern –, und ich stelle mir ein paar Familienfotos aus der Zeit dazu vor. Es war der Sommer von Woodstock und der Mondlandung, und sogar Informatiker hatten Schlaghosen und zottelige Haare. Einer von ihnen trug wahrscheinlich einen Anstecker mit einem »Ω«, dem Zeichen für elektrischen Widerstand, unter Ingenieuren ein beliebtes Antikriegssymbol. Alle wussten, dass die Kosten des Projekts, 200 000 Dollar allein an der UCLA , die 40 Doktoranden und Angestellten ein Auskommen sicherten, vom Verteidigungsministerium getragen wurden. Aber sie wussten auch, dass das, was sie da entwickelten, keine Waffe war.
    Das ARPANET war ein Projekt der Advanced Research Projects Agency ( ARPA ), einer Behörde, die infolge des Sputnik-Schocks gegründet worden war, um die wissenschaftliche Forschung in ziemlich esoterischen Bereichen zu fördern, an der vordersten Front der technischen Entwicklung. Das ARPANET gehörte ohne jeden Zweifel zu dieser Kategorie. Bis dato hatte es kaum Versuche gegeben, Computer über große Entfernungen hinweg zu verbinden oder gar zu einem Netzwerk zu verknüpfen. Falls irgendwo im Pentagon ein Vier-Sterne-General die makabere Hoffnung hegte, das ARPANET könnte sich einst zu einem Kommunikationsnetzwerk entwickeln, das in der Lage wäre, einen Nuklearangriff zu überstehen – ein weitverbreiteter Mythos über den Ursprung des Internets –, so waren diese jungen Wissenschaftler hier weit von solchen Vorstellungen entfernt. Jedenfalls schenkten sie ihnen keinerlei Beachtung. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf die technischen Herausforderungen gerichtet, die jener Lieferwagen ihnen bringen würde, auf ihre frisch angetrauten Ehefrauen und ihre Babys, auf die unendlichen Möglichkeiten der computergestützten Kommunikation. Kurz: auf friedliche Ziele.
    Wie so vieles in Los Angeles war die Boelter Hall damals nagelneu. In den frühen 1960er Jahren als Heimstatt der rasch expandierenden technischen Fakultät erbaut, entsprachen die geraden, modernistischen Linien des Gebäudes dem neuesten architektonischen Trend, passend zur bahnbrechenden Forschung in seinem Inneren – ganz ähnlich wie das neue Gebäude der Molekularbiologie nebenan, von dem es mittlerweile überragt wird. Mittlerweile hat die Boelter Hall ihre besten Tage hinter sich, die Markisen an den Fenstern sind ausgebleicht, die Geländer an den Balkonen zum Innenhof rostig. Dort, im Schatten der ausgewachsenen Eukalyptusbäume, wartete an jenem heißen südkalifornischen Tag das Begrüßungskomitee für den IMP . Lange vor Erfindung von Mobiltelefonen konnten sie nur Mutmaßungen anstellen, wann der Lastwagen vom Flughafen hier eintreffen würde. Um die gigantische Maschine in das Gebäude zu hieven, stand ein Gabelstapler bereit. Schlürften sie den Sekt aus Styroporbechern? Machten sie Schnappschüsse mit einer dieser billigen Kameras, die seit Neuestem aus Japan importiert wurden? (Wenn ja, sind sie längst verschollen.) Die Spannung der Wartenden muss mit Händen zu greifen gewesen sein. Dabei konnten sie nicht ahnen, dass sie Zeugen eines historischen Augenblicks wurden: Dies war der erste Baustein des Internets.
    Doch während die

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