Käfersterben
über den Weg gelaufen.«
Katinka grinste in sich hinein. Ihr Vater hatte diese typische Elternintuition nie abgelegt. Sie lenkte das Gespräch auf privatere Dinge, bevor sie fragte: »Weißt du eigentlich irgendwas von Dani Zanini?«
Die Antwort ließ einen Moment auf sich warten, als hinge sie irgendwo auf den 600 Kilometern zwischen Wien und Bamberg fest.
»Dass sie eine außerordentlich gutaussehende Frau ist.«
Katinka verdrehte die Augen.
»Abgesehen davon. Mehr … beruflich.«
»Nein, macht sie eine neue Ausstellung?«
»Ich habe sie am Freitag zufällig in Bamberg getroffen.«
»Ach, ja?«
Ignaz Palfys Stimme klang unbeteiligt, beinahe desinteressiert.
Einem diffusen Gefühl folgend sagte Katinka:
»Falls du sie siehst – sie soll sich bei mir mal melden.«
Sie beendete das Gespräch mit den notwendigen Platitüden. Mit ihrem Vater zu telefonieren, hinterließ in ihr immer den Eindruck, nicht mit ihm selbst gesprochen zu haben, sondern mit einer verschwommenen Figur, die neben ihm stand und die Antworten für ihn gab.
Wenigstens zu Booz hatte sie etwas erfahren, wenngleich sie noch nicht wusste, wie seine provokanten künstlerischen Geschmacklosigkeiten zu Danis Verschwinden passten.
Katinka verließ das Arbeitszimmer, löschte das Licht und blieb einen Moment in der Dunkelheit stehen.
Booz ist ein Sadist, dachte Katinka. Wie konnte er Jana in dieses Sparschwein einbauen? Wollte sie das selbst? Welche Macht hat er über sie? Ist sie der Typ Frau, die einem Mann hörig ist und von einer Felswand springt, um ihm zu Diensten zu sein? Warum fror er Kadaver in Eisblöcke ein?
Katinka hielt sich Janas panische Reaktion vor Augen. Jana Dorell, die Verlobte des Arian Booz, sein Hündchen, die ergebene Dienerin. Wie sonst sollte man sich erklären, dass sie sich für Stunden in einem Pappmascheeschwein einsperren ließ.
Katinka setzte sich in der Küche an den Tisch und schrieb auf ein Blatt Papier: Jana dazu bringen, über Dani zu reden. Jana war komplett ausgeflippt, als Danis Name genannt wurde. Warum? , schrieb Katinka dazu und legte die Wärmflasche neben ihren Zettel.
Sie grübelte, wanderte hin und her, starrte aus dem Fenster. Sie machte ein paar Tanzschritte, stellte sich grinsend vor, wie ihr Vater eine elegante Dame zum Essen ausführte. Sah Janas blasses Gesicht vor sich und die Hysterie, mit der sie Katinka rausgeschmissen hatte.
Jana, der Schlüssel zu Booz. In diesem Fall würde ihr Heppner mit seiner Ausrüstung nicht helfen können.
In der Nacht schlief sie schlecht. Sie träumte, dass sie Booz mit ihrer Waffe in Schach hielt. Booz streckte die Hand aus und berührte die Pistole. Sie wurde weich wie Nougat und begann in Katinkas Hand zu schmelzen.
Sie schreckte hoch. Sah auf die Uhr, stöhnte, warf sich hin und her. Die Geräusche der nächtlichen Stadt drangen unwirklich laut an ihr Ohr. Sie stand auf und suchte sich Ohropax. Blendete die Welt aus. Versuchte es mit einem neuen Traum. Bemerkte, wie der Kater aufs Bett sprang, und wärmte sich an seinem Fell. Es war 2 Uhr 30, Montag, der 14. Juni 2004.
9. Ertrunken
»Katinka, wieder einer!«
»Was?«
»Und du wirst nicht glauben, wo der festsitzt.«
Katinka hockte auf dem Badewannenrand und presste das Telefon mit dem Kinn ans Ohr, während sie sich die Haare trockenrieb.
»Sag schon, Britta!«
»Am Schönleinsplatz. Im Brunnen.«
Elektrisiert sprang Katinka auf.
»Ich bin gleich da!«
Sie pfefferte das Handtuch in den Wäschekorb, schlüpfte in Jeans und Pulli und rannte aus der Wohnung.
Sie kam jeden Tag auf dem Weg zu ihrer Detektei hier vorbei. Aber dieser Anblick war wirklich eine Sensation. Der Fotograf lag bäuchlings auf der Erde, um sein Motiv ins rechte Licht zu rücken.
»Ach, die Frau Privatdetektivin ist auch mit von der Partie. Heute ohne Unterstützung durch den Hauptkommissar?«
Sie hätte sich denken können, dass der hämische Ton zu Lutz Fleischmann gehörte.
»Wieder Ketchup?«, fragte sie.
»Deutliche Currynote.«
Katinka besah sich den schwarzen Käfer, den jemand mitten in den kreisrunden Brunnen gesetzt hatte. Es war ein älteres Modell und das erste Mal kein Cabrio. Das Samuraischwert, auf den ersten Blick identisch mit den vorherigen, war durch das Dach gebohrt und in den Fahrersitz gerammt worden.
»Fehlt nur noch, dass einer drinsitzt und mit aufgespießt wird«, witzelte Fleischmann. Der Gedanke amüsierte ihn sichtlich.
Das Wasser stand dem Wagen bis zu den Scheinwerfern. Er
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