Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
Vom Netzwerk:
saß ein bisschen schief auf den Düsen auf, aus denen sonst die Wasserfontänen spritzten.
    »Morgen, Katinka!«
    Britta trat zu ihr, die XXL-Kuriertasche um ihren Regenmantel gewickelt. Sie sah müde aus, dunkle Ringe umschatteten ihre Augen. Sie war ungeschminkt, was selten genug vorkam.
    »Die Polizei ist kurz nach sechs angerufen worden. Jemand … also jemand hat in etwa zur gleichen Zeit meine Handynummer gewählt«, erklärte Britta.
    »Was für ein Jemand?«
    »Kein Kommentar. Wo steckt dein Kommissar?«
    »Er hat Urlaub. Und er ist nicht mein Kommissar.«
    »Dann müssen wir mit diesem Witzbold vorlieb nehmen?«
    Britta deutete auf Lutz Fleischmann in seinem weißen Overall mit der Aufschrift ›Kriminaltechnik‹, der an dem Käfer lehnte und seiner Arbeit nachging.
    »Fleischmann? Der ist Techniker. Jemand anderes muss die Ermittlungen leiten. Keine Ahnung.« Katinka sah sich hilflos um.
    Britta hatte die Antwort schon parat.
    »Schätzungsweise deine besondere Freundin, Oberkommissarin Winkler. Guck mal, da drüben steht sie.«
    »O Gott.«
    Katinka fror. Die nassen Haare klebten in der kalten Morgenluft wie eine Schicht Eis auf ihrem Kopf. Nieselregen setzte ein. Der Anblick von Oberkommissarin Johanna Winklers Faltenrock unter dem grünen Polizeianorak war nicht im mindesten geeignet, sie zu erwärmen.
    »Der deutsche Sommer ist ein grün angestrichener Winter«, meckerte Britta. »Sagte der Alte Fritz. Und er hatte recht. Treffen wir uns zum Mittagessen?«
    Katinka nickte. Sie umkreiste den schwarzen VW und prägte sich die Position des Schwertes ein. Sie konnte sogar die Autonummer entziffern, die knapp unter der Wasseroberfläche schimmerte.
    »Ein sogenanntes Katana oder auch japanisches Langschwert «, dozierte Fleischmann. »Schauen Sie sich mal die Griffwicklung an. Da sind schöne Dekoelemente unter dem Band, oder?«
    »Allerdings«, mußte Katinka zugeben. Sie zog die Schultern hoch gegen die Kälte. Ihr Magen knurrte. Wenn sie ehrlich war, konnte sie sich einfach nicht erklären, woher ihre Abneigung gegen Fleischmann rührte.
    »Entfernen Sie sich aus dem abgesperrten Bereich. Privatpersonen haben hier keinen Zugang.«
    Die Stimme klang emotionslos, aber Katinka wusste nur zu genau, dass Johanna Winkler sich unter großen Mühen zusammenriss. Ihre Wangenmuskeln traten überdeutlich hervor.
    »Sofort, Frau Oberkommissarin«, sagte Katinka spöttisch.
    Johanna Winkler warf ihr einen wütenden Blick zu und hob das rot-weiße Band ein Stück an. Katinka kroch durch. Im Nacken spürte sie Fleischmanns anzügliches Grinsen. Er sagte etwas zu Johanna Winkler. Die verzog die Lippen. Fleischmann formte ein O mit dem Mund und wedelte mit den Händen wie mit Flügelchen.
    Katinka winkte Britta, die Daumen und kleinen Finger abspreizte und an ihr Ohr hielt. Dann sprang sie auf ihr Rad und fuhr nach Hause.
    Es war gerade halb acht. Sie fror wie ein Schneider. Es mochte keine 12 Grad haben. Die Zentralheizung war schon seit Mai abgestellt. Katinka setzte Wasser auf und rieb sich das Haar mit einem Küchenhandtuch trocken, als das Telefon läutete. Panisch rannte sie durch die Wohnung. Beim achten Klingeln endlich fand sie das Telefon im Wäschekorb.
    »Palfy!«
    Es knackte und knisterte, dann schrie ihr jemand ins Ohr:
    »Schewschenko, Juri Schewschenko, from Kiev!«
    Sie brauchte einen kurzen Moment. Kiew.
    »Ich freue mich, dass Sie zurückrufen!«, brüllte Ka-tinka in den Apparat. Dann erläuterte sie dem Anrufer, weshalb sie ihn hatte sprechen wollen. Sie bemühte die Journalistengeschichte, betonte ihre vergeblichen Versuche, Dani für ein Interview ausfindig zu machen. Juri schien untröstlich, keine Hinweise geben zu können. Er besaß weder Danis aktuelle Adresse noch eine Telefonnummer.
    »I am sorry«, rief er immer wieder in den Äther. Er habe Dani sehr gemocht, die Zusammenarbeit mit ihr sei das reinste Vergnügen gewesen und die Kiewer von ihren Plastiken geradezu hingerissen. Aber im Anschluss sei der Kontakt eingeschlafen.
    »Tja, da kann man nichts machen«, seufzte Katinka.
    »So sorry, cannot help you«, bedauerte Juri.
    Katinka bedankte sich und tippte auf den roten Knopf. Bibbernd stieg sie ein zweites Mal unter die Dusche. Das Wasser trommelte kochend heiß auf ihre Schultern. Dani schien sich zu bemühen, ihre Spuren alsbald zu verwischen. Es mochte ihr gefallen, flüchtige Kontakte aufzubauen, für ihre beruflichen Ambitionen zu nutzen und dann in der Versenkung zu verschwinden.

Weitere Kostenlose Bücher