Käfersterben
sich mit Booz’ Aussagen über das, was er beobachtet haben will. Der Körper war noch nicht erkaltet, die Totenflecken noch verschieblich. Die Leichenstarre war erst an den Kiefergelenken eingetreten. Das Schwert drang mitten durchs Herz. Muss sehr schnell gegangen sein.«
Katinka beeilte sich, die Frage zu stellen, die ihr auf der Seele brannte: »Wie konnte der Mörder sie genau auf diesem Felsen drapieren?«
»Fleischmann hat Spuren von einem Kletterseil gefunden. Ein paar Fasern klebten an dem Felsabbruch. Wir vermuten, dass sie zu einem Seil gehören, an dem sich der Mörder gesichert hat.«
»Dani muss sich doch gewehrt haben!«
»Es wurden Abschürfungen und ein Hämatom am Schädel gefunden. Ihr Mörder hat ihr einen kräftigen Hieb auf den Hinterkopf versetzt, vermutlich mit einem Stein. Dani war wahrscheinlich für einen Moment bewusstlos.«
»Haben Sie den Stein gefunden?«
»Nein. Der Mörder kann ihn einfach in den Abgrund geschleudert haben.«
Katinka versuchte, sich die Szenerie vorzustellen. Das Schweigen kam ihr sehr lang vor, bis Hardo endlich fragte:
»Soll ich weitermachen?«
»Ja, klar.«
»Weitere Abschürfungen hat sie an Armen und Beinen. Sie wurde über den Felsrand geschleift und fiel dann auf den Felsen, ein paar Meter tief. Dabei brach sie sich einen Brustwirbel an. Der Mörder oder eben die Mörderin muss mit dem Schwert direkt über ihr balanciert haben, gesichert an dem Seil, um so zielgenau zustoßen zu können.«
»Booz sagte, die eine Person habe die andere in die Tiefe gestürzt.«
Hardo seufzte. »Wir wissen doch beide, wie genau manche Menschen hinschauen.«
»Stimmt«, sagte Katinka. Sie hatte die Erfahrung oft gemacht. »Aber wenn Dani circa zwei Stunden tot war, als Ihre Leute sie bargen, war sie in etwa eine Stunde auf dem Felsen gelegen, als ich hinkam. Booz muss also«, sie rechnete nach, »mindestens eine Stunde auf dem Plateau rumgehangen haben, wenn er die Tat wirklich beobachtet hat. Falls es der Mord war, den er gesehen haben will.«
»Ich arbeite dran«, gab Hardo zurück.
»Und Ihr Urlaub?«
»Pfeifendeckel«, sagte Hardo. »Mit den Schwertern kommen wir auch voran. Sie stammen alle vom gleichen Hersteller. Also die drei, die in den großen VWs steckten und das Schwert, mit dem Dani umgebracht wurde. Eine Firma in der Schweiz. Wir haben eine Liste der Waffengeschäfte erhalten, an die sie vornehmlich liefern. Das Interessante ist, dass sie fast ausschließlich in die Schweiz und nach Frankreich verkaufen. Die Liste ist lang genug, aber wir telefonieren alle ab. Früher oder später kreisen wir den Täter ein.«
Katinka nickte und stützte das Kinn in die Hände.
»Jetzt noch etwas anderes«, fuhr der Kommissar fort. »Wir haben bei Dani ein Portemonnaie gefunden. Darin lag ein Kärtchen, auf dem sie bittet, für den Fall ihres Todes einen Wiener Rechtsanwalt und Notar zu benachrichtigen.«
»Komisch«, sagte Katinka. »Wen denn?«
»Einen Dr. Emmo Rosenstock. Seine Kanzlei liegt ebenfalls am Graben. Erster Bezirk. Sagt Ihnen der Name was? »
»Allerdings. Rosenstock ist der Anwalt, den mein Vater bei den meisten Vertragsabschlüssen hinzuzieht. Ich glaube, ihre Büros sind nur ein oder zwei Häuser voneinander entfernt. Haben Sie ihn schon angerufen?«, fragte Katinka, während sie sich den Namen aufschrieb.
»Ja, aber nicht erreicht. Seine Sekretärin gab an, er wäre seit vorgestern stationär in der Augenklinik. Er wird am grauen Star operiert.«
Katinka malte Kringel auf ihren Zettel.
»Ich rufe meinen Vater nochmal an. Er wird vor Überraschung den Mund nicht mehr zukriegen. Drei Telefonate in einer Woche!«
»So oft melden Sie sich sonst im ganzen Jahr nicht, was?«, fragte Hardo. Es klang ein bisschen vorwurfsvoll. »Und dann rufen Sie mich auch mal wieder an. Wenn ich heute bis 19 Uhr nichts von Ihnen höre, hetze ich einen Bluthund auf Ihre Fährte.«
»Jetzt hören Sie mal!«, rief Katinka entrüstet. »Sie können mich doch nicht an die elektronische Fußfessel hängen.«
»19 Uhr, Palfy. Keine Minute später.«
Er legte auf.
Irritiert sah Katinka ihr Telefon an, legte es weg und machte sich noch einen Kaffee. Während sie die Nummer ihres Vaters wählte, dachte sie an Jana. Jana, die frierend mitten im Ententeich stand. Jana, die grün von Entengrütze ans Ufer kletterte.
»Morgen. Katinka Palfy am Apparat. Ich möchte gern meinen Vater sprechen.«
Die Sekretärin behandelte sie ausgesucht freundlich. Ein Knacken in der
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