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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Sie recht. Aber es gibt nichts, was uns das Glück ersetzt, morgens neben dem einen vertrauten Menschen aufzuwachen. Ein Leben lang.«
    Katinka hob den Kopf. In der Verwirrung dieser Nacht fragte sie sich, wohin das Gespräch führen sollte.
    »Ich weiß«, seufzte Hardo. »Ich bin geschieden. Gescheitert, Ehe kaputt. Aber ich weiß trotzdem, wovon ich rede. Oder vielleicht weiß ich es gerade deswegen.«
    »Warum haben Sie sich dann scheiden lassen?«
    »Das ging ja nicht von mir aus. Meine Frau ist weggegangen. Für mich kam das aus heiterem Himmel. Plötzlich lag da ein Zettel auf dem Tisch, dass es ihr reicht. Klar, ich hätte die Anzeichen deuten können und natürlich gehören immer zwei dazu, und ich habe eine Menge falsch gemacht …«
    Er schwieg. Katinka wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Die Müdigkeit lag auf ihr wie Torf. Sie sehnte sich nach der Wärme ihres Bettes und danach, das unselige Grübeln abzuschalten. Unruhig spielte sie mit ihrer leeren Tasse. Der winzige Kaffeerest trocknete am Boden zu einem braunen Ring ein.
    »Die gestohlenen und ermordeten Käfer tragen Booz’ Handschrift, oder?«, fragte sie, auf weniger schwankenden Boden zurückkehrend.
    »Was wissen Sie über Booz?«
    »Ich habe meinen Vater angerufen. Naja, er ist einer von den Architekten, die in der Schickeria herumplanschen wie in einem warmen Pool, ein Cocktailchen hier und ein Crostino da einschmeißen und sich mit Künstlern und Promis aller Couleur schmücken. Von Booz hält er allerdings nicht viel. Seiner Meinung nach ist Booz ein Sadist. Er friert zum Beispiel Tierkadaver in Eisblöcke ein und matscht seine Verlobte in ein Pappmaschee-Sparschwein.«
    »Sieh an, da hat jemand schon mächtig recherchiert.«
    Katinka dachte an die Liste mit den abgewiesenen Bewerbern für Booz’ ominöses Projekt in Holzhof. Jetzt wäre der Moment, darüber zu reden. Doch sie sagte nichts. Schob die Müdigkeit vor.
    »Wenn Sie was über Kunst und über die Szene der Ausgeflippten wissen wollen«, sagte Katinka, »dann wenden Sie sich getrost an Ignaz Palfy in Wien. Architektenbüro Palfy, am Graben. Beste Lage. Da, wo man sich installieren muss, um wer zu sein.« Sie musste lächeln. In dieser Nacht schien ihr Wien und die Heimat ihrer Kindheit Galaxien weit weg.
    »Nett von Ihnen, dass Sie Ihren Informanten mit mir teilen«, witzelte Hardo.
    »Eine Hand wäscht die andere, oder?« Katinka rieb sich stöhnend die Schläfen. Die Kopfschmerzen robbten aus ihren Schlupflöchern. Sie sah Danis Gesicht vor sich.
    »Sie sah so friedlich aus, wie sie da in dem Sarg lag«, murmelte sie. »Als hätte sie nicht gelitten.« Ka-tinka wusste, dass der Gesichtsausdruck eines Toten keinen Rückschluss auf ein leichtes oder qualvolles Sterben zuließ, weil durch den Eintritt des Todes alle Muskeln erschlafften. Aber der Gedanke, dass Dani sofort tot gewesen war, half ihr für den Augenblick.
    »Haben Sie Schlaftabletten da?«, fragte Hardo.
    »Nein. Ich habe noch nie in meinem Leben eine einzige Schlaftablette genommen«, sagte Katinka. »Und Sie können nach Hause gehen. Ich komme klar. Kein Thema.«
    »Sie kommen natürlich klar«, sagte er ironisch und trat hinter sie. »Frauen wie Sie kommen immer klar.« Seine Hände massierten behutsam ihr Genick. Alle Härchen an ihrem Körper stellten sich auf. Die vibrierenden Schmerzen über ihren Augenbrauen verzogen sich und hinterließen ein feines Surren. »Aber ich mache mir Vorwürfe, die Drohung gegen Ihre Freundin nicht ernst genug genommen zu haben. Ich will nicht den Deckel über Ihnen zumachen.«
    Seine Worte klangen in Katinkas Ohren rau wie Wurzelbürsten. Ihr Atem rang sich hektisch und stoßweise aus ihrem Hals.
    »Glauben Sie, dass er … der Mörder … heute Nacht …« Ihre Stimme knarrte wie verzogenes Holz. Die Angst setzte sich auf ihre Stimmbänder. Allein die Vorstellung, noch eine bedrohliche Situation mehr durchmachen zu müssen, schockierte sie heftiger, als sie zuzugeben bereit war. Ihre Muskeln verkrampften sich. Die Tasse fiel um. Schnell stellte sie sie wieder hin.
    »Ich denke es eigentlich nicht«, beruhigte Hardo.
    »Aber dann brauchen Sie nicht …«
    »Widersprechen Sie nicht«, sagte er und ließ sie los. »Bieten Sie mir lieber einen Sessel in Ihrem Wohnzimmer an.«
    Katinka nickte, stand auf und sagte:
    »Sie können genauso gut das Sofa nehmen. Eine Decke liegt da. Und übrigens: Ich habe auch eine Waffe. Vergessen Sie das nicht.«
    Er grinste. »Sicherlich nicht.

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