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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Auto herumtrieb. Womöglich war er deshalb auf dem Staffelberg gewesen. Und womöglich verweigerte er bei der Polizei jegliche Aussage, weil er einen Verdacht hatte, der ihn aufwühlte, den er nicht wahrhaben wollte.
    Janas Behauptung, nichts über Danis Verbleib zu wissen, war Katinka ehrlich erschienen. Sie mochte sich getäuscht haben. Während sie auf Hardos leises Schnarchen lauschte, surrten die Gedanken durch ihren Kopf. Janas Einschätzung von Danis künstlerischen Fähigkeiten, ihrer Selbstdisziplin. Das eigenartige Fax ohne Kennung. Der Zettel hinter dem Gauguin-Druck, in der von einem Loch im Jahr die Rede war.
    Trauerten beide Frauen, Dani und Jana, in einer Art Rivalität um Livio? Die Schwester und die Verlobte? Dani hatte ihr im Hainbad geschildert, dass sie immer zur Quelle des Flusses schaute. Katinka hatte sich nichts darunter vorstellen können. Doch nun meinte sie, es richtig zu interpretieren. Dani wollte sehen, wo die Dinge herkamen. Das interessierte sie mehr, als die Frage, wo alles enden würde.
    Schlagartig kam Katinka das Telefonat mit Gabrièle Haussmann aus Straßburg in den Sinn. Dani hatte noch keine genauen Informationen zum Motto ihrer Ausstellung im Internet haben wollen. Konnte Gwendolyn überhaupt wissen, dass ihre Ideen in Danis Kopf weiterleben sollten?
    Katinkas Gedanken wurden von Sekunde zu Sekunde klarer. Sie sah das ganze Bild vor sich. Selbst Danis Reise nach Wien passte dazu, der Kontakt, den sie zu Ignaz Palfy gesucht hatte, und die Weigerung ihres Vaters, über Danis Ängste zu sprechen.
    Ganz leise richtete Katinka sich auf. Ein bisschen schwindelig fühlte sie sich, als sie aufstand, aber ansonsten ganz normal, beinahe ausgeruht. Nur der verbundene Arm in der Schlinge fühlte sich fremd an. Auf Zehenspitzen tappte sie ins Bad. Dort lag ein Plastikbeutel auf einem Hocker. ›Patienteneigentum‹ stand darauf. Das ist wie Weihnachten, dachte Katinka, als sie den Beutel mühsam mit nur einer Hand öffnete und ihre Sachen herausholte.
    Ihr T-Shirt war zerrissen. Auch der Pullover. Beide Kleidungsstücke waren durchtränkt von Blut. Katinka warf sie schnell auf den Boden. Jeans und Schuhe sahen feucht und verdreckt aus, waren aber einsatzfähig. Entschlossen wickelte Katinka das Krankenhausnachthemd fest um sich, um den Schlitz auf dem Rücken zusammenzuhalten, und zog ihre Jeans an. Schnürsenkel mit nur einer Hand zu befestigen, stellte eine besondere Herausforderung dar, sie musste die Finger des verbundenen Armes zu Hilfe nehmen. Sie fand ihre Schlüssel, den Geldbeutel. Jedes Stück ihres persönlichen Besitzes machte sie glücklich. Dankbar nahm sie ihre Armbanduhr heraus. Sie hielt sie sich dicht vor die Augen. Sie würde Zeit haben. Zeit, zu erledigen, was zu erledigen war und hierher zurückzukehren. Mit ein wenig Glück würde keiner etwas merken.
    Im Nachhinein sagte sie sich, dass sie mit voller Absicht an diese Täuschung hatte glauben wollen. Vor Euphorie und Seligkeit darüber, dass ihr Arm wieder heilen würde, dass sie den Fall gelöst hatte, dass sie Danis Tod aufklären konnte. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, unerkannt für ein paar Stunden verschwinden zu können. Sie wusste im Grunde um den Wahnwitz dieser Aktion, aber sie wollte ihre Zweifel gerade im Moment nicht wahrhaben. Tom meinte später, es habe an den Medikamenten gelegen, die man ihr gegeben hatte, und die ein paar wesentliche Bestandteile ihrer Vernunft außer Kraft gesetzt hatten. Sie schlich aus dem Bad. Hardo schlief. Seine Lederjacke lag neben ihm. Katinka flüsterte ein ›Entschuldigung‹, hängte sich die Jacke über die Schultern, legte die Hand auf die Klinke und huschte auf den Gang. Es war 0 Uhr 2, Donnerstag, der 17. Juni 2004.
     

18. Feuermal
    Der Schreck fuhr ihr so heftig in die Glieder, dass sie zurückprallte. Auf dem Flur saß Polizeimeisterin Kerschensteiner auf einem Stuhl, in Zivil, mit einem Buch in der Hand. Sie sah auf, als die Tür leise zufiel.
    »Frau Palfy!«, rief sie halblaut und ließ das Buch sinken.
    Katinka starrte sie an, bass erstaunt. Sie trug Jeans und darüber ein weißes Hemd. Der Gürtel mit Pistole, Handschellen und Pfefferspray wollte nicht recht dazu passen.
    »Frau Kerschensteiner«, sagte Katinka leise. »Was machen Sie denn hier!«
    »Freundschaftsdienst für den Chef«, sagte Sabine Kerschensteiner. »Und Bewachung für Sie.«
    »Aber … er sitzt im Zimmer und …«
    »Ich glaube, er hat einfach Bedenken, dass Ihnen etwas zustoßen

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