Kälteeinbruch (German Edition)
seine Mütze.
Der Alte grummelte vor sich hin. «Na schön, dann kommen Sie mal mit rein.»
Die drei gingen hintereinander den Pfad entlang. Oscar Lind steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Öffnete die Tür. Hängte Mantel und Mütze an die beiden einzigen Haken im Flur. Bat die Gäste, im Wohnzimmer Platz zu nehmen, während er die Lebensmittel in den Kühlschrank räumte.
Die Wohnzimmerwände waren vom Boden bis zur Decke mit Büchern bedeckt. Auf jeder Seite des Raums stand eine Couch aus braunem Leder. Anton und Torp ließen sich in die zwei Enden eines tiefen Dreiersofas sinken. Torp bemerkte, es rieche nach Bibliothek, woraufhin Anton konterte, das komme ihm außerordentlich merkwürdig vor, wo doch der ganze Raum voller Bücher sei. Er konnte keinen Weihnachtsschmuck entdecken. Nicht einmal eine rote Tischdecke. Dem alten Mann war die Lust an dem Festtag vermutlich schon vor vielen Jahren abhandengekommen.
«Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee oder Kakao?», fragte Oscar Lind durch die offene Küchentür.
«Ich würde einen Schluck Kaffee nehmen», antwortete Anton. «Torp hier auch.» Anton lehnte sich zu Torp hinüber und flüsterte: «Oder möchtest du lieber Kakao, damit du groß und stark wirst?»
Torp schloss die Augen. Sein Bedarf an Antons Sprüchen schien für heute bereits gedeckt zu sein.
Sie hörten den Alten in der Küche fuhrwerken. Tassen klapperten. Ein Wasserhahn wurde auf- und wieder zugedreht. Wenige Minuten später kam er mit kurzen Schritten ins Wohnzimmer. In der einen Hand hatte er eine Kaffeetasse, in der anderen einen kleinen Teller mit Ballerinakeksen. Er stellte den Teller auf den Tisch und schob ihn zu seinen beiden Gästen. Setzte die Tasse vor Anton ab und ging zurück in die Küche, wo er die Tassen für Torp und sich selbst holte. Ließ sich in einem Sessel auf der anderen Seite des Tisches nieder. Auf einem Tischchen neben dem Dreiersofa lagen eine CD -Hülle mit Ivar Simastuen auf dem Cover und eine Fernbedienung für einen CD -Player. Anton las die Rückseite. «Sieh mal an.
De nære ting
ist auch drauf. Phantastisch.» Er blickte den Rektor an.
«Ja, ein sehr schönes Lied», erwiderte dieser.
«Wussten Sie, dass Ivar Simastuen Polizist war?», fragte Anton. Der Alte schüttelte den Kopf. «Er hat viele Jahre für die Kripo gearbeitet, war auf Fingerabdrücke spezialisiert.» Anton betrachtete das Cover. «Ich glaube, als er in Ruhestand ging, war er sogar Polizeichef. Wie auch immer, ich mag Ivar.» Er nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. «Sie machten draußen einen etwas aufgebrachten Eindruck, wieso?»
Oscar Lind verzog das Gesicht. «Ja, das kann ich Ihnen sagen, ich kann es genauso gut jetzt erzählen, wo Sie schon mal hier sind, das nächste Mal rufe ich Sie nämlich an.»
«Wovon sprechen Sie?»
«Dieses Jehovagesindel rennt uns hier in der letzten Zeit die Türen ein. Belästigt anständige Leute mit all seinem Schwachsinn.» Er deutete auf den Teller. «Keks?»
Anton nahm sich zwei. Platzierte einen auf seinem Oberschenkel und begann, an dem anderen den Rand um die Nougatfüllung abzuknabbern. «Nils Jahr. Erinnern Sie sich an ihn?»
Der Alte wiederholte den Namen nachdenklich. Kaute auf seiner Backentasche. «Nein … Sollte ich?»
«Er war Schüler an der Seiersten-Schule, als Sie dort Rektor waren.»
«Hmm.» Mit zitternder Hand stellte er die Kaffeetasse auf den Tisch. «Während meiner Zeit an der Seiersten hatte ich Tausende von Schülern. Nils Jahr.» Er blinzelte. «Nein. Kommt mir nicht bekannt vor. Was hat er gemacht?» Oscar Lind faltete die Hände im Schoß.
Anton sagte nichts. Saß nur da und beobachtete ihn misstrauisch. Wie war es möglich, dass er sich nicht an einen Schüler erinnerte, der eine so steile und rasante Karriere hingelegt hatte wie Nils Jahr? Und noch dazu bei dem Namen.
Jahr war ein Name, an den man sich erinnerte.
«Dann hatten Sie also viele Schüler, die sich in der Finanzwelt einen Namen gemacht haben?»
Oscar Lind sah ihn verständnislos an. Er hatte absolut keine Ahnung, wovon dieser Polizist sprach.
«Okay», fuhr Anton fort. «Viggo Holm.»
Oscar Lind kratzte sich am Kinn. «Nein …» Starrte nachdenklich zwischen Anton und Torp ins Leere. Zeigte auf den Teller und sah Torp dabei an. «Greifen Sie zu.» Dann stand er auf und ging in die Küche. «Ich glaube, irgendwo habe ich auch noch Konfekt.»
«He», sagte Anton bestimmt, «jetzt reicht’s.»
Oscar Lind drehte
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