Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
Vom Netzwerk:
abgegangen bin:
ein Farbklecks in einem sonst so grauen Alltag.
»
    «Dass die Lehrer dich mochten, ist doch nur ein weiterer Beleg für meine Vermutung.»
    «Jetzt reicht’s aber.» Er hielt Torp die Schachtel mit Cremehütchen hin. «Willst du eins? Keine Nüsse drin.»
    «Du solltest wissen, dass Cremehütchen ebenfalls Spuren von Nüssen enthalten können. Wie so ziemlich alles, was aus Schokolade ist.» Torp sah Anton belehrend an. «Cremehütchen …» Er schüttelte den Kopf. «Das sind so richtige Rentnersüßigkeiten. Einmal habe ich meiner Großmutter welche mit ins Altenheim gebracht. Sie wollte sie nicht haben, weil so was nur die
ganz
Alten futtern. Du hast womöglich auch noch ein paar fusselige Kampferdrops in der Jackentasche?» Er gluckste.
    Anton ließ sich nicht zu einer Antwort herab. Kaute genüsslich weiter.
    «Kann ich dich was fragen? Was versprichst du dir eigentlich von diesem Besuch? Und was hoffst du rauszukriegen?»
    «Weshalb Viggo Holm im selben Jahr die Schule verlassen hat, in dem Nils dort seinen Abschluss gemacht hat.»
    «Glaubst du echt, er hat was mit ihm gemacht?»
    «Du nicht? Nicht unbedingt mit ihm. Ich denke einfach, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Ich weiß, dass du es nicht wahrhaben willst, aber Nils ist ein Vergewaltiger. Wenn er als Kind tatsächlich missbraucht wurde, würde das eine Menge erklären.» Anton deutete auf Torps Armaturenbrett. «Vor ein paar Minuten waren es noch minus dreizehn Grad», sagte er missmutig. «Jetzt sind es minus vierzehn.»
    «Schon gut», sagte Torp in aufmunterndem Tonfall. «Nur noch eine Stunde.» Er schraubte die Sitzlehne nach hinten und lehnte sich zurück. Verschränkte die Arme vor der Brust. «So kalt ist es hier außerdem gar nicht. Du übertreibst mal wieder.»
    «Du hast gut reden, mit dem vielen Pelz an deiner Jacke. Sieht aus, als könntest du damit bis zum Südpol marschieren.»
    Anton musterte Torps Jacke. Auf ihrer Vorderseite prangten vier große Taschen. Hinten hing eine riesige Kapuze mit einem buschigen Pelzrand.
    «Echter Präriewolf.» Torp drehte sich zur Seite und präsentierte stolz das Jackenlabel auf dem linken Arm. «Canada Goose. Viertausend Kronen. Das Schnäppchen des Jahres. Kostet normalerweise über sechs. Die hab ich mir von dem Geld gegönnt, das nach dem Autokauf noch übrig war. Im Handeln bin ich gut.» Er blickte Anton an, als erwartete er, dass dieser sich beeindruckt zeigte.
    «Viertausend?» Anton befühlte den Pelz an der Kapuze. «Wo hast du sie gekauft?»
    «Im Internet.»
    «Privat?»
    «Ja?»
    «Dachte ich mir», sagte Anton schnell. Er lehnte den Kopf an die Nackenstütze und nahm noch einen Schluck von seiner Cola, bevor er sich an die vierte und fünfte Marzipanstange machte. Er sah Torp aus den Augenwinkeln an und verzog den Mund zu einem Lächeln.
    «Was ist?»
    «Na ja … das da ist kein Wolf. Fühlt sich nicht mal an wie echter Pelz. Da hat dich einer reingelegt. Das ist ein Fake, aber nimm’s nicht so schwer: Man kann den Unterschied fast nicht erkennen.»
     
    Bibbernd hatte Anton die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen. Ihm kam es vor, als bildeten sich in seiner Colaflasche die ersten Eiskristalle. Kleine Eisblumen begannen, sich über die Windschutzscheibe auszubreiten. Das Thermometer am Armaturenbrett informierte sie darüber, dass die Temperatur in der vergangenen Stunde von vierzehn auf sechzehn Grad minus gesunken war. Ab und zu war ein Auto an ihnen vorbeigefahren. Anton hatte die zufriedenen Gesichter gesehen, die hinter den Scheiben im Warmen saßen. Eins der Autos, ein Kombi, war bis unters Dach mit verpackten Weihnachtsgeschenken beladen gewesen. Eiskalte und ätzend weiße Weihnachten standen vor der Tür. Einsame Weihnachten, abgesehen von Heiligabend bei Kval, wobei er langsam bereute, dass er zugesagt hatte.
    Der verdammte Wein.
    Wie er sich auf den Sommer freute. Vier Wochen Ferien, zwei davon würde er mit Alex verbringen, und dieses Jahr würde er für ausreichend Kapital sorgen, damit er mit seinem Jungen etwas Schönes unternehmen konnte. Nicht wie im letzten Jahr und im Jahr davor, wo er seine letzte Krone bei PokerStars und diversen anderen Pokeranbietern versenkt hatte.
    Anton hob den Deckel von der Schachtel mit den Cremehütchen. Nahm die drei letzten heraus, die auf dem Pappteller verstreut lagen, und legte sie sich auf die Zunge. Torp und er starrten gemeinsam durch die Windschutzscheibe. Nach ein paar Minuten und einem Schluck aus der halb

Weitere Kostenlose Bücher