Kälteeinbruch (German Edition)
Überzeugung gewesen, dass das längst nicht alles war, sondern dass er Verbindungen in verschiedene Städte im ganzen Land unterhielt und diese mit Haschisch versorgte. Anfang der neunziger Jahre wanderte er für zehn Jahre in den Knast. Seit 2000 war er wieder ein freier Mann, der die Jahre im Gefängnis dazu genutzt hatte, zu Jesus zu finden und eine Ausbildung zum Buchhalter zu machen. Als Askheim ihn zuletzt in der zentralen Polizeidatenbank INDICIA überprüft hatte, stand da zu lesen, dass er nach Skåne in Schweden ausgewandert sei und dort die frohe Botschaft verkünde, zu deren Verbreitung er sich berufen fühlte.
Nun war er jedoch offenkundig zurück in seiner alten Stadt und seinem alten Wirkungskreis. Der einzige Unterschied zu damals war, dass er seine Waren inzwischen aus Südamerika bezog und nicht mehr aus Marokko.
Der Fahrer sprang heraus und ging langsam auf den Eingang der Tankstelle zu. Als er an den Zapfsäulen vorbei war, stieg Nils Jahr aus seinem Wagen aus und ging um den Mercedes herum zu dessen Beifahrerseite.
Askheim hob die Kamera vom Boden und begann zu knipsen.
Nils Jahr schob etwas, was in Askheims Augen nichts anderes als ein Umschlag sein konnte, durch das offene Fenster. Im Austausch bekam er einen paketähnlichen Gegenstand zurück. Das elektrische Fenster zu schließen dauerte länger als der eigentliche Handel. Im Nu war alles vorbei. Der Verkäufer machte sich nicht einmal die Mühe, das Geld zu zählen, woraus Askheim schloss, dass die beiden schon früher Geschäfte miteinander gemacht hatten. Im selben Moment, in dem Nils in seinem Auto den Zündschlüssel umdrehte, kam der Fahrer des Mercedes wieder aus der Tankstelle. In der Hand trug er eine Zeitschrift und eine Flasche Limonade. Er sah robust aus, und das nicht nur aufgrund der dicken Jacke. Askheim nahm das Fernglas vor die Augen. Die Haare waren kurzgeschnitten und hell. Die Wangen von Steroiden aufgedunsen. Der Blick starr. Er schien zu der Sorte zu gehören, die es auf ein finsteres, furchterregendes Aussehen anlegten und damit Erfolg hatten.
Ein Gangster, und mit Sicherheit kein Wannabe, obwohl die meisten Typen, die so aussahen, nicht besonders furchterregend waren, wenn sie nichts in der Nase oder ihre Gang im Rücken hatten. Doch Askheim hatte nicht den Eindruck, dass Letzteres auf das Subjekt vor ihm zutraf, das dem Dealer allem Anschein nach die Muskeln ersetzte.
Askheim griff nach dem Funkgerät. «Null eins, Sierra vier sechs.»
«Null eins hört», meldete sich eine Polizistin in der Einsatzzentrale.
«Befinden sich in Alnabru Zivilfahrzeuge?» Er sprach schnell.
Askheim wurde gebeten, einen Moment zu warten. Dann sagte sie: «Kalbakken ist der Nächste.»
Shit, dachte Askheim. Selbst mit Blaulicht würde die Fahrtzeit bei diesen Straßenverhältnissen mindestens acht Minuten betragen. «Okay, der Wagen soll sich sofort bei mir melden und Richtung Ytre Ringvei fahren. Es eilt.»
«Verstanden.»
Askheim warf das Funkgerät auf den Beifahrersitz und fluchte. Er hätte für Verstärkung sorgen sollen. Er hätte niemanden einzuweihen brauchen. Es hätte ausgereicht, wenn er einen Kollegen gebeten hätte, sich in unmittelbarer Nähe zu halten.
Der BMW startete. Fuhr im Halbkreis um den Mercedes herum und rollte zwei Parkplätze von Askheim entfernt vor den Schneewall. Das auf lautlos gestellte Handy begann in seinem Schoß zu blinken.
«Askheim.»
Im Hintergrund heulten die Sirenen.
«Ali aus Stovner hier. Fahr jetzt blau in Richtung Ytre Ringvei. Bin in schätzungsweise sechs oder sieben Minuten da.»
«Bestens. Schalt die Sirene aus, das Blaulicht machst du aus, wenn du dich näherst. Okay?»
«Verstanden.» Das Heulen verstummte. «Mir wurde gesagt, dass es eilt. Worum geht’s?»
«Bin auf Beschattungsmission, habe aber plötzlich zwei Wagen, die ich im Auge behalten muss, vermutlich werden sie auch in unterschiedliche Richtungen fahren. Ich kann es mir aber nicht leisten, einen von ihnen zu verlieren.»
«Alles klar. Wonach soll ich Ausschau halten?»
«Nach einem dunkelblauen Mercedes ML . Zwei Personen an Bord. Momentan parkt er noch an der Shell-Tankstelle am Ytre Ringvei, aber es ist nicht anzunehmen, dass das so bleibt. Der andere Wagen steht ebenfalls hier, aber bestimmt nicht mehr lange, und der ist mein … Primärobjekt.»
Askheim brauchte den Kopf nicht zu wenden. Er wusste, was Nils Jahr gerade tat. Die Ware musste getestet werden. Hoffentlich bescherte ihnen das ein paar
Weitere Kostenlose Bücher