Kälteeinbruch (German Edition)
gehört, wie sie im Bad war. Wie sie die Klospülung gedrückt hat, okay?» Nils sah Anton mit hasserfüllten Augen an. «Glauben Sie, ich hätt nicht längst geblickt, dass Carina Olsen Ihnen das erzählt hat?»
Anton deutete auf das Telefon. «Sie können Ihren Psychologen anrufen. Ich bleibe so lange hier sitzen.»
Nils wählte die Nummer. Klemmte den Hörer zwischen Ohr und Kissen.
«Ich bin’s, Nils … J… Ob es mir gutgeht? … Ging schon besser. Ich hatte eine Art epileptischen Anfall bei einem Polizeiverhör. Jetzt lieg ich im Krankenhaus … Nein, oder, ich weiß nicht.» Er sah zu Anton hoch.
«Bin ich verhaftet?»
«Soll das ein Scherz sein?»
«Ja, bin ich wohl», sprach er weiter ins Telefon. «Kokain … Ich weiß nicht … Meinen Sie, Sie könnten … In der Notaufnahme in Fredrikstad … Danke.»
Er legte auf.
Die schwere Tür wurde mit so viel Schwung aufgerissen, dass ein paar Blätter vom Fensterbrett auf den Boden wirbelten. Kval streckte den Kopf herein. «Die Einsatzzentrale hat eben angerufen.» Er sprach schnell. «Ein Streifenwagen verfolgt das Auto, das am Solbergtårnet gestohlen gemeldet wurde.»
«Ja und?»
«Bernandas Mielkos!», rief Kval genervt in den Raum. «Torp und ich fahren jetzt. Bleibst du hier?»
«Ja.»
Die Tür ging von allein wieder zu. Anton konnte hören, wie sich die Schritte der beiden auf dem Korridor entfernten.
«Was für einen Wagen fahren Sie?»
« BMW .»
«Farbe?»
«Weiß.»
«Wo ist er jetzt?»
«Entweder steht das, was von ihm noch übrig ist, auf vier Zementklötze aufgebockt in Aker Brygge, oder er wurde abgeschleppt.»
«Wer außer Ihnen hat sonst noch einen Schlüssel?»
«Niemand!», rief Nils Jahr aus. «Die Versicherung läuft nur auf mich, darum bin ich auch der Einzige, der am Steuer sitzt. Und eventuell noch der Dödel, der meinen Wagen bei euch auf den Abschlepphof gestellt hat. Wieso eigentlich? Wurde er auf wundersame Weise bei Viggo Holm gesichtet, als der ermordet wurde?»
Nils drehte den Kopf weg und schloss die Augen. Anton blieb sitzen. Er stellte keine weiteren Fragen mehr.
Zwanzig Minuten später ging die Tür auf. Ein großer, kräftiger Mann mit kurzen, grauen Haaren kam hereinspaziert. Seine Züge waren maskulin. Er war glattrasiert. Markante Wangenknochen. Buschige Augenbrauen. Als hätte er Anton überhaupt nicht bemerkt, ging er direkt auf Nils zu. Beugte sich über das Bett und umarmte ihn.
«Wie geht es Ihnen?»
Erschöpft hob Nils die Augenbrauen. «Ich lebe noch.»
Der Psychologe warf einen Blick in Antons Richtung. Richtete sich auf. Umrundete das Bett. «Hallo», sagte er. «Wer sind Sie?» Er streckte ihm die Hand hin.
Anton konnte an seinem Blick erkennen, dass Karl Skarvik wusste, wer er war. Er stand auf. Nahm die Hand des anderen und schüttelte sie. «Anton Brekke, Kriminalpolizei Oslo.»
«Guten Tag. Karl Skarvik. Ich bin Nils’ Psychologe.»
Anton musterte sein Gesicht. Die Haut machte einen ledrigen Eindruck. Seine Augen waren dunkelgrün, mit einem auffälligen Stich ins Schwarze. Wie Kohlestaub in einem Diamanten. Der Mann im Bett hatte die gleichen grünen murmelartigen Augen, doch an ihm wirkten sie nur bösartig. Kalt und falsch. Wie bei einer Schlange. Anton machte einen Schritt zur Seite und bot Skarvik seinen Stuhl an. Bezog neben der Tür Aufstellung und musterte die beiden. Sie wirkten eher wie zwei alte Freunde als wie Psychologe und Patient. Der Psychologe drehte den Kopf langsam zu Anton um, als spürte er, dass dieser sie beobachtete. Ihre Blicke trafen sich. Skarvik wirkte besorgt. Wie im Takt zu einer Melodie, die er im Kopf vor sich hin summte, begann sein rechter Fuß auf und ab zu wippen.
«Wie lange ist Nils schon bei Ihnen in Behandlung?»
Karl Skarvik sah Nils an, als wollte er sich dessen Einverständnis einholen, bevor er auf die Frage antwortete. Nils nickte gleichgültig.
«Seit März.»
Anton kniff die Augen zusammen. Irgendetwas kam ihm an dem Mann bekannt vor. Nicht an
ihm
, sondern an dem Namen. Er lehnte den Kopf gegen die Wand. Schloss die Augen und lauschte den beiden, während er sich zu erinnern suchte, woher er den Namen kannte.
Kapitel 55
Das Blaulicht auf dem Passat erhellte die St.-Croix-Kreuzung. Seit sie das Krankenhaus verlassen hatten, waren ihnen nur wenige Fahrzeuge begegnet. Fredrikstad schlief noch.
Im Kreisverkehr bei der Feuerwache bog Torp nach rechts ab. Tauchte unter der Eisenbahnbrücke hindurch und fuhr weiter Richtung
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