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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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aus wie die Autos vom Elektrizitätswerk, wenn die am Trafo arbeiten. So eine Art Lieferwagen.»
    Kval schrieb schnell.
    «Wohnt sein Vater auch hier?», wollte Torp plötzlich wissen.
    «Ja, aber er arbeitet in der Ölindustrie.»
    «Offshore?»
    «Ja.»
    Torp machte sich Notizen. Die Aussage war eigentlich ohne Belang, aber er wollte Kval beweisen, dass er aus gutem Grund an diesem Fall beteiligt war.
    Es klickte. Torp sah auf das Schachbrett.
    «Schach», sagte der Junge mit ernster Miene. Das hier war kein Spiel.
    «Donnerwetter», sagte Torp und warf der Mutter einen anerkennenden Blick zu. «Er ist ja wirklich gut.»
    Sie lächelte stolz. «Sag ich doch.»
    Torp studierte das Brett. Er hatte zwei Möglichkeiten: Er konnte den Läufer, mit dem der Junge seinen König bedrohte, entweder mit dem Turm oder mit dem Springer schlagen. Er ahnte schon, was der Junge beim nächsten Zug vorhatte, griff nach dem Kopf des Springers und hielt die Spielfigur ein paar Sekunden lang ruhig in der Hand. Stellte sie wieder hin und schob den Turm zwei Felder nach rechts. Den Läufer wollte er beim nächsten Zug schlagen. Seine Hand lag noch nicht wieder auf dem Oberschenkel, da hatte der Junge seinen Springer bereits mit dem Läufer, den Torp ins Visier genommen hatte, vom Spielbrett gefegt.
    «Ich wette eine Tüte Hefewecken, dass er dich besiegt», bemerkte Kval trocken.
    Torp antwortete nicht. Er war jetzt ebenso konzentriert wie der Junge. Der Knirps hatte keineswegs den Zug gemacht, auf den er spekuliert hatte. Er zog mit seiner Dame ein Feld nach links.
    «He, du?», fragte Torp und sah das kleine Schachgenie vor sich an. «Hast du in letzter Zeit irgendwas Merkwürdiges beobachtet?»
    «Er hört nichts», sagte seine Mutter. «Wenn er so konzentriert ist wie jetzt, dringen Sie nicht zu ihm vor.»
    «Zwei Tüten Hefewecken, Torp, mit Schokostückchen», sagte Kval leise. «Ich glaube, du hast schon verloren, du weißt es nur noch nicht.»
    Torp sah Kval an, sagte jedoch nichts. Was war das denn? Eine moppelige Kopie von Anton, die sofort einen dummen Spruch klopfte, sobald sich die Gelegenheit dazu bot? Depp.
    «Wissen Sie», sagte die Mutter plötzlich, «er hat was von einem
Karoauto
erzählt», mit den Fingern malte sie Anführungszeichen in die Luft, «das war am Montagnachmittag, als wir nach Hause kamen, nachdem ich ihn von der Nachmittagsbetreuung abgeholt hatte. Das fällt mir jetzt erst ein. Das Auto fuhr an uns vorbei, an mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich war gestresst.» Sie blickte nachdenklich in den Raum. «Gestern hat er eine Weile mit seinem Vater telefoniert und hat wegen diesem Auto einen fürchterlichen Aufstand gemacht. Weil es angeblich die falsche Farbe hatte.»
    «Karoauto?» Kval sah Torp fragend an, der nur mit den Schultern zuckte. Kval wandte sich wieder an die Mutter. «Wissen Sie, was er damit meinen könnte?»
    «Nein, keine Ahnung. Er wirkte wie besessen. Gestern hat er wieder davon angefangen. Weil er es am Montag mehrmals von seinem Fenster aus gesehen hat.» Sie sah ihren Jungen an. «Auch vor dem Schlafengehen.» Sie streichelte seine Schulter. «Und am Montag war’s ganz schön spät, stimmt’s?» Sie bekam keine Antwort. «Er war erst um neun im Bett.»
    Sie spielten noch drei Züge, und Torp landete wieder im Schach. Doch vier Züge später setzte er ein zufriedenes Lächeln auf und sagte: «Schach … matt.»
    «Du hättest ihn ruhig gewinnen lassen können, Torp. Also wirklich.» Kval schüttelte verständnislos den Kopf und lächelte die Mutter betreten an, dann fügte er hinzu: «Tut mir leid. Anfänger. Weiß es nicht besser.»
    «Ich habe es tatsächlich in Erwägung gezogen», verteidigte sich Torp, «aber dann habe ich überlegt, was ich mir anhören müsste, wenn ich gegen einen Sechsjährigen verlieren würde.»
    «Tja», beendete Kval das Thema. «Aber ein Karoauto?»
    Die Mutter sah ihren Sohn an. Streichelte sein enttäuschtes Gesicht. Er zuckte zusammen. «Der kann was, oder?»
    Er nickte niedergeschlagen. Sie drehte sich so, dass sie ihm direkt gegenübersaß. «Erinnerst du dich an das Karoauto?»
    «Ja», antwortete er, «das stand da drüben.» Er zeigte aus dem Fenster zur Tagesstätte.
    «Hm. Hatte das Auto vielleicht irgendwo ein kariertes Muster, so wie das hier?» Torp zeigte auf das Schachbrett.
    «Es war ein Karoauto!», sagte der Kleine energisch, als ärgerte es ihn, dass die anderen nicht verstanden, was er meinte. «Spielen wir noch mal?»
     
    Ole

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