Kälteeinbruch (German Edition)
Ich glaub auch nicht, dass der Mörder mit einem Taxi gekommen ist.» Anton sah auf die Uhr. Fünf nach zwölf. «Wenn du mit der Taxizentrale gesprochen hast, kannst du mal schauen, ob du aus diesen Nummern schlau wirst, die wir bei Viggo Holm gefunden haben. Ich gehe nicht davon aus, dass wir so schnell die Besitzer ausfindig machen können, aber doch zumindest das Land, aus dem sie stammen.» Anton stand auf.
«Wo willst du hin?»
«Ich dachte, Torp und ich könnten runter zur Kruseløkka Mittelschule fahren und uns mit Viggo Holms Chefin unterhalten. Willst du mitkommen?»
«Nein, nein, ich bleib hier und erledige die Sachen, die wir eben besprochen haben.»
Kapitel 21
Auf der rechten Seite des langen Korridors befand sich eine Reihe von Büroräumen.
Ein junger Lehrer, den Anton und Torp auf dem Schulhof getroffen hatten, führte die beiden Ermittler an den Büros zweier Fachleiter vorbei und erzählte ihnen, welche Fächer er selbst unterrichte – Mathe und Naturkunde –, und dass die Schule fünfhundert Schüler habe. Anton nickte, als wäre er an den Informationen, die der junge Mann ihnen unaufgefordert zukommen ließ, aufrichtig interessiert. Wie jeder frischgebackene Polizist erkundigte sich Torp ausgiebig nach dem allgemein herrschenden Schulklima. Auf die Frage, ob es an der Schule eine Drogenszene gebe, konnte der Lehrer zwar bestätigen, dass es in der Tat einige Vorfälle gegeben habe und Schüler beim Haschischrauchen erwischt worden seien, dass man jedoch keinesfalls von einer echten Drogenszene sprechen könne.
Der Lehrer blieb am Ende des Ganges vor dem vorletzten Büro stehen.
«Hier ist es», er öffnete die Tür zu einem kleinen Raum mit drei Stühlen und einer Tür, die offensichtlich in das Büro des Schuloberhaupts – der Rektorin – führte. «Die Rektorin spricht gerade noch mit einem der Fachleiter, ich sage ihr Bescheid, dass Sie da sind.»
«Wir hatten uns für halb eins angekündigt», erwiderte Anton und sah auf die Uhr: zwanzig nach zwölf. «Wir können warten.»
Mit einem freundlichen Lächeln schloss der Lehrer die Tür und verschwand. Die beiden ließen sich auf zwei Stühle sinken. Antons letzter Besuch im Büro eines Rektors lag fast dreißig Jahre zurück. Damals hatte ihn ein Lehrer beim Schlafittchen gepackt, nachdem er auf dem Pausenhof um Geld geknobelt hatte. Der Rektor hatte ihm eins auf die Finger gegeben, indem er ihm einen Eintrag ins Klassenbuch erteilte. Das spielte allerdings keine Rolle: Dass er in diesem Jahr ein «Mangelhaft» in Betragen bekommen würde, hatte ohnehin schon festgestanden.
Die Tür ging auf. Ein Schüler, den Anton als Zehntklässler eingestuft hätte, wurde von einem Lehrer am Oberarm hereingezerrt. Nicht von dem Lehrer, der sie hierherbegleitet hatte, sondern von einem, der aussah, als hätte er schon letztes Jahr in den Ruhestand geschickt werden sollen. Oder vorletztes.
«Du setzt dich hierhin», knurrte der Lehrer und zeigte auf den letzten freien Stuhl.
«Lassen Sie mich los, verdammt noch mal», sagte der Schüler und befreite sich aus dem Griff des Lehrers. «Sie dürfen mich ja gar nicht berühren. Oder sind Sie ’n Pädo?»
Die Tür fiel laut zu. Anton musterte den Schüler einen kurzen Moment. Die Hose hing ihm halb auf den Oberschenkeln. Über dem Bund lugte zur Hälfte eine rosafarbene Boxershorts heraus, auf der mit großen Buchstaben
D&G
stand. Über seinen schmächtigen Schultern hing eine schwarze Windjacke mit Kapuze. Der Reißverschluss war halb hochgezogen. Auf dem Sweatshirt darunter prangte eine riesige Faust mit ausgestrecktem Mittelfinger.
Rowdy.
Der Schüler plumpste auf den Stuhl, als hätte man ihn gestoßen. Er beugte sich vor und sah Torp ins Gesicht. Musterte den Polizeiausweis um dessen Hals. Dann starrte er ihm wieder ins Gesicht.
«Sind Sie nich ’n bisschen jung für ’nen Bullen?»
Anton grinste hinter dem Rücken des Schülers.
«Hä?», bohrte der weiter.
Torp biss die Zähne zusammen. Anton konnte ihm ansehen, dass er den Jungen am liebsten zu Boden geschickt hätte.
Der Schüler wartete erst gar keine Antwort ab, sondern wandte sich an Anton. «Sind Sie vom Jugendamt?»
«Nix da», antwortete Anton.
«Auch ’n Bulle, was?», sagte er und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. «Das sieht man. Immerhin ein paar Jährchen älter als ich.»
Anton lachte. «Hab mich aber trotzdem gut gehalten, oder?»
«Ja, George Clooney is ’n Rentner dagegen. Warum sind Sie hier?»
«Wir
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