Kälteeinbruch (German Edition)
eine Art Tagesstätte», antwortete Torp, «für geistig Behinderte.»
Anton steckte den Kopf zwischen den beiden Vordersitzen durch. «Und, bis wann musst du zurück sein?»
«Sehr lustig, Anton», erwiderte der junge Polizist sarkastisch. «Warum hängst du deinen Job bei der Polizei nicht an den Nagel und versuchst dein Glück als Komiker?» Sein Tonfall war etwas forscher als sonst.
Anton nickte. «Danke. Daran hab ich auch schon gedacht, aber mein Talent ist eher ein Fluch – ich kann mir nicht mal ein Brot schmieren, ohne dass eine Lachnummer daraus wird.» Er schaute zu Kval, der aus dem Seitenfenster blickte. Sein Körper bebte. Der Mann war zu gut erzogen, um laut zu lachen.
«Ich bin ganz einfach ein Universalgenie, Magnus Torp», sagte er und lachte.
Torp stieg wortlos aus. Die Tür schlug zu.
«Dein Milchbubi ist ein Sensibelchen geworden», bemerkte Kval und zog am Griff der Beifahrertür.
«Geworden? Der war schon ein Sensibelchen, als er aus dem Sack seines Vaters geschossen wurde. Muss genetisch bedingt sein.»
Kval lachte laut und gesellte sich dann zu Torp. Vor dem Aussteigen überprüfte Anton erneut sein Handy. Er fluchte. Nichts Neues.
Torp und Kval sahen zwischen den Bäumen hindurch zu Holms Haus. Das rot-weiße Absperrband zwischen der Trafostation unterhalb der Bäume und der Hausecke der Tagesstätte hing schlaff herunter. Ein uniformierter Polizist stapfte durch den Garten und verschwand im Kellereingang. Schloss hinter sich die Tür.
Unmittelbar neben der Tagesstätte lag der eingezäunte Containerlagerplatz. Eine gelbe Jolle, die irgendjemand dort abgeladen hatte, ragte gerade noch aus dem Schnee. Auf der anderen Seite des Platzes befand sich ein Einfamilienhaus. Dahinter kam eine Werkstatt für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge, bevor die Straße zu einem Wohngebiet führte.
Anton ging über den Parkplatz auf das Einfamilienhaus zu. Hinter sich konnte er schnelle, leichte Schritte hören. Torp tauchte an seiner Seite auf. Anton drehte sich um und wartete auf Kval, der in langsamerem Tempo hinter ihnen herkam.
«Torp und ich machen einen Abstecher in das Wohngebiet hinter der Traktorwerkstatt, du kannst derweil dort drüben anfangen.» Anton zeigte auf das Einfamilienhaus in ihrer Nähe. Kval nickte zur Bestätigung. Die UEFA -Version von
Zadok The Priest
erklang in Antons Innentasche. Er holte das Handy heraus und sah auf das Display: eine interne Nummer des Inlandsgeheimdienstes in Nydalen.
«Hallo», sagte Anton. «Einen Moment bitte.» Er drückte das Handy an die Brust und bat Torp, doch eher Kval zu begleiten. Torp schien protestieren zu wollen, aber Anton tat, als bemerkte er es nicht. Er ging schneller. Drehte den Kopf und vergewisserte sich, dass sowohl Torp als auch Kval weit genug entfernt waren, um nichts zu hören. «So, da bin ich.»
«Worum geht’s diesmal?»
«Kannst du frei sprechen?»
Ein fragendes Schweigen war die Antwort. «Ja …?»
«Gut. Du erinnerst dich an den Kerl von neulich? Diesen Herlov –»
«Langgaard, ja», unterbrach ihn der andere, «mit dem Elisabeth zusammengezogen ist.»
«Ja. H–»
«Den hab ich schon überprüft, Anton. Mehr kann ich nicht tun.»
«Weiß ich. Aber mir ist noch dein Kumpel eingefallen, der für die NSB arbeitet …»
Der andere unterbrach ihn barsch: «Du willst mich verarschen, oder?»
«Niemals.»
«Du willst, dass ich mich bei einem Bekannten von der
Nationalen Sicherheitsbehörde
erkundige, was sie über Herlov Langgaard wissen? Ich fass es nicht, dass du mich um so was bittest.»
Anton wusste durchaus, wie absurd das Ganze war. «Ja. Du weißt nämlich genauso gut wie ich, dass ganz schön viel dazugehört, es so weit zu bringen wie dieser Herlov Langgaard, ohne dabei die Ellbogen auszufahren.»
«Logo. Aber genau deshalb solltest du dir das Ganze gut überlegen.»
«Wieso?»
Der Geheimdienst-Ermittler seufzte. «Vergiss nicht, dass Herlov Langgaard ein Selfmademan ist, der sich selbst zum Millionär hochgearbeitet hat. Er hat weder geerbt noch die Firma seiner Eltern übernommen, sondern sein Geld selbst verdient. Jede einzelne Krone. Und wenn hier auf Erden etwas gilt, Anton, dann die einfache Regel, dass man sich hüten sollte, Leuten das Leben schwer zu machen, die mehr Geld haben als man selbst. Wenn er in den Reichtum hineingeboren wäre und das Geld von seinen Eltern stammte, dann sähe die Sache natürlich anders aus. Dann bräuchte man ihn vermutlich nicht weiter zu fürchten. Aber ein
Weitere Kostenlose Bücher