Kälteeinbruch (German Edition)
…»
Hallo.
«Ja?», sagte Darius unsicher, bevor er plötzlich eifrig klang: «Hier ist ein Schalter!»
«Wo?»
«Ein Stück neben der Öffnung an der Wand.»
«Hast du draufgedrückt?»
«Nein, soll ich?»
«Ja.»
Es flimmerte. Innerhalb der knapp zwei Sekunden, die es dauerte, bis die beiden Neonröhren stabil leuchteten, hatte Bernandas bereits einen ersten Eindruck des gesamten Raums bekommen. Von außen hatte er größer gewirkt. Die Isolierung beanspruchte viel Platz. Die Wände waren mit der eierkartonähnlichen Pappe bedeckt. Auf dem Fußboden lag Spielzeug verstreut. Autos, Legosteine, ein paar Legoautos und -häuser. Mitten im Raum lag ein Spielteppich mit aufgedruckten Sträßchen und Gebäuden, einem Krankenhaus und einer Polizeiwache. Ein Kran, der eigentlich zu groß war, als dass man mit ihm auf dem Teppich spielen konnte, war über eine Kreuzung gekippt. Ein Meter zu seiner Rechten saß lächelnd Pu der Bär in seinem obligatorischen roten T-Shirt und hielt einen blauen Honigtopf in der Hand. Er war so groß wie Leonas. Zu Bernandas’ Füßen lagen kleine Unterhöschen mit verschiedenen Aufdrucken. Bernandas kannte nur die Worte «Batman» und «Spiderman». An der Wand gegenüber befand sich ein Bett. In der Ecke daneben stand ein Kamerastativ.
Kapitel 24
Als Anton und Torp eintrafen, saßen Sofie Prytz, die Chefin der Spurensicherung, und Polizeikommissar Ole Kval bereits an der Längsseite des Tischs im Besprechungsraum. Ihnen gegenüber saß ein junger Mann, der auf den ersten Blick in Torps Alter zu sein schien, aber das Grünzeug auf seinen Schulterklappen verriet, dass er Staatsanwalt und folglich doch nicht mehr so jung war. Anton schüttelte ihm die Hand, setzte sich ans Kopfende und warf einen kurzen Blick auf die Omega an seinem Handgelenk. Viertel vor sechs. Torp nahm links neben ihm Platz.
«Wie spät ist es, Brekke?», fragte Prytz streng und ohne den Blick von den Unterlagen auf dem Tisch zu heben.
«Viertel vor sechs.»
«Genau. Wir wollten uns aber um halb treffen. Was bedeutet, dass Sie fünfzehn Minuten zu spät gekommen sind. Mein Team ist heute Vormittag nach Oslo gefahren, und ich werde dort erwartet, sobald ich Sie gebrieft habe.»
«Wir wollten um Viertel vor anfangen», erwiderte Anton, zog die Jacke aus und legte sie vor sich auf den Tisch.
Im Laufe ihrer langjährigen Zusammenarbeit hatte Anton Prytz exakt viermal lächeln sehen. Ihre Mundwinkel hingen immerzu nach unten, und wie Anton vermutete, war dies schon seit frühester Kindheit der Fall. Zwei tiefe Furchen zogen sich von den Mundwinkeln zum Kinn.
Prytz schüttelte protestierend den Kopf. «Das werden wir jetzt nicht ausdiskutieren. Lassen Sie uns lieber anfangen.» Sie sah Anton griesgrämig an. «Okay?»
«Ich nehme an, dass Sie mehr zu berichten haben als ich, schießen Sie los.» Anton goss sich aus der Karaffe ein Glas Wasser ein. «Habe ich hier vorhin nicht ein paar Limoflaschen auf dem Tisch gesehen? Sind die schon leer?» Anton sah den Staatsanwalt an, der ahnungslos mit den Schultern zuckte.
Prytz ordnete die Blätter vor sich und blickte in die Runde. «Ich möchte vorerst gar nicht viele Worte über den Ermordeten Viggo Holm verlieren, außer dass wir im Laufe des Abends mit einem vorläufigen Obduktionsbericht rechnen können. Die Todesursache ist ja ziemlich offensichtlich – so gesehen glaube ich kaum, dass uns der Bericht sehr viel Neues verraten wird. Bei so viel Blut ist der Tatort logischerweise ganz schön besudelt.» Sie warf wieder einen Blick auf ihre Unterlagen. «Nichts deutet auf einen Kampf hin. Die Kellertür wurde eindeutig kürzlich mit einem Dietrich geöffnet. Viggo Holm trug einen Kopfhörer, als er gefunden wurde, er hat seinen Mörder also wohl kaum gehört. In dem Wäldchen unterhalb des Grundstücks haben wir an mehreren Stellen kleinere Mengen von Erbrochenem gefunden. Außerdem einen halben Schuhabdruck unten im Keller, der von kräftigen Stiefeln herrühren könnte. Ich musste gleich an diese … diese», sie sah Anton an, als erhoffte sie sich von ihm Hilfe, «… die man beim Militär bekommt.»
«Sicherheitsstiefel?», fragte Torp.
«Ja. Danke, Kollege.» Kein Lächeln. «Sicherheitsstief–»
«Marschstiefel», korrigierte Anton. «Sicherheitsstiefel sind etwas komplett anderes.»
«Also dann Marschstiefel … Zwei Schuhabdrücke draußen im Flur bei der Tür und dann noch ein halber, blutiger Abdruck direkt neben der Leiche. Die Abdrücke scheinen
Weitere Kostenlose Bücher