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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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warmen Dampf stieg der Duft gebratener Chickenwings auf.
    «Nein», erwiderte Kval und sah wieder auf den Bildschirm. «Die Unterlagen, die du angefordert hast.»
    «Alle Achtung, so schnell.» Er begann zu essen. Fettige Marinade lief ihm zwischen Mittel- und Zeigefinger herunter. «Torp. Papier.»
    Torp verschwand mit seinem mit Käse und Schinken belegten Vollkornbaguette in der Hand.
    «Außerdem ist der vorläufige Obduktionsbericht von Viggo Holm gekommen. Steht nichts Interessantes drin.»
    «Aha. Überhaupt nichts?»
    «Nur dass es sich bei der Mordwaffe vermutlich um ein kleineres Messer mit zweischneidiger Klinge handelt.»
    «Und was steht in den Unterlagen, die ich angefordert habe?»
    Polizeikommissar Kval schilderte den Fall, ohne vom Blatt ablesen zu müssen. Nils Jahr war vor sechs Jahren im
Cosmo
in Oslo festgenommen worden, nachdem er einen anderen Gast zusammengeschlagen hatte. Der Gast hatte zwar keine Anzeige erstatten wollen, aber zwei Polizisten in Zivil, die sich in einer anderen Angelegenheit in der Diskothek aufhielten, waren Zeuge des Vorfalls und zeigten Jahr wegen Störung der öffentlichen Ordnung an. Als dieselben beiden Polizisten auf dem Revier seine Taschen durchsuchten, fanden sie einen wiederverschließbaren Beutel mit zwei Gramm Kokain. Die Strafe belief sich auf ein Bußgeld von achttausend Kronen, einundzwanzig Tage Gefängnis auf Bewährung sowie eine zweijährige Bewährungsfrist.
    «Mieses Kerlchen», bemerkte Anton zwischen zwei Chicken Wings und berichtete Kval von dem Vorfall an der Kruseløkka-Schule, der ihn bewogen hatte, die Unterlagen anzufordern. «Schon mal von ihm gehört? Kommt der von hier?»
    «Er ist ursprünglich aus Fredrikstad», antwortete Kval. «Aber ich glaube, dass er die meiste Zeit in Oslo lebt. Hat massenhaft Kohle.»
    «Ja, sein Neffe meinte, er sei reich – verdammt reich. Falls da ein Unterschied besteht.»
    Torp kam mit einer halben Rolle Toilettenpapier zurück. Anton sah ihn verdattert an und fragte, ob er noch ganz bei Trost sei, dann fügte er hinzu, dass er gleich dort Platz genommen hätte, wenn er auf dem Klo hätte essen wollen. Torp verschwand erneut.
    «Das hier ist neu für mich», meinte Kval. «Der Fall hier. Ich glaube nicht, dass ich darüber schon mal was gelesen habe.» Er stibitzte sich einen Chickenwing aus der Tüte. Anton sagte nichts, hätte er jedoch gewusst, dass er sie teilen müsste, hätte er anderthalb Kilo gekauft – nicht nur eins. Demonstrativ zog er die Tüte näher zu sich heran und legte seinen linken Unterarm schützend darum.
    «Eigentlich ist an dem Mann nichts auszusetzen», fuhr Kval fort und leckte sich die Finger ab. «Hat sich von ganz unten hochgearbeitet. Den Eindruck hatte ich jedenfalls bisher von ihm, aber ich kenn ihn ja auch nur aus den Medien. Kann trotzdem nicht schaden, mal nachzuhaken, weshalb er Holm so wenig leiden konnte.»
    «Hmm», machte Anton und hielt mit dem Kauen inne. «Nils … Jahr … jetzt dämmert’s mir langsam. Finanzhai mit Luxuswohnung in … Der Schüler meinte, er wohnt in Aker Brygge. Dann weiß ich, wer das ist.» Wie zur Bestätigung nickte Anton dazu. «War mit vierundzwanzig Millionär. Hab vor ein paar Jahren einen Artikel über ihn in
Wir Männer
gelesen.» Er kaute zu Ende und schluckte. «Kommen wir an den ran?»
    «Hab hier ’ne Telefonnummer.»
    Torp kam zurück. Diesmal ließ er einen ganzen Stapel Servietten auf den Schreibtisch fallen. «Ich hoffe, das Papier ist Ihnen genehm und nicht zu rau, Herr Brekke?» Sein Tonfall war spöttisch.
    Anton drehte sich zu ihm um und lächelte schief. Befühlte vorsichtig eine Serviette. «Perfekt.» Er wischte sich die Hände und den Mund damit ab, bevor er sich über die restlichen Chickenwings hermachte. Torp aß weiter an seinem Baguette, von dem er bislang erst die Hälfte geschafft hatte.
    «Versuch’s mal bei Jahr», schmatzte Anton.
    Kval nahm den Telefonhörer ab und wählte die Nummer. Schaltete den Lautsprecher ein und legte den Hörer wieder auf die Gabel. Nach vier Klingeltönen wurde der Anruf an Jahrs persönliche Mailbox weitergeleitet: «You’ve reached Nils Jahr. I’m busy. Please leave a message.» Auf die Ansage folgte ein lauter Piepton. Kval unterbrach die Verbindung.
    «Er hat seine Ansage auf Englisch gemacht …», bemerkte Torp, der an der geschlossenen Bürotür lehnte und futterte. «Was für ein Schnösel.»
    «Wie ich Mailboxen hasse», sagte Anton und wischte sich erneut die Hände ab.

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