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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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weil bisher alles schiefgegangen war.
     
    Als die mickrigen, im Bildschirm integrierten Lautsprecher dreimal piepten, hatte das Signal, das das Piepen auslöste, seinen Empfänger längst erreicht.
    Innerhalb von wenigen Sekunden hatte das Signal das Handy in Litauen verlassen und das dortige Telefonnetz durchquert. Bis es – über ein unterseeisches Glasfaserkabel und festgelegte Netzwerkadressen – bei der Auslandszentrale in Schweden einging. Die schwedische Zentrale vermittelte den Anruf lediglich an eine der beiden Auslandszentralen von Telenor in Oslo weiter, woraufhin das Home Location Register in Litauen verkündete, dass sich die angerufene Handynummer in Norwegen befand. Von dort wurde das Signal an das Mobilfunk-Gateway gesendet und augenblicklich an das Kontrollsystem der Mobilstation weitergeleitet, das wiederum herausfand, welcher Mobilmast der Nummer am nächsten war.
    Drei Stockwerke unter der Erde, am hintersten Ende des Korridors im J-Block des ehemaligen Flughafens von Fornebu, saß Hugo Babsvik. Der Betriebsingenieur hatte in den vergangenen beiden Jahren über die höchste Sicherheitsfreigabe in der Operationszentrale von Telenor verfügt. Von hier konnte Hugo Babsvik alles sehen, hören und machen. Dabei kamen die interessantesten Geräte nur selten zum Einsatz. Normalerweise bestand sein Arbeitsalltag darin, dafür Sorge zu tragen, dass das Mobilfunknetz von Telenor optimal funktionierte. Tagein, tagaus behob er Fehler und sandte Monteure aus, wenn draußen im Feld Probleme mit der Technik auftraten. Störungen gab es täglich, der gewöhnliche Kunde bekam davon jedoch nur selten etwas mit.
    Für die interessantesten Aufträge benötigte er eine richterliche Verfügung, bevor er zur Tat schreiten durfte. Das heißt,
rein rechtlich
musste eine richterliche Verfügung vorliegen, damit jemand aus der Operationszentrale von Telenor in das System gehen, dort Kurznachrichten lesen und beispielsweise stille Anrufe tätigen durfte. Und genau hierin bestand der Spaß. Im Schnüffeln. Stiller Anruf hieß, dass eine bestimmte Telefonnummer angerufen wurde, jedoch ohne – und erst hier wurde es interessant – dass der Betreffende davon etwas mitbekam. Ein Code, der dem Telefon sagte, dass es nicht klingeln sollte, wurde an die Telefonnummer geschickt. Auch das Display leuchtete in diesem Fall nicht auf. Das Telefon sah einfach völlig normal aus, und sein Besitzer konnte an nichts erkennen, dass ein Anruf einging. Der Code bewirkte, dass der Anruf beantwortet und das Mikrophon des angerufenen Handys aktiviert wurde. Auf diese Weise konnte die Polizei Kriminelle abhören, ohne dass sie dafür an verborgenen Stellen in Autos oder Wohnungen Mikrophone anbringen musste.
    So sahen seine bevorzugten Aufträge aus. Sie bereiteten ihm das größte Vergnügen. Eine Art Rausch. Seiner Ex – beziehungsweise: im Anschluss daran zur Ex gewordenen – hatte er einen solchen Anruf untergejubelt. Wenige Monate, nachdem er seine neue Stelle in der Operationszentrale von Telenor angetreten hatte, war das ungute Gefühl in der Magengegend zunehmend intensiver geworden. Ständig erwischte er sie bei kleinen, unschuldigen Lügen. An einem Abend, an dem er Überstunden machen musste, hatte er ihr nach einigem Hin und Her einen stillen Anruf geschickt. Dabei kam er sich wie der niederträchtigste Mensch der Welt vor. Denn eigentlich war er nicht so – kontrollierend. Und er hoffte tatsächlich, dass er schlechte Nachrichten bekäme, damit er seine Schnüffelei vor sich selbst rechtfertigen konnte. Und er bekam sie.
    Ihr Handy musste auf dem Nachttisch gelegen haben, denn er hörte sie stöhnen. Laut. Das Problem war nur, dass er selbst draußen in Fornebu saß, während sich ihr Handy dem Mobilfunkmast zufolge mitten im Szeneviertel Grünerløkka befand. Ergo: Nicht er brachte sie zum Stöhnen, sondern irgendeiner dieser Bohemiens mit fettigen Haaren, Dreck und Farbe unter den Nägeln. So ein Künstlerschwein.
    Hugo Babsvik löste den Blick von Bildschirm Nummer drei und sah auf den Monitor zu seiner Linken, von wo das Piepen gekommen war. Ein rotes Rechteck blinkte links unten in der Ecke. Er griff nach dem Handy zwischen den beiden Tastaturen und klappte es auf, während er auf seinem Bürostuhl zum anderen Ende des Schreibtischs rollte. Er notierte die Telefonnummer, die Nummer A angerufen hatte, auf einem Blatt. Mit dem Handy in der Hand sichtete er die Informationen, die mitsamt der Meldung eingegangen waren.
    Das

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