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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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Verdächtigen zu malträtieren – anfangs hatte er ihn nur am Oberkörper geschlagen und getreten. Woran Anton sich am besten erinnerte, waren nicht der übel zugerichtete Körper und die zitternde Hand, die das Geständnis unterzeichnete, auch nicht, dass Kval innerhalb von einer halben Sekunde über den Tisch gesprungen war und sich auf den Stiefvater gestürzt hatte. Am besten war ihm der rote kreisrunde Fleck in Erinnerung geblieben, der am Hals seines Kollegen zum Vorschein gekommen war. Er war ihm mitten im Verhör aufgefallen und hatte im weiteren Verlauf an Intensität zugenommen. Wie eine Warnleuchte.
    Bei einer jungen Frau von zweiundzwanzig Jahren und höchstens doppelt so vielen Kilos würde es wohl kaum einer harten Vorgehensweise bedürfen. Er glaubte vielmehr, dass Kval die Vernehmungen in Mordfällen vermisst hatte und dies hier eine gute Gelegenheit war, Anton und auch Torp zu beweisen, dass er es noch konnte.
    «Jetzt pass gut auf, Torp», sagte Anton und schielte im Dunkeln zu ihm hinüber.
    Torp nickte, ohne den Blick von den beiden zu wenden.
    Kval hatte lediglich einen Schreibblock mit leeren Seiten vor sich liegen. Ein blauer Kugelschreiber ruhte sicher in seiner Hand.
    «Die Auskünfte, die Nils Jahr meinen Kollegen gegeben hat, sind die korrekt?»
    Sie schluckte. Ihre Zunge glitt rasch über die Unterlippe und zurück in den Mund. Wie bei einem Reptil.
    «Ja.»
    «Würden Sie diese bitte noch einmal wiederholen?»
    «Äh.» Sie starrte auf den Tisch, bevor sie aufblickte und sich bemühte, Kval selbstbewusst anzusehen. «Ich war am Montag bei ihm …?»
    Kval schaute in den Spiegel, hinter dem er Torp und Anton vermutete. Setzte eine nachsichtige Miene auf und wandte sich wieder dem Mädchen zu: «Sollen wir mit einer anderen Frage beginnen, Carina?»
    Sie antwortete nicht.
    «Wie oft nehmen Sie Kokain?» Er sah sie erbarmungslos an.
    Ablenkungsmanöver: Er verlagerte den Fokus auf sie. Sie so an die Wand zu drängen, würde sie veranlassen, mehr über Nils Jahr zu erzählen, als sie gefragt wurde. Die Lieber-er-als-ich-Methode, die bevorzugte Vorgehensweise der Polizei, wenn sie jemanden aufs Glatteis führen wollte.
    «Nicht so oft. Nur wenn ich mit ihm zusammen bin.»
    «Und wie oft kommt das vor?»
    «In letzter Zeit schon ein paar Mal. Aber
ich
nehme nicht jedes Mal Kokain. Na toll, jetzt denken Sie bestimmt, ich wäre so eine Drogenschlampe. Heute war eine Ausnahme, weil sich die Journalisten angesagt hatten. Nils wollte beste Stimmung haben.»
    «Verstehe. Und er? Er hatte heute ja verhältnismäßig viel Stoff da.»
    Sie schwieg lange. Rührte sich nicht und starrte gedankenverloren auf den Tisch. Dann sah sie wieder auf und blickte in den Spiegel. Blinzelte. «Sitzt dahinter eigentlich jemand, oder ist das nur im Film so?»
    Anton kicherte. «Das wär doch ’ne Lady für dich, Torp.»
    Torp grinste. «Ja, die ist echt toll.»
    «Und er?», wiederholte Kval.
    «Jeden Tag», sagte sie nach ein paar Sekunden leise. «Nie bei der Arbeit, aber wenn er nach Hause kommt, ist das das Erste, was er tut. Entweder ein Drink oder eine
Line
. Am liebsten beides.»
    «Hat er Ihnen das erzählt, oder sind Sie so oft dort, dass Sie das wissen?»
    «Er hat es mir erzählt.» Sie wollte gerade zum nächsten Satz ansetzen, unterbrach sich jedoch selbst.
    «Ja?»
    «Hm, ich weiß nicht so recht, ob ich das erzählen darf. Aber …»
    Kval sah sie streng an. «Sie wissen, dass Sie sich strafbar machen, wenn Sie Informationen zurückhalten?»
    Dann kamen die Tränen. Kval stand auf, nahm eine Packung Papiertaschentücher aus dem Schrank und gab sie ihr.
    «Ich glaub, ich weiß auch, warum», schluchzte sie.
    «Warum er Drogen nimmt?»
    «Es war alles so merkwürdig, als ich zum ersten Mal bei ihm zu Hause war. Damals hab ich kein Pulver gesehen. Mir war schon klar, dass er nicht wollte, dass ich einen falschen Eindruck von ihm bekomme. Er hat sich nur einen kleinen Drink genehmigt und ich auch. Einen Wodka Red Bull genauer gesagt. Am Anfang haben wir einfach auf dem Sofa gesessen und uns unterhalten. Wenn er nüchtern ist, ist er total in Ordnung, da kann er viel besser Gefühle zeigen und so, außerdem ist er dann total schüchtern.» Sie hielt inne. Legte die Hände auf die Wangen. «Ich muss nur nachdenken.» Sie schnäuzte sich und wischte die Tränen weg. «Während wir da saßen, hat er mich alles Mögliche gefragt, über meine Familie und so. Und dann hab ich ihm ein paar Fragen gestellt. Nach

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