Kälteeinbruch (German Edition)
mehr draufhaben? Eben haben Sie behauptet, Sie wären Gott auf diesem Feld.»
Klar hab ich das, dachte Hugo Babsvik, er wollte lediglich abwarten, bis er von Adam gefragt wurde. Es war schön, wenn man Anerkennung bekam. Er erzählte Adam von den stillen Anrufen. «Ich kann aber nicht nonstop still anrufen, damit würde ich jegliche andere Aktivität auf seinem Handy blockieren, was wiederum bedeu–»
«Okay», schnitt Adam ihm das Wort ab. «Jede Viertelstunde ein stiller Anruf auf Nummer B, zusätzlich zur normalen Handyortung. Dasselbe machen Sie mit sämtlichen Nummern innerhalb Norwegens, mit denen A oder B ein- oder ausgehend Kontakt haben.»
«Bin schon dabei.»
Bernandas Mielkos nahm eine schmale, unzulänglich geräumte Straße, die außerhalb von Sarpsborg parallel zur E 6 verlief. Seinem GPS zufolge hieß der Ort Eidet. Als Treffpunkt hatte Arturas ein Schotterwerk bestimmt. Unterhalb davon stellte Bernandas den Wagen ab. Bat die Jungen, sitzen zu bleiben, bevor er selbst vom Fahrersitz sprang.
Zu beiden Seiten des sanften Hanges, der zum eigentlichen Schotterwerk hinaufführte, stand ein riesiger gelber Bagger. Vorsichtig bahnten sich seine Stiefel einen Weg durch die tiefen Baggerspuren. Er erreichte den Kamm. Vor ihm öffnete sich ein großes Gelände. Er sah sich um. Nirgendwo waren Menschen zu sehen. Auch kein Haus. Nur eine Baubaracke. Die einzigen Geräusche kamen von den Autos, die auf der E 6 hinter ihm vorbeifuhren. Er war davon ausgegangen, dass Arturas sich mit ihm an einem etwas zivilisierteren Ort treffen würde. Eventuelle Passanten würden hier viel eher Verdacht schöpfen, als wenn sich die beiden Autos an einer Tankstelle treffen würden.
Dieser Ort taugte eher dazu, jemanden zu erschießen. Nach erfüllter Mission konnte man sich von hier aus leicht aus dem Staub machen und unter den Verkehr auf der E 6 mischen.
Arturas wusste stets genau, was er tat. Ganz offensichtlich. Und seit wann ließ er sich dazu herab, Bernandas’ Privatchauffeur zu spielen? Bernandas konnte nicht fassen, dass er so dumm gewesen war. Er schaute zurück auf den Lieferwagen. Darius beobachtete ihn neugierig vom Beifahrersitz aus.
Bernandas balancierte auf einem kleinen Felsen. Studierte die Gegend. Wenn er hier wartete, könnte er genauso gut in eine Gaskammer spazieren. Aber Arturas könnte auch jederzeit auf der E 6 an ihnen vorbeifahren, selbst wenn sie sofort aufbrachen – und zum Aufbruch hatte er sich längst entschieden. Sie mussten von hier verschwinden. Vielmehr flüchten. Er musste Doskino treffen. Von Angesicht zu Angesicht. Er war sich ziemlich sicher, was Arturas mit ihnen vorhatte. Und Arturas wusste, in welchem Auto er unterwegs war.
Pragaras
, dachte Bernandas. Er kannte sogar das Kennzeichen.
Jetzt brauchte er als Erstes ein neues Auto.
Kapitel 33
Karl Skarvik begleitete den vierten Patienten des Tages aus dem Sprechzimmer. Sah dem gebeugten Rücken hinterher, der durch das Wartezimmer ging und die Treppe hinunter verschwand. Er schloss die Tür. Ließ sich am anderen Ende des Zimmers auf dem Bürostuhl nieder, den er aus seiner Osloer Praxis mitgebracht hatte, genau wie den Schreibtisch, die Lampe und den Computer.
Er klappte den Laptop auf. Gab das siebenstellige Passwort ein und öffnete den Internet Explorer. Klickte sich durch bis zur Internetzeitung
VG Nett
. Der Mord in Sarpsborg war auf der Website inzwischen nach unten gerutscht. In den Morgenstunden war er noch Titelthema gewesen, inklusive Foto des Ermordeten. Skarvik durchsuchte die Homepage nach Neuigkeiten, klickte mehrmals auf «Aktualisieren». Nichts. Er scrollte wieder nach oben. Betrachtete das Porträtfoto von Viggo Holm. Die Haare waren kurz und grau und bildeten einen Kranz um seinen Kopf. Oben war der Schädel kahl. Eine große, eckige Brille mit Stahlfassung. Eine Weste aus grauer Wolle über einem hellblauen Hemd. Er strahlte den Fotografen an. Wahrscheinlich war das Bild im Rahmen einer Fotoaktion an der Schule entstanden.
Karl Skarvik griff nach dem Henkel der Teetasse auf seinem Schreibtisch. Aus ihr stieg noch immer Dampf auf. Er hielt sie mit beiden Händen fest, während er das Bild intensiv musterte. Er nahm den warmen Metallgriff des Löffels in die Hand, rührte vorsichtig um und blies. Überflog den Einleitungstext über dem Bild. Las ihn noch einmal:
Der Lehrer Viggo Holm ( 66 ) wurde am Dienstag tot in seinem Haus in Nygårdshaugen, Sarpsborg, aufgefunden
.
Ganz unten auf der Seite war ein
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