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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Elínborg.
    »Genauso wenig wie an Elfen«, sagte Erlendur und lenkte den Wagen aus der Sackgasse heraus.

Sieben
    Als Erlendur abends nach Hause kam, strich er Butter auf ein Stück Fladenbrot, belegte es mit geräuchertem Lammfleisch, setzte Kaffee auf und legte Karens Kassette wieder in den Rekorder.
    Er dachte über Marías Selbstmord nach und darüber, welche Verzweiflung einer solchen Tat vorausging und wie tief die Seelenkrise sein musste, die sich dahinter verbarg. Erlendur hatte Abschiedsbriefe von Menschen gelesen, die sich das Leben genommen hatten, manchmal bestanden sie nur aus ein paar Zeilen oder einem einzigen Satz, einem Wort, andere waren länger und zählten ausführlich die Gründe für die Tat auf, eine Art Entschuldigung. So ein Brief konnte auf dem Kopfkissen liegen oder auf dem Boden in der Garage. Familienväter. Mütter. Jugendliche. Alte Menschen. Einsame Menschen.
    Gerade wollte er das Gerät in Gang setzen, um die Kassette abzuhören, als er ein Klopfen an der Tür hörte. Er ging in die Diele und öffnete die Tür. Eva Lind huschte an ihm vorbei in die Wohnung.
    »Stör ich dich?«, fragte sie, während sie sich den schwarzen Ledermantel auszog, der ihr bis zu den Knien reichte. Sie trug Jeans und einen dicken Pullover. »Scheußlich kalt draußen«, sagte sie. »Hört dieser Sturm nicht bald auf?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Erlendur. »Jedenfalls nicht nach der Langzeitvorhersage für diese Woche. Das ist Norðangarri , der steife Wind aus dem Norden, so wurde er früher immer genannt. Es gibt in unserer Sprache viele Wörter für Wind. Und wenn ein Tief vorbeigezogen ist, gibt es Útsynningur , das Nachwehen aus dem Süden. Hast du schon einmal davon gehört?«
    »Ja, nein, ich kann mich nicht erinnern. Hat Sindri dich besucht?«, fragte Eva Lind, die kein Interesse für die unterschiedlichen Bezeichnungen für den Wind aufbringen konnte.
    »Ja. Möchtest du einen Kaffee?«
    »Was hat er gesagt?«, antwortete sie hastig und fügte noch hinzu: »Ja, danke.«
    Erlendur ging in die Küche und holte zwei Tassen Kaffee. Er hatte sich vorgenommen, das Kaffeetrinken abends etwas einzuschränken, weil er hin und wieder Probleme mit dem Einschlafen hatte, wenn er sich abends mehr als zwei Tassen gegönnt hatte. Es machte ihm aber eigentlich nichts aus, wach zu liegen. Es gab kaum eine bessere Zeit, um intensiv über etwas nachzudenken.
    »Viel hat er eigentlich nicht gesagt, aber er hat erwähnt, dass du dich mit deiner Mutter gestritten hast«, sagte Erlendur, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte. »Er glaubt, dass es meinetwegen war.«
    Eva Lind fischte eine angebrochene Zigarettenschachtel aus dem Ledermantel, zog eine Zigarette heraus und zündete sie an. Sie inhalierte und blies den Rauch weit von sich.
    »Die Alte ist total ausgerastet.«
    »Weshalb?«
    »Ich hab ihr vorgeschlagen, dass ihr euch vielleicht mal treffen solltet.«
    »Deine Mutter und ich?«, fragte Erlendur verblüfft. »Wozu?«
    »Genau das hat Mama auch gesagt: Wozu? Um euch zu sehen. Um miteinander zu reden. Das ist doch absolut idiotisch, dass ihr nie miteinander redet. Warum macht ihr das nicht einfach mal?«
    »Was hat sie daraufhin gesagt?«
    »Sie sagte, ich könnte es vergessen. Komplett vergessen.«
    »Und das war der Streit?«
    »Ja. Und was ist mit dir? Was sagst du dazu?«
    »Ich? Gar nichts. Wenn sie das nicht will, bitte schön.«
    »Bitte schön? Könnt ihr wirklich nicht ein einziges Mal miteinander reden?«
    Erlendur überlegte. »Was bezweckst du eigentlich damit, Eva?«, fragte er. »Du weißt, dass es zwischen uns seit Langem vorbei ist, und zwar vollständig. Wir haben seit Jahrzehnten nicht miteinander geredet.«
    »Genau darum geht es, ihr habt eigentlich nicht miteinander gesprochen, seit Sindri und ich geboren wurden.«
    »Ich bin ihr begegnet, als du im Krankenhaus lagst«, sagte Erlendur. »Das war alles andere als angenehm. Ich glaube, du solltest es wirklich vergessen, Eva. Keiner von uns will das.«
    Eva Lind hatte vor ein paar Jahren eine Fehlgeburt gehabt und furchtbar darunter gelitten. Sie war viele Jahre drogenabhängig gewesen. Sindri hatte Erlendur aber vor nicht allzu langer Zeit berichtet, dass sie sich aus eigenem Antrieb davon befreit hatte und sich wacker hielt.
    »Du bist dir ganz sicher?«, fragte Eva und sah ihren Vater an.
    »Ja, ganz sicher«, antwortete Erlendur. »Sag mir was anderes: Wie geht es dir? Du siehst irgendwie verändert aus, erwachsener.«
    »Erwachsener? Sieht

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