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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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schließlich davon lebte, seherische Fähigkeiten zu besitzen, gut genug anzulügen. Würde Andersen ihn nicht sofort durchschauen? Er beeilte sich mit seinen Erklärungen und hoffte das Beste.
    »Ich weiß eigentlich nicht, wie ich dir weiterhelfen kann«, sagte Andersen. »Zwischen mir und denen, die zu mir kommen, bildet sich oft ein starkes Band des Vertrauens, und es fällt mir sehr schwer, das zu zerstören.«
    Er lächelte entschuldigend. Erlendur lächelte zurück. Andersen war ein hochgewachsener Mann um die sechzig. Seine Schläfen waren ergraut. Er hatte klare Gesichtszüge und wirkte außerordentlich entspannt.
    »Du hast immer genug zu tun?«, fragte Erlendur in der Hoffnung, die Atmosphäre so etwas auflockern zu können.
    »Ich kann nicht klagen. Die Isländer haben ein großes Interesse an spiritistischen Dingen.«
    »Du meinst, an einem Leben, das danach kommt?«
    Andersen nickte.
    »Hängt das nicht einfach damit zusammen, dass wir noch etwas hinterwäldlerisch sind?«, fragte Erlendur. »Es ist nicht lange her, dass wir aus den Torfhäusern und der mittelalterlichen Finsternis herausgekrochen sind.«
    »Das psychische Befinden hat nichts mit Torfhäusern zu tun«, sagte Andersen. »Vielleicht helfen solche Vorurteile ja manchem. Ich für meinen Teil habe sie immer albern gefunden. Aber ich kann gut verstehen, wenn andere Menschen Vorbehalte gegenüber jemandem wie mir haben. Wahrscheinlich hätte ich die auch, wenn ich nicht mit dieser unerhörten Fähigkeit geboren worden wäre, dieser Wahrnehmungsfähigkeit, wie ich sie nennen möchte.«
    »Wie oft hast du María getroffen?«
    »Nach dem Tod ihrer Mutter ist sie zweimal zu mir gekommen.«
    »Sie wollte Verbindung zu ihr aufnehmen, nicht wahr?«
    »Ja, das war ihr Ziel.«
    »Und … wie ging das?«
    »Ich glaube, dass sie zufrieden wieder nach Hause ging.«
    »Ich brauche dich wohl nicht zu fragen, ob du an ein Leben nach dem Tod glaubst«, sagte Erlendur.
    »Darauf basiert mein ganzes Leben.«
    »Und das tat ihres ebenfalls?«
    »Ja, und zwar aufrichtig. Ganz und gar aufrichtig.«
    »Hat sie mit dir über ihre Angst vor der Dunkelheit gesprochen?«
    »Nur wenig. Wir haben darüber geredet, dass Angst vor der Dunkelheit ein psychischer Angstzustand wie jeder andere ist, den man mit einer veränderten Lebenseinstellung und Selbstdisziplin überwinden kann.«
    »Sie hat dir nicht gesagt, woher diese Phobie stammte?«
    »Nein, aber ich bin ja auch kein Psychologe. Nach unseren Gesprächen zu urteilen, glaube ich, dass es mit diesem Unfall zu tun hatte, durch den ihr Vater ums Leben kam. Es lässt sich ja leicht vorstellen, was für ein Schock das für das Kind gewesen sein muss.«
    »Ist sie … wie drückt man das aus … dir erschienen? Ich meine, María, nachdem sie sich das Leben genommen hat?«
    »Nein«, sagte Andersen lächelnd. »So einfach ist das nicht. Ich glaube, du hast da irgendwelche Vorstellungen über uns Mittler, die völlig abwegig sind. Weißt du etwas über unsere Arbeit?«
    Erlendur schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, hatte María ein besonderes Interesse an einem Leben nach dem Tod«, sagte er.
    »Das versteht sich von selbst, sonst wäre sie nicht zu mir gekommen«, erwiderte Andersen.
    »Ja, ich meine aber mehr als normales Interesse. Das war eher schon eine Art fixe Idee bei ihr. Wenn ich es richtig verstanden habe, war sie völlig besessen von ihrer Neugier auf alles, was mit dem Tod und dem zu tun hatte, was sich daran anschließen würde.«
    Erlendur wollte es vermeiden, das Gespräch direkt auf die Kassette zu bringen, die ihm Karen überlassen hatte, und hoffte, dass Andersen ihm entgegenkommen würde. Der sah Erlendur lange an, als schien er abzuwägen, was er sagen durfte und sollte.
    »Sie war eine Suchende«, sagte er. »Das sind sehr viele von uns. Ich bin mir sicher, dass du auch dazugehörst.«
    »Wonach suchte María?«
    »Nach ihrer Mutter. Sie vermisste sie. Ihre Mutter hatte ihr eine Antwort auf die Frage geben wollen, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. María war der Meinung, diese Antwort erhalten zu haben, und kam deswegen zu mir. Wir haben miteinander gesprochen. Ich glaube, das hat ihr gutgetan.«
    »Ist ihre Mutter bei den Sitzungen irgendwann einmal aufgetaucht?«
    »Nein, das hat sie nicht getan. Das muss aber nichts bedeuten.«
    »Wie dachte María darüber?«
    »Sie ging ausgesöhnt von hier fort.«
    »Soweit ich weiß, litt sie unter Halluzinationen«, sagte Erlendur.
    »Nenn es, wie du

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