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Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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abholen, wie immer, wenn er in der Stadt ist. Und dann kommt er nicht. Er ist mit einem Mann verabredet, aber lässt sich dort nicht blicken und verschwindet für ewig und alle Zeiten. Einiges deutet darauf hin, dass er einen Bus aufs Land genommen hat. Anderes wiederum lässt den Schluss zu, dass er Selbstmord begangen hat. Das wäre die einfachste Erklärung. Viele Isländer sind depressiv veranlagt, obwohl die meisten gut darüber hinwegtäuschen können. Und jetzt eröffnet sich mit einem Mal die Möglichkeit, dass er ermordet worden ist.«
    »Ist es nicht schlicht und ergreifend ein Fall von Selbstmord?«, warf Elínborg ein.
    »In keiner offiziellen Informationsquelle taucht ein Mann namens Leopold auf, der um diese Zeit verschollen ist. Es hat den Anschein, als habe er die Frau belogen. Níels hat damals den Fall bearbeitet und nichts in Bezug auf das Verschwinden unternommen. Er ging sogar davon aus, dass er hier in der Stadt nur eine Liebschaft mit dieser Frau hatte, aber selbst vom Land stammte. Falls es denn kein simpler Selbstmord war.«
    »Mit anderen Worten, er hätte dann irgendwo auf dem Land eine Familie gehabt, und die Frau in Reykjavík war nur seine Geliebte?«, fragte Elínborg. »Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt, nur weil das Auto beim Busbahnhof gefunden wurde?«
    »Du meinst also, dass er vielleicht wieder nach Vopnafjörður in den Schoß der Familie zurückgekehrt ist und nicht mehr in Reykjavík rumgebumst hat?«, meldete sich Sigurður Óli.
    »In Reykjavík rumgebumst!«, sagte Elínborg. »Wie hält es die arme Bergþóra nur mit dir aus!«
    »Diese Version ist keineswegs dümmer als alle anderen«, sagte Erlendur.
    »Ist es wirklich möglich, in Island in Bigamie zu leben?«, fragte Sigurður Óli.
    »Nein«, antwortete Elínborg entschieden. »Dazu sind wir zu wenige.«
    »In Amerika fahnden sie nach solchen Typen«, sagte Sigurður Óli. »Da gibt es sogar extra Beiträge im Fernsehen, wenn sich solche Betrüger und Bigamisten auf diese Weise aus dem Staub machen. Einige bringen sogar ihre Familie um, verschwinden und gründen woanders eine neue.«
    »In Amerika kann man sich auch leichter verstecken als hier«, sagte Elínborg.
    »Das mag sein«, sagte Erlendur. »Aber ist es nicht auch in einer kleinen Gesellschaft ziemlich einfach, zumindest für einige Zeit ein Doppelleben zu führen? Dieser Mann war viel in Island unterwegs, manchmal sogar wochenlang. Er lernt eine Frau in Reykjavík kennen, vielleicht verliebt er sich, aber vielleicht ist sie auch nur ein Zeitvertreib für ihn. Als die Beziehung in ein etwas verbindlicheres Stadium eintritt, beschließt er, der Sache ein Ende zu machen.«
    »Eine kleine, romantische Liebesgeschichte aus der großen Stadt«, sagte Sigurður Óli.
    »Ob die Frau aus dem Milchladen über diese Möglichkeit nachgedacht hat?«, sagte Erlendur nachdenklich.
    »Wurde denn keine Suchmeldung im Zusammenhang mit diesem Leopold rausgegeben?«, fragte Sigurður Óli.
    Erlendur hatte eine kurze Meldung in den Zeitungen gefunden, wo es hieß, dass dieser Mann verschwunden sei. Diejenigen, die glaubten, ihn gesehen zu haben, wurden gebeten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. Kleidung, Größe und Haarfarbe wurden beschrieben.
    »Das hat aber nichts gebracht«, sagte Erlendur. »Es gab kein Foto von ihm. Níels sagte mir, dass sie die Frau nicht darüber informiert haben, dass er offiziell unter diesem Namen nicht aufzufinden war.«
    »Das haben sie ihr nicht gesagt?«, wunderte sich Elínborg. »Sie war natürlich nicht seine Frau«, gab Sigurður Óli zu bedenken.
    »Du weißt doch, wie Níels ist«, sagte Erlendur. »Falls er Schwierigkeiten aus dem Weg gehen kann, dann geht er ihnen aus dem Weg. Níels hatte das Gefühl, dass die Frau zum Narren gehalten worden war, und das war für ihn wohl ausreichend, nichts weiter in die Wege zu leiten. Ich weiß es nicht. Er ist nicht besonders …«
    Erlendur brach mitten im Satz ab.
    »Vielleicht hat sich der Kerl eine andere Frau zugelegt«, überlegte Elínborg, »und sich nicht getraut, ihr davon zu erzählen. Es gibt nichts Feigeres als treulose Männer.«
    »Ach nee«, sagte Sigurður Óli.
    »Ist er nicht kreuz und quer durch Island gereist und hat Landmaschinen verkauft?«, fuhr Elínborg fort. »War er nicht dauernd auf dem platten Land und in den Dörfern rings um die Insel unterwegs? Da ist es doch nicht ganz abwegig, dass er jemanden kennen gelernt hat und ein neues Leben beginnen

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