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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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und so weiter.»
    «Kapitän Buckle dehnte manchmal die Geschichte über vier Gänge aus, Sir.»
    «Ich werd froh genug sein, wenn ich sie so lang auswalzen kann, als die Suppe dauert. Weiß der Teufel, wovon wir nachher sprechen werden. Hoffentlich hilft mir der Herrgott weiter.»
    «Gewiß, Sir.»
    «Sind meine Hosen in Ordnung?»
    «Für meinen Geschmack könnten sie ein bißchen länger sein, Sir.»
    «Das war nicht zu machen. Muß mir in Sydney ein neues Paar kaufen.»
    Schwache Gongschläge drangen von unten herauf: Ebbs klangen sie wie die Schritte des Henkers in die Ohren.
    «Sitzt meine Krawatte gerade?»
    «Eine Augenweide, Sir!»
    «Ein großer Moment steht mir bevor, Burtweed», sagte Ebbs. Er fuhr mit dem Finger zwischen Hals und steifen Kragen. «Ein ganz großer Moment. Und dennoch, diese Dinge sendet uns der Himmel, um uns zu prüfen. Da es keinen Sinn hat, sie aufzuschieben, gehe ich also hinunter.»
    Burtweed hielt ihn zurück. «Da wär nur noch etwas, Sir.»
    «Ja, was denn?»
    «Ihre Sockenhalter, Sir.»
    «Was wollen Sie damit?»
    «Sie haben keine an, Sir.»
    «Ich trage nie welche», sagte Ebbs trotzig. Obwohl er diesbezüglich mit seiner Schwester etliche Auseinandersetzungen gehabt hatte, erfreute er sich noch immer der bequemen Schlaffheit seiner Socken.
    «Oh, Sir!» rief Burtweed kummervoll.
    «Aber das ist doch lächerlich! Jetzt von Sockenhaltern zu sprechen - sind Sie ganz von Sinnen, Mensch? Wem fällt das schon auf?»
    Burtweed schlug die Augen nieder. «Mir, Sir.»
    «Jedenfalls», erklärte Ebbs mit Festigkeit, «besitze ich keine.»
    «Wollen Sie nicht meine tragen, Sir?» flehte Burtweed. «Nur heute abend? Bitte, Sir! Das gibt der Sache ein ganz anderes Gesicht! Seien Sie versichert, Sir -» Er krempelte seine Hosenbeine hinauf, löste zwei schmierige violette Gummibänder von seinen mageren Waden und umschloß mit ihren Ebbs folgsame Beine.
    «Na also, Sir!» sagte er triumphierend. «Jetzt, Sir, sind Sie von oben bis unten anständig bekleidet! »
    «Danke jedenfalls für Ihre Aufmerksamkeit», sagte Ebbs widerwillig.
    «Glückauf, Sir!» sprach Burtweed heiser. «Und machen Sie sich keine Sorgen, Sir - ich werde dasein.»
    Einen Augenblick lang blitzte Sympathie von Mann zu Mann auf, dann eilte Ebbs zum Dinner.

6

    Der Speisesalon der ersten Klasse auf der Charlemagne bestach die Sinne: er war der größte Reklameschlager der Pole Star Line. Die Tische glänzten verschwenderisch von Silber, die Anrichten waren mit vergoldeten Körben voll gefällig polierter Früchte umrahmt, die Stewards harrten in blitzblanken Jacketts aufmerksam der Wünsche der Gäste, die Musikkapelle spielte gedämpft in einer Ecke, und das kalte Büfett erstreckte sich über die ganze Länge eines Schotts gleich einer Blumenrabatte. Von dem einen Ende aus beherrschte Ebbs' Tisch würdevoll den Raum, während der Chief, der Erste Offizier, der Zahlmeister und der Schiffsarzt in je einer Ecke den Vorsitz führten. Sie waren die einzigen sichtbaren Vertreter der Besatzung der Charlemagne: der Schwarm der rangjüngeren Offiziere, denen überhaupt das Betreten der Passagierdecks strengstens verboten war, speiste gesondert tief unten in einem Messeraum, in dem die anspruchslose Atmosphäre von emaillierten Teekannen und Senfgurken herrschte.
    Sobald im Rauchsalon der Gong ertönte, erhob sich Broster und sprach: «Wir müssen hinein. Schließlich erwartet man von uns, die wir am Tisch des Kapitäns sitzen, daß wir mit gutem Beispiel vorangehen. Wir Engländer», erklärte er Bill Coke, als hätte er einen Azteken vor sich, «trachten zumindest einige der verschwindenden Ausdrucksformen des Anstands zu retten. Im allgemeinen pflegen wir paarweise zum Dinner anzutreten. Ich lege Wert darauf, daß diese Sitten in der Pole Star Line aufrechterhalten werden. In der ersten Klasse, selbstverständlich. Madam -» Er verbeugte sich vor Mrs. Judd. «Darf ich Ihnen meinen Arm anbieten?»
    «Sehr erfreut, Brigadier.»
    «Hoppauf, Gwenny», sagte Bill Coke, seinen Ellbogen emporhaltend. «Häng dich ein.»
    Als Ebbs bei der Salontür anlangte, war sein Tisch bereits voll besetzt. Er blieb zögernd stehen, zog die Karte des Zahlmeisters aus seiner Rocktasche und prägte seinem Hirn die Gästerunde ein. Dann wurden die Glastüren durch zwei sich verneigende Stewards aufgerissen, und Ebbs stelzte entschlossen, sich hastig an die Krawatte greifend, durch die plaudernden Gäste auf seinen Platz zu.
    Bei seinem Sessel

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