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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Frau.
    «Bitte, fahren Sie doch in Ihrer Geschichte fort, Kapitän», sagte Mrs. Judd schnell.
    «Also», erzählte Ebbs standhaft weiter, «dieser Kapitän tat mit etwas besonders groß. Er behauptete, daß er, in jedem Teil der Welt, genau angeben könnte, wo sich das Schiff befand; er brauchte nur den Schlamm vom Meeresgrund anzusehen, der am Lot haftet, wenn es heraufgebracht wird.»
    Die Tafel, nunmehr sicher, auf die Pointe loszusteuern, brach in Rufe des Erstaunens aus: «Nein, so was! Nicht zu glauben! Wirklich? Unmöglich! »
    «Ja», fuhr Ebbs verbissen fort. «Wo immer sich auch das Schiff befand -»
    «Steward!» brüllte Brigadier Broster durch den Salon.
    «Sir?»
    «Es ist meine feste Gewohnheit, mir stets selber die Zutaten zu meinem Salat anzurichten. Da ich zu jeder Mahlzeit Salat esse, sollten Sie sich lieber gleich damit vertraut machen. Ich werde etwas Weinessig benötigen - Tarragon-Weinessig. Sie haben doch Tarragon-Weinessig? Das beste Olivenöl, ein Eiweiß, eine Zehe Knoblauch, ein Büschel Petersilie, Borretsch und kleingehackte Mandeln. Und dann brauche ich eine Silberschüssel zum Mischen. Es ist enorm wichtig, auf hoher See möglichst viel Rohkost zu sich zu nehmen», fuhr er, an die Tafelrunde gewandt, fort. «Kein Wunder, daß es auf den Schiffen so viele Fälle von Verstopfung gibt. Ich bin mehr als ein dutzendmal um die Welt gereist und glaube daher, aus einiger Erfahrung heraus sprechen zu können. Wir Engländer, müssen Sie wissen, ziehen unsere eigenen Gemüse. Wir haben bei unseren Häusern riesige Gärten und beschäftigen mehrere Gärtner. Seit vierzig Jahren ist mein Mund mit keinem fremden Gemüse in Berührung gekommen. Keinem einzigen! Stellen Sie sich das einmal vor! Ich wollte, jeder einzelne an Bord wäre gezwungen, wenigstens einmal täglich einen selbstgezogenen grünen Salat, der die Vitamine A, B, C und D, nebst gewissen Salzen und Mineralien, enthält, zu essen...»
    Brigadier Broster trampelte etliche Minuten hindurch geräuschvoll auf der Konversation herum, und als er eine Pause einschaltete, um Huhn im Topf zu bestellen, sprach Ebbs: «Aber eines Tages wischte der Erste Ingenieur seine Stiefel daran ab, und der Kapitän sagte: »
    Sogleich trat tiefes Schweigen ein. Jedermann blickte ihn entgeistert an.
    «Da bin ich nicht ganz mitgekommen, Kapitän», rief die alte Mrs. Lomax und schüttelte ihr Hörrohr.
    «Macht nichts», sagte Ebbs kläglich. «Es war sowieso nichts.»
    «Nehmen Sie Vorspeise, Sir?» fragte Burtweed sanft.

    Shawe-Wilson hatte mittlerweile Ebbs in der Konversation überholt. Da die Sitzordnung im Speisesalon vom Zahlmeister arrangiert wurde und die Administration eines Passagierdampfers in hohem Maße auf gegenseitigen Gefälligkeiten beruht, speiste er in der ausschließlichen Gesellschaft von fünf hübschen Mädchen.
    «Was für eine Menge Auszeichnungen Sie bekommen haben!» sagte die Blondine zu seiner Rechten.
    «Ach, die da! » Er warf einen Blick auf seine Kriegsdienst-Abzeichen, als bemerkte er sie zum erstenmal. «Ob da eins mehr oder weniger ist - geholfen hat's mir nicht, wenn die Korvetten was abgekriegt haben.»
    «Korvetten!» Die Mädchen schnappten nach Luft, denn Monserrats «Großer Atlantik» kam ihnen düster-drohend in Erinnerung.
    «Na gewiß!» sagte er nachlässig. Er schnalzte mit den Fingern. «Steward! Noch eine Portion Huhn!» Außerhalb des Heimathafens erfreute er sich stets eines herzhaften Appetits.
    Die fünf Mädchen blickten ihn mit unverhohlener Bewunderung an. Sein Messerock saß ihm tadellos auf den Schultern, seine Krawatte war geometrisch präzise ausgerichtet, seine Hemdbrust glänzte wie Porzellan, seine Zähne blitzten, seine Wangen glühten, sein Haar strömte einen zurückhaltenden und männlich herben Duft aus. Seine Aufmachung hatte fast ebensoviel Zeit beansprucht wie die Zubereitung des Dinners.
    «Wie entsetzlich gefahrvoll! » rief ein anderes Mädchen, nach Atem ringend.
    «Na ja, gewisse Augenblicke haben's schon in sich gehabt», räumte er ein. «Doch meist war's schrecklich langweilig. Ja, gewiß», sagte er, ein lässiges Lachen anstimmend. «Man gewöhnte sich mit der Zeit daran, auf der Brücke zu schlafen, von Zwieback und Kakao zu leben und Stürme, Torpedos, Bomben, Minen und all dieses Zeugs hinzunehmen... Es war ganz einfach die Schlacht um den Atlantik. Der Konvoi

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