Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
melodiösen Telegraphenapparaten ausgestattet; doch alle Brücken haben das bezaubernde Zusammenspiel von Messing und Teakholz, Finsternis und abgeschirmtem Licht, Ruhe und unablässiger Wachsamkeit beibehalten, das Männer ein Leben lang vom festen
    Land weglocken kann. Hier fühlte sich Ebbs sicher, heimisch und unumschränkt: von den Passagieren blieb nichts als ihr inkonsequentes Gekreische, wie von Möwen in einem Hafen.
    Er schritt zum Navigationsraum, der in ein sanftes, abgeblendetes Licht gehüllt war, und ließ seinen Finger nachdenklich die schwache Bleistiftlinie, die die Fortbewegung der Charlemagne markierte, entlanglaufen. Dann schlug er das dünne, grün gebundene Buch mit der Aufschrift «Nachtordern des Kapitäns» auf, das ihn jede Nacht während seines Schlafes repräsentierte. Er verzeichnete formell Position und Kurs des Schiffes, schrieb eine Seite mit nebensächlichen Instruktionen und Ermahnungen voll und beschloß sie mit dem Segensspruch: «Sämtliche Vorschriften der Gesellschaft haben strikt eingehalten zu werden. Gezeichnet: W. Ebbs, Kapitän.»
    Er schlug das Buch zu und trat in das stockfinstere, leise quietschende Kartenhaus. Da blieb er stehen. Er schnüffelte. Dann schnüffelte er nochmals. Auf dem Steuerbordflügel der Brücke konnte er die doppelköpfige Masse Bowles' und Jays, der beiden wachhabenden Offiziere, ausnehmen. Als er näher hinblickte, beleuchtete ein kurzes Glühen ihre Gesichter, und plötzlich schoß schuldbewußt ein Funkenkegel ins Meer hinab.
    Ebbs schritt durch die Tür des Kartenhauses. Wenn es etwas gab, das ihn noch mehr reizte als stumpfe Bleistifte, dann war es das Rauchen während der Wache.
    «Mr. Jay», rief er streng durch die Finsternis. «Ich möchte Sie vor der Gefahr bewahren, Ihre Hose in Brand zu setzen.»
    Jay zog nervös die Hand aus der Tasche und warf eine angezündete Zigarette über Bord.
    «Sind Sie darüber unterrichtet», fuhr Ebbs fort, «daß in den Vorschriften der Gesellschaft das Rauchen auf der Brücke ausdrücklich untersagt ist? Außerdem ist es absolut nicht mit der Etikette eines britischen Schiffes auf See in Einklang zu bringen. Ich hoffe, meine Herren, daß ich nicht in den Verruf eines Leuteschinders komme, doch es gibt gewisse Anstandsregeln, auf deren Einhaltung ich bestehe. Vom Rauchen auf der Brücke ist nur ein kleiner Schritt zu - äh, Biertrinken im Navigationsraum und Kartenspielen im Ruderhaus. Das dulde ich nicht, meine Herren! Das dulde ich nicht! Wollen Sie das bitte gefälligst zur Kenntnis nehmen.»
    «Kapitän Buckle -» begann Bowles, der Dritte Offizier.
    «Mr. Bowles, muß ich Ihnen wiederholen, daß ich nicht das mindeste mit der Führung des Schiffes durch Kapitän Buckle zu schaffen habe? Künftighin ist das Rauchen auf der Brücke verboten. Jedermann und jederzeit. Verstanden?»
    «Ja, Sir», sagte Bowles. Trübe dachte er darüber nach, daß die guten Kapitäne allesamt einander glichen, doch daß von den verschrobenen
    jeder auf seine besondere Weise verschroben war.
    «Und auch Sie, Mr. Jay, haben dies hoffentlich zur Kenntnis genommen?»
    Jay hatte sich noch nicht zur weltklugen Einstellung seines Kameraden erbosten Kapitänen gegenüber durchgerungen und mußte immer wieder erfahren, daß ihm in ihrer Nähe die Sprache wegblieb. Er versuchte herzhaft zuzustimmen, brachte jedoch nur einen kurzen, quietschenden Laut zustande.
    «Was sagten Sie?» fragte Ebbs.
    Jay quietschte abermals.
    «Unterlassen Sie es gefälligst, mich anzuzwitschern», sagte Ebbs böse. «Da gibt's nichts zu lachen. Wollen Sie sich auch freundlichst Ihrer Charge erinnern. Mehr will ich jetzt nicht darüber reden. Ich versuche meine Offiziere wie Gentlemen zu behandeln, wenn jedoch die Vorschriften der Gesellschaft andauernd nicht beachtet werden, bin ich genötigt - äh, Maßregeln zu ergreifen. Fahren Sie in Ihrem Dienst fort, Mr. Bowles.»
    «Ay ay, Sir.»
    Es schlug acht Glasen. Ebbs kehrte in den Navigationsraum zurück, schlug nochmals das Nachtordern-Buch auf und fügte seinem letzten Satz die Worte «speziell was das Rauchverbot auf der Brücke betrifft» hinzu. Dann erschien Brickwood oben auf der Leiter, um die Hundewache anzutreten. Er trug eine grüne Cordhose, eine khakifarbene Militärjacke, einen schottischen Schal und Wildlederschuhe. Er nickte Ebbs ein höflichmunteres «Guten Abend, Sir!» zu und ging zum Kartenhaus weiter, wobei er seine Pfeife stopfte.
    Ebbs schneuzte sich.
    «Mr.

Weitere Kostenlose Bücher