Käptn Snieders groß in Fahrt
etwas geschrieben?“ fragte er. „Ja“, antwortete Heini, „manchmal mehr, manchmal weniger.“
„Da hast du dir aber viel Arbeit gemacht!“
„Es war nichts als Spaß“, antwortete der Junge, „ich habe ja Zeit genug.“
„Allerdings, allerdings“, brummte Käpten Snieders. „Aber ich glaube, das hätte bei mir auch nichts genützt.“
Er trank seinen Grog aus und klemmte dann die Hefte unter den Arm.
„Mein lieber Heini“, sagte er, während er aufstand und sich zum Gehen anschickte, „das hast du wunderbar gemacht, viel besser, als ich das könnte. Und wenn du Spaß daran hattest, sollst du morgen die nächsten Aufsätze haben.“
Heini war rot geworden über das große Lob. Er streckte dem alten Kapitän die Hand entgegen und trug ihm Grüße für die ganze Schule auf.
Die Sterne standen schon über der Weser.
Der alte Mann schwankte langsam die Straße hinunter. Bei Furkens sah er noch mal nach den Kindern. Sie lagen ruhig in den großen Betten und schliefen tief. Da ging er mit recht eigenartigen Gedanken weiter zu seinem kleinen Haus am Deich.
Die Schule ist kein Kindergarten
Am nächsten Morgen verließ Käpten Snieders schon kurz nach sieben das Haus. Er ging aber nicht in die Schule, sondern wandte sich nach der entgegengesetzten Seite. Die Dohle flog neben ihm her. Vor Furkens Haus machte er halt. Er sah durch die Scheiben, daß schon jemand am Werken war. Darum klopfte er kräftig an die Haustür, nachdem er sich an der festgerosteten Drehklingel fast den Daumen abgebrochen hätte.
Einen Augenblick später erschien Frida Furken, eine Frau von dreißig Jahren, an der Tür und öffnete. Sie trug eine bunte Schürze vor einem abgetragenen Kleid und Holzschuhe an den Füßen. „Käpten Snieders!“ rief sie. „Kommen Sie herein! Klara hat mir erzählt, was gestern passiert ist. Ich möchte Ihnen danken.“ Bei diesen Worten hatte die junge Frau mit den Tränen zu kämpfen.
„Quatsch, danken!“ brummte der Kapitän. „Wo ist der Junge?“
„Hier!“ rief Klara und trug ihren Bruder, der noch im Schlafanzug war, dem alten Mann entgegen. Der Kleine hatte Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand in den Mund gesteckt und blickte furchtlos auf Käpten Snieders.
„Na, mein Jung’, hast du gut geschlafen?“ fragte der Alte. Johann nickte. Er sah zwar noch ein bißchen blaß aus, hatte aber wohl schon vergessen, was sich gestern ereignet hatte.
„Klara ist ein dummes Ding“, sagte jetzt Frau Furken, „sie hat nur Flausen im Kopf. Aber sie hat mir versprochen, in Zukunft besser auf ihren Bruder aufzupassen. Nicht, Klara?“
Das Mädchen drückte den Kleinen an sich.
„Man muß doch in Ruhe zur Arbeit gehen können“, ergänzte die Mutter.
„Tja, das muß man“, ließ Käpten Snieders sich vernehmen, „und deshalb bin ich hier.“
Frau Furken verstand ihn nicht.
„Ihr Junge kommt jeden Morgen mit in die Schule“, sagte er. „Da hat er die Aufsicht, die er braucht.“
„Johann soll in die Schule?“ wunderte sich Frau Furken. „Er ist ja erst drei Jahre alt!“
„Na, dann wird es aber höchste Zeit“, sagte Käpten Snieders. „Man los, ziehen Sie ihn an, heute hat er Probefahrt.“
Die junge Frau hatte noch verschiedene Einwände. Johann sei so schüchtern, meinte sie, und hätte Angst vor so vielen Kindern, und manchmal mache er auch noch in die Hose.
Aber der Kapitän wischte das alles mit einer großen Handbewegung weg.
„Sei man still, Mudder Furken“, sagte er, „bei mir in der Klasse hat niemand Angst. Und außerdem ist Klara ja bei ihm.“
Da wandte sich Frau Furken an ihren Kleinen.
„Johann“, sagte sie, „du sollst mit in die Schule, magst wohl?“
„Ohh!!“ machte Johann und nahm die Finger aus dem Mund, „ßnell anßiehn, Klara!“ rief er und strampelte, um vom Arm seiner Schwester auf den Fußboden zu gelangen.
„Na also“, brummte der Kapitän, „das wäre geregelt. „Und Sie, Frau Furken, lassen sich auf der Kämmerei nur noch für die Tagschicht einteilen, damit sie am Nachmittag zu Hause sind, ist das klar?“
„Wenn das man geht!“ sagte die Frau zaghaft.
„Es geht“, rief Käpten Snieders heftig, „es muß gehen!“ Er fuhr den beiden Kindern noch einmal übers Haar und wandte sich um. „Wollen Sie nicht eine Tasse Kaffee mit uns trinken?“ fragte Frau Furken, die allmählich begriff, welche Sorge ihr der alte Mann abnehmen wollte.
„Vielen Dank, Mudder Furken, lieber nicht“, war seine Antwort,
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