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Käptn Snieders groß in Fahrt

Käptn Snieders groß in Fahrt

Titel: Käptn Snieders groß in Fahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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löst die verdeubeltsten Aufgaben, und nicht nur solche mit Rumbuddels und so. Was nun aber das Aufsatzschreiben angeht, da hab’ ich ein ganz dolles Patent. Ich erzähl’ eine Geschichte, die Kinder schreiben sie hinterher auf, und der kranke Heini Brackwede guckt sie nach und zensiert sie, mit richtiger roter Tinte, du. Was der da drunterschreibt, das läßt du dir nicht mal träumen. Ein Jammer, daß der Junge nicht gesund ist. Die Diktate macht er mir auch. Ich brauche sie nur vorzulesen und später korrigiert zurückzugeben. Tja, so geht das. Wenn ich das alles selbst machen müßte, da käme was ’raus, o je! Das einzige, was ich allein mache, ist so ’ne Art Erdkunde von der See, du kannst es auch Seekunde nennen. Gleich geb’ ich wieder eine Stunde. Bleib man hier, und hör sie dir an!“
    „Gerne, Käpten Snieders, gerne“, rief Walter Reiners. „Weißt du, anfangs hatte ich das Gefühl, es wäre dir unangenehm, daß ich hier bin, aber jetzt merke ich, wie gut du zurechtkommst und wie wenig du dich dabei aufregst.“
    „Warum sollte ich mich aufregen?“ fragte Käpten Snieders. „Ich glaube, ich würde mich sehr aufregen.“
    „Pah, alles halb so schlimm!“
    „Na, und daß du auch noch die Kleinen aufgenommen hast und den Hund, das ist doch allerhand.“
    „Es blieb mir ja nichts anderes übrig.“
    „Und wie du das schaffst mit ihnen!“
    „Och, das regelt sich alles von selbst. Du mußt dir nur die richtigen Leute suchen, die sich darum kümmern. Die tun das nämlich gern.“
    „Für die hast du aber wirklich einen guten Riecher gehabt.“
    „Na ja, andere für mich arbeiten zu lassen, war schon immer meine Stärke.“
    Nach diesen Worten ging der Alte an das offene Fenster und pfiff auf zwei Fingern. Damit gab er das Ende der Pause bekannt. Die Kinder kamen lachend und einige auch atemlos vom vielen Laufen in die Klasse. Die Großen gingen an ihre Plätze, die Kleinen an ihre Spielsachen. Nur Rudi stand am Fenster herum. Er hatte eine Scheibe Wurst von seinem Frühstücksbrot in der Hand und rief dem kleinen Johann zu, der noch draußen stand: „Loß, jetßt laß ihn loß!“
    Eine Sekunde später sprang Lott mit einem schönen Satz durchs Fenster und schnappte noch im Flug die Wurst. Die Kinder johlten und lachten.
    Rudi war ganz stolz. Er blickte den Kapitän an und rief: „War daß nicht ein ßöner ßprung, Käpten ßniederß?“
    „Ein ganz bannig schöner Sprung sogar, Moses, chotz verdoli. Was meinst du, Bürgermeister?“
    „Jaja, ganz vortrefflich“, stimmte der zu, obwohl er nicht genau wußte, ob Hunde einfach so durch Schulfenster springen durften. Er muß im Laufe des Vormittags noch andere Dinge erleben, die auch nicht in jeder Schule üblich sind. Daß zum Beispiel ein Schüler dem Lehrer die Pfeife stopft und anraucht, schien ihm einmalig an deutschen Schulen. Und daß der Bengel das so gut konnte und also offensichtlich Übung darin hatte, verursachte ihm ein heftiges Kribbeln auf der Haut. Die Kinder aber und auch der Lehrer fanden nichts dabei. Darum beschloß der Bürgermeister still für sich, auch nichts dabei zu finden. Er setzte sich wieder auf die umgestülpte Kiste und wartete auf die Erdkundestunde. Die Schüler freuten sich schon.
    Er sah, wie sie es sich bequem machten, den Kopf auf die Hände stützten oder auch auf die Arme legten und die Kleinen sich auf Margarinekartons niederließen, den Hund und die Schildkröte neben sich.
    Hinnerk Beiderbeck beugte sich aus der Bank und ermahnte Ingrid Böttcher, ja ganz still zu sein bei der Geschichte und nicht mit dem Hund zu spielen. Ingrid machte ein artiges Gesicht und schob ihren dicken Bonbon von einer Backenseite auf die andere. Johann Furken legte seinen Arm um den Hals des Hundes und flüsterte ihm ins Ohr: „ßön die ßnautße halten, Lott, hörßt du? ßonßt macht Johann patßi patßi Popo.“
    Damit waren die Vorbereitungen abgeschlossen.
    Die Zwillinge brauchte niemand zu ermahnen, sie waren stillschweigend damit beschäftigt, zwei riesige Mettwurstbrote zu essen. Es bestand bei ihnen auch nicht die Gefahr, daß sie den Hund fütterten, bevor ihr eigener Bauch kurz vor dem Platzen war. Und der hatte ein erstaunliches Fassungsvermögen. Von daher war also keine Störung zu erwarten.
    Käpten Snieders paffte nachdenklich eine Handvoll dicker Qualmwolken gegen die Decke und begann.
     

Die Pest geht um
     
    „Lotts Fenstersprung eben erinnert mich an eine Seereise, wie man sie in zehn Jahren nur

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