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Käptn Snieders groß in Fahrt

Käptn Snieders groß in Fahrt

Titel: Käptn Snieders groß in Fahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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fing das große Sterben an, kann ich euch sagen. Der Zweite Steuermann, der Smutje, der Heuerbaas und Johnny und Willy und Paul und Ernst, sie starben wie die Fliegen. Und ich, ich spürte auch schon in allen Gelenken, daß ich ein Opfer der tückischen Krankheit werden würde. Ich kriegte Magenkneifen und Ohrensausen und hohes Fieber, so vierzig bis fünfundvierzig Grad. Zusammen mit der Sonnenhitze war das eine Temperatur von über achtzig Grad im Schatten.“
    „Oh“, rief Joachim Pinkel, „bist du damals auch gestorben?“
    „Ja“, sagte Lutz Lehmann, „und seitdem fliegt er als Albatros immer rund um Helgoland.“
    „Beinah, mein Junge, beinahe wäre ich damals auch gestorben“, fuhr der Kapitän fort. „Aber zum Glück erinnerte ich mich an die sieben Zentner Niespulver, die ich seit dem Abenteuer mit dem Ebbe- und Flutuntier immer mitnehmen ließ. Ich nahm einen großen Eßlöffel voll von dem weißen Zeugs mit ’nem Schluck Rum und drei Kaffeebohnen. Das mahlte ich im Mund alles schön durcheinander und schluckte es dann plötzlich so rasch hinunter, daß die Krankheit sich nicht darauf vorbereiten konnte. Was soll ich sagen, die Wirkung war verblüffend. Mein Magen drehte sich achtzehnmal um sich selbst und hämmerte dabei wie irrsinnig auf jemanden ein, mit dem er sich nicht gut verstand. Und dann sauste etwas Schwarzes aus meinem Mund, flog über Bord und verschwand. Das war die Pest. Als die ’raus war, nieste mein Magen noch ein paarmal, aber dann hatte ich Ruhe.
    Natürlich nahmen nun alle, die an Bord noch lebten, die Wundermedizin ein und wurden gesund. Wir guckten auf den Kompaß und stellten fest, daß wir kein Fieber mehr hatten. Das war ein Grund zum Feiern. Darum zapften wir ein frisches Rumfaß an und machten uns einige vergnügte Stunden.
    Mit den Westwinden kamen wir nach weiteren hundert Tagen glücklich in Australien an. Die Känguruhs fielen uns vor Freude um den Hals, mit allen vier Beinen, als sie die vielen rostfreien Reißverschlüsse sahen, und die Schneiderinnen von Sydney machten sich sofort an das Einnähen.
    Bevor wir ablegten, trieben wir noch rasch hundertvierzehn Doppelzentner Kaninchen an Bord, alles Blaue Wiener und Rote Kölner. Die waren für den Frankfurter Zoo bestimmt. Bis nach Bremen würden sie sich mindestens verdreifacht haben. Tja, und dann stachen wir wieder in See.“
    „Mit ßo ganß lange ßtangen, nich, ßum Abßtoßen?“
    „O nee, Moses, abstoßen kann man sich da nicht, bei Australien ist das Meer fünftausend Meter tief.“
    Als der Kapitän mit seiner Geschichte so weit gekommen war, hatten die kleinen Zwillinge den letzten Bissen ihrer Riesenstullen aufgegessen und fingen an, sich zu räkeln und um sich zu blicken. Die andern Kinder kannten das. Wenn nicht die ganze schöne Erdkundestunde verdorben werden sollte, half nur zweierlei. Entweder man gab den beiden noch rasch etwas zu essen, oder man schickte sie hinaus auf den Schulhof. Mit einem größeren Jungen als Aufsicht, versteht sich. Um dieser Aufgabe zu entgehen, opferte Hinnerk Beiderbeck schweren Herzens sein Schinkenbrot und Marichen Buttjer eine Scheibe mit Leberkäse. Die Schnitten in ihrer Faust machten die Zwillinge sofort wieder zu den aufmerksamsten Zuhörern.
    Käpten Snieders konnte fortfahren.
    „Wir waren nun alles in allem zweihundertneunundzwanzig Tage, siebzehn Stunden und dreiundzwanzig Minuten unterwegs“, erzählte er. „Die Kaninchen an Bord vermehrten sich lustig. Schließlich wurden sie so viele, daß wir fürchteten, das Schiff könnte untergehen. An eine Zuladung von Vanille war nicht mehr zu denken. Während wir noch darüber nachdachten, was zu tun wäre, schlief der Wind ein. Das war eine schöne Bescherung! Wir lagen fest und würden todsicher sinken, wenn wir nicht irgendwie mit den Kaninchen fertig würden. Die Tiere trugen sich schon gegenseitig auf den Schultern, weil auf den Schiffsplanken kein Platz mehr war.
    Tja, eine ganz verdeubelte Situation war das!
    In letzter Minute jedoch wußte der Erste Steuermann einen Ausweg. Wir müssen die Kaninchen als Zugtiere vor das Schiff binden, schlug er vor. Dann haben wir Platz an Bord und kommen voran. Eine ausgezeichnete Idee!
    Wir banden drei dicke Rüben an das Bugspriet und vierhundert Kaninchen dahinter. Junge, Junge, die zogen aber los, um die Rüben zu kriegen! Ich wußte vorher gar nicht, daß Kaninchen so gute Schwimmer sind. Wir sausten dahin mit einer Geschwindigkeit von siebenundneunzig Knoten, und

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