Kaeufliche Liebe Band 2
zitiert der Engel.
„Wasn das fürn Quatsch?“, knurre ich, jetzt langsam ankommend.
„Das“, der Engel grinst, „ist Shakespeare.“
„Aha“, brumme ich, „ist das ne Seifensorte?“
Romeo lacht lauthals. Der Raum wird hell, die Sonne greift durch das schmutzige Fenster und bescheint nur ihn, wie einen Schauspieler, auf den ein Spot fällt. Mein Herz pumpt und ich fühle eine Regung im Magen, die an Übelkeit erinnert, aber ungleich schöner ist. Romeo gluckst und streicht mir das Haar zurück.
„Steh auf“, sagt er, „der Kaffee ist fertig.“
Stimmt. Ich muss aufstehen, Mörder fangen. Für ihn, für alle anderen, damit die Menschheit wieder sicher ist. Voller Tatendrang stemme ich mich hoch, springe auf, mache einen Schritt und stolpere über die Jogginghose, die noch immer auf meinen Knöcheln hängt. Der Teppich dämpft den Sturz, weh tut es trotzdem.
„Verdammte Scheiße“, fluche ich und krieche auf allen Vieren weiter, bis ich die Enge zwischen Couchtisch und Sofa hinter mir gelassen habe. Mich aufrichtend registriere ich die Morgenlatte, die provozierend vor meinem Bauch wippt.
„Romeo?“
„Ja?“, er erscheint im Türrahmen, erfasst die Situation und sinkt vor mir auf die Knie.
„Dein Frühstück“, sage ich und greife in seine Locken.
Der Kaffee danach tut gut. Wohlig entspannt lümmele ich auf einem Stuhl und beobachte den Engel, der zwischen Herd und Kühlschrank inzwischen eine Furche in die Fliesen gelaufen hat, so oft, wie er hin- und herrennt. Es riecht nach gebratenem Speck und Eiern, Toast und Kaffee. Wann hat es in meiner Küche das letzte Mal so gut geduftet? Ich weiß es nicht mehr.
„Du musst mehr auf deine Ernährung achten“, sagt Romeo, während er zwei Teller auf den Tisch stellt.
Ich schnappe mir den Kerl und ziehe ihn auf meinen Schoss. Ihn mit einem Arm umschlingend streiche ich mit den Fingerspitzen sanft über seine Wange. Romeo schließt die Augen und hält den Atem an. Er bleibt stocksteif sitzen und es hat den Anschein, als wenn er jeden Moment damit rechnet, dass ich ihn fortstoße.
„Was ist mit dir los?“, erkundige ich mich leise.
„Du – streichelst mich“, flüstert der Engel.
„Ja“, ich fahre mit den Fingern über seine Lippen, das Kinn und die Kehle, wandere über seine Brust. „Schön?“
„Es ist ewig her“, raunt Romeo, wobei sich seine Züge sehnsüchtig verziehen.
Nur langsam sickert die Bedeutung seiner Worte in mein Bewusstsein. Klar, er ist ein Callboy. Dennoch, er muss doch einen Lover haben, so attraktiv wie er aussieht.
„Willst du damit sagen, du hast keinen Freund? Ich meine, einen Liebhaber oder so?“, frage ich ungläubig.
Romeo schüttelt den Kopf, er öffnet die Augen.
„Nein. Ich bin gut gebucht und – ehrlich gesagt – habe ich dann meist genug vom Sex. Ich bin solo, wenn das deine Frage beantwortet.“
„Wie lange schon?“, bohre ich neugierig.
„Drei Jahre? Ich weiß es nicht, ewig“, flüstert er.
Ich schaue in seine schönen blauen Augen, dann gleitet mein Blick zu seinem Mund. Der Wunsch ihn zu küssen kommt plötzlich. Ich beuge mich langsam vor, nähere mich seinen Lippen und kann sie schon fast fühlen, als er sich abrupt aus meiner Umarmung befreit und aufspringt.
„Nein, das will ich nicht“, sagt er mit rauer Stimme.
Die Zurückweisung schmerzt, verstehen kann ich sie auch nicht. Ich wollte doch nur einen Kuss. Mühsam zwinge ich ein Lächeln auf mein Gesicht.
„Okay, tut mir leid“, ich gucke rüber zur Pfanne. „Ist das Frühstück fertig?“
***
Ich setze Romeo an der Uni ab. Aus irgendeinem Grund habe ich ihm einen Haustürschlüssel überlassen, damit er ein paar Tage bei mir bleiben kann bis ich den Mörder gefasst habe. Ich will ihn in Sicherheit wissen, sage ich mir, aber mein Herz flüstert mir etwas anderes zu. Romeo gefällt mir, er rührt in mir etwas an, das ich tot geglaubt hatte. Nach meiner letzten Beziehung und deren schmerzhaftem Ende wollte ich nie wieder einem Menschen vertrauen. Jetzt regt sich das zarte Pflänzchen Hoffnung in mir, es hat sein Köpfchen durch die verbrannte Erde gereckt und will wachsen.
Auf dem Revier erwartet mich Walter aufgeregt in meinem Büro. Er sitzt auf dem Besucherstuhl, den Autopsiebericht auf den Knien.
„Jason, stell dir vor: alle Verstümmelungen sind dem Opfer vor seinem Tode zugefügt worden“, sagt er entsetzt.
„Klar“, brumme ich, wobei ich um den Schreibtisch herumgehe und mich in den Sessel plumpsen
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