Kaeufliche Liebe Band 2
lasse.
Ich fixiere Walter, der mich aus weit aufgerissenen Augen anguckt, während ich einen Schluck von der dunklen Plörre aus dem Pappbecher trinke. Kein Vergleich zu Romeos Kaffee, stelle ich fest.
„Wenn ich sauer bin auf dich, würde ich dir doch auch bei lebendigem Leib die Zunge rausschneiden“, erkläre ich meinem Kollegen.
Walter wird blass.
„WALTER, rein rhetorisch natürlich“, knurre ich genervt.
„Klar, Jason, klar“, stammelt mein naiver Kollege.
„Gut, können wir jetzt nochmal auf diesen Kerl zurückkommen, der unter dem Opfer wohnt?“, frage ich freundlich.
„Klar, Jason, klar“, Walter nickt eifrig.
„Dann fahren wir mal hin, zu diesem“, ich gucke auf den Monitor, den ich inzwischen angeschaltet habe, „diesem Christopher Kaufmann.“
„Klar, Jason…“, setzt mein Kollege an, verstummt aber, als er meinen bösen Blick auffängt.
Der schmucklose Backsteinbau sieht immer noch genauso trist aus wie gestern. Ich parke den Wagen am Bordsteinrand und schwinge mich vom Sitz, während Walter noch rasch den halben Donut in den Mund schiebt, der vom Vortag noch auf dem Armaturenbrett gelegen hatte.
„Lecker“, nuschelt mein Kollege.
„Ich hoffe es stört dich nicht, dass ich das Ding in einer Pfütze auf dem Parkplatz vorm Supermarkt gefunden habe“, kann ich mir nicht verkneifen ihn aufzuziehen.
Walter schluckt und grinst mich an. Manchmal merkt sogar er, dass ich Spaß mache.
Herr Kaufmann öffnet, nachdem ich mehrfach an der Tür geläutet habe. Okay, es ist erst zehn Uhr morgens, aber doch kein Grund noch im Bademantel herumzulaufen.
„Kommissar Brecheisen, und dies hier ist mein Kollege Schumacher. Wir haben noch ein paar Fragen an Sie“, erkläre ich, während ich meine Dienstmarke vor die Nase des Blonden halte.
Jetzt, im grellen Morgenlicht, ist das Blond seiner Haare dunkler als gestern. Dunkelblaue Augen, in denen ich mich verlieren könnte, gucken mich misstrauisch an. Der Knabe verstellt uns den Weg, unabsichtlich?
„Es passt gerade gar nicht“, sagt er mit einer Stimme, die mir eine Gänsehaut über den Rücken treibt.
Kratzig klingt sie, und der Kerl sieht aus, als hätte er gerade geweint oder sich aufgeregt. Seine Haut ist gerötet und der Blick flackert unruhig. Unter dem kurzen Bademantel kann ich seine kräftigen, wohlgeformten Beine sehen. Ein hübscher Mann, doch kein Vergleich zu Romeo.
„Gut. Würden Sie sich dann bitte später auf dem Revier einfinden?“, frage ich freundlich, um den Kerl nicht zu beunruhigen.
„Ja, das könnte gehen“, murmelt Kaufmann.
„Gut“, schaltet sich Walter ein. „Bitte kommen Sie um zwölf Uhr. Die Adresse haben Sie ja.“
Chris Kaufmann nickt und schließt schnell die Tür. Merkwürdiger Knabe.
„Was denkst du?“, frage ich meinen Kollegen, als wir das Treppenhaus verlassen und auf den Wagen zugehen.
Ist da ein Schatten, der hinter dem Fahrzeug verschwindet? Ich reibe mir über die Augen und gucke nochmal hin. Nichts.
„Der Typ weiß was“, meint Walter überzeugt.
„Hm“, mache ich und schwinge mich hinters Lenkrad.
Irgendwas ist hier komisch. Dieser Kaufmann – ich werde ihn ausquetschen. Als ich den Motor starte, gucke ich in den Rückspiegel.
„Was zum Teufel…?“, flüstere ich und starre auf die Gestalt, die sich hinter dem Wagen aufgebaut hat.
Der Kerl hat den Hut tief ins Gesicht gezogen, so dass ich nur das hämische Grinsen sehen kann, zu dem seine Lippen verzerrt sind. Bevor ich Walter auf den Mann aufmerksam machen kann, ist dieser spurlos verschwunden. Ich starre noch eine Weile in den Spiegel, während mein Kollege genüsslich schmatzend die Reste meiner Leberwurststulle von vorgestern verdrückt.
„Was ist?“, fragt Walter, wobei er sich die Finger ableckt.
„Nichts“, murmele ich, gucke zur Seite und lenke den Wagen auf die Straße.
Ich fahre zurück zum Revier, wo ich mir die Zeit bis zu Kaufmanns Eintreffen mit dem Autopsiebericht vertreibe. Die Details – ich werde sie dem zartbesaiteten Leser lieber vorenthalten. Nur so viel sei gesagt: ich möchte nicht mit dem Opfer tauschen. Ich meine, ich möchte nicht nur NICHT tot sein, sondern auch davor nicht in seiner Haut gesteckt haben. Buah! In seiner Haut gesteckt, oh ne, mich überläuft ein Ekelschauer. Würde mich nicht wundern, wenn dem armen Kerl vor dem Entfernen der Fingerspitzen auch noch die Fingernägel – nein, jetzt reicht‘s.
Ich stelle mein Kopfkino aus, es wird selbst mir zu brutal. Die Mappe
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