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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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selten. Und wenn Nakata nun gar nicht mehr aufwachte? »Ich geb’s auf«, sagte er kopfschüttelnd.
     
    Doch als der junge Mann am nächsten Morgen um sieben aufwachte, war Nakata bereits aufgestanden und schaute aus dem Fenster.
    »Na, mein Lieber, endlich ausgeschlafen?«, sagte Hoshino erleichtert.
    »Jawohl. Gerade aufgewacht. Nakata hat scheint’s sehr lange geschlafen, weiß nicht, wie lange, fühlt sich aber wie neugeboren.«
    » Sehr lange ist ja wohl leicht untertrieben. Seit vorgestern um neun hast du durchgeschlafen. Vierunddreißig Stunden ununterbrochen gepennt. Das reinste Schneewittchen.«
    »Jawohl. Nakata hat Hunger.«
    »Kein Wunder. Du hast seit fast zwei Tagen nichts gegessen.«
    Die beiden gingen hinunter in den Speisesaal, um zu frühstücken. Nakata vertilgte solche Mengen, dass die Wirtin nur staunen konnte.
    »Er schläft gut, aber wenn er mal wach ist, isst er auch gut. Sie essen wohl für zwei Tage, was?«, sagte sie.
    »Jawohl. Nakata muss tüchtig essen.«
    »Sie sind sehr robust, nicht wahr?«
    »Jawohl. Nakata kann nicht lesen, aber er hat nie Zahnweh und braucht auch keine Brille. Muss nie zum Arzt. Keinen steifen Hals, und jeden Morgen macht er ordentlich Groß.«
    »Beneidenswert«, sagte die Wirtin beeindruckt. »Was werden Sie denn heute unternehmen?«
    »Nach Westen fahren«, erklärte Nakata entschlossen.
    »Aha, nach Westen«, sagte sie. »Westlich von hier liegt Takamatsu.«
    »Nakata ist dumm, mit Orten kennt er sich nicht aus.«
    »Auf alle Fälle fahren wir mal nach Takamatsu«, sagte Hoshino.
    »Über alles Weitere können wir später nachdenken.«
    »Sie scheinen ja eine recht ungewöhnliche Reise zu machen«, sagte die Wirtin.
    »Da haben Sie ein wahres Wort gesprochen«, sagte Hoshino.
     
    Wieder im Zimmer, ging Nakata sofort auf die Toilette. Hoshino legte sich bäuchlings auf die Tatami und sah sich die Nachrichten im Fernsehen an. Die Neuigkeiten waren nicht von Bedeutung. Die Nachforschungen im Fall des ermordeten berühmten Bildhauers in Nakano kamen nicht voran. Weder gab es Zeugen noch irgendwelche Indizien, und der Täter hatte auch keine Spuren hinterlassen. Die Polizei suchte nach dem fünfzehnjährigen Sohn des Bildhauers, über dessen Verbleib seit kurz vor der Tat nichts bekannt war.
    »Ts, wieder mal ein Fünfzehnjähriger«, dachte Hoshino. Warum wohl in letzter Zeit so viele fünfzehnjährige Jungen brutale Verbrechen begingen? Auch er hatte mit fünfzehn ein geparktes Motorrad geklaut und war ohne Führerschein durch die Gegend gefahren. Deshalb sollte er eigentlich lieber den Mund halten, statt andere zu kritisieren. Andererseits war es natürlich ein Unterschied, ob man sich ein Motorrad borgte oder seinen Vater erstach.
    Aber wahrscheinlich war es auch nur Glückssache, dass ich meinen Alten nicht irgendwann erstochen habe, dachte er. Oft genug durchgeprügelt hat er mich ja.
    Die Nachrichten waren gerade zu Ende, als Nakata von der Toilette kam.
    »Darf ich Sie etwas fragen, Herr Hoshino?«
    »Was denn?«
    »Tut Ihnen manchmal das Kreuz weh?«
    »Ja, schon, wenn ich lange gefahren bin. Ein Fernfahrer ohne Kreuzschmerzen ist ein schlechter Fernfahrer. Genau wie ein Werfer, dem nicht ab und zu die Schulter wehtut«, sagte Hoshino. »Warum willst du das plötzlich wissen?«
    »Ihr Rücken sieht so aus.«
    »Aha.«
    »Darf Nakata mal anfassen?«
    »Na gut.«
    Nakata setzte sich rittlings auf das Hinterteil des jungen Mannes, legte beide Hände auf eine Stelle etwas oberhalb seines Lendenwirbels und ließ sie dort. Hoshino schaute sich unterdessen im Fernsehen ein Promi-Magazin an. Es ging um eine berühmte Schauspielerin, die mit einem nicht ganz so berühmten jungen Schriftsteller verlobt war. Eigentlich interessierten ihn solche Geschichten nicht, aber da es nichts anderes gab, sah er sich die Sendung eben an. Das Einkommen der Schauspielerin war über zehnmal so hoch wie das des Schriftstellers. Außerdem sah er nicht sonderlich gut aus und wirkte auch nicht gerade intelligent. Hoshino wunderte sich.
    »So was kann doch nicht gut gehen. Die haben doch nicht alle Tassen im Schrank!«
    »Herr Hoshino, Ihr Rücken ist ein bisschen krumm.«
    »Ich hab lange ein krummes Leben geführt. Das kommt davon«, sagte Hoshino gähnend.
    »Wenn Sie es so lassen, kann’s schlimm werden.«
    »Aha.«
    »Sie kriegen Kopfweh, Hexenschuss und können nicht mehr richtig Groß machen.«
    »Hm, blöd.«
    »Darf Nakata was machen, das ein bisschen wehtut?«
    »Macht mir

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