Kafka am Strand
Penis, wie um den Schmerz zu lindern. Einmal kommst du in ihrem Mund. Sie schluckt deinen Samen wie etwas Kostbares. Du küsst ihre Vagina. Mit deiner Zungenspitze berührst du sie überall. Du wirst dort zu jemand anderem und zu etwas anderem. Du bist an einem anderen Ort.
»In mir ist nichts, von dem du wissen müsstest«, sagt sie. Bis zum Montagmorgen haltet ihr euch umfangen und lauscht dem Rauschen der verstreichenden Zeit.
34
Die riesigen Gewitterwolken zogen träge über die Stadt hinweg, die Blitze, die in rascher Folge über den Himmel gezuckt waren, als wollten sie jeden Winkel nach einer verlorenen Moral ausleuchten, ließen nach, und bald waren auch die letzten von Osten kommenden schwachen Unmutstöne verklungen. Gleichzeitig versiegte der heftige Regen. Eine unnatürliche Ruhe trat ein. Hoshino stand vom Boden auf, öffnete das Fenster und ließ frische Luft ins Zimmer. Die schwarzen Wolken waren verschwunden, und ein dünner heller Schleier überzog wieder den Himmel. Alle Gebäude trieften vor Nässe, und die Risse, die durch ihre Mauern liefen, hoben sich dunkel davon ab wie die Venen auf der Haut alter Leute. Von den Stromleitungen tropfte es, und der ganze Boden war voller frischer Pfützen. Die Vögel, die vor dem Gewitterregen geflüchtet waren, kamen hervor und suchten zwitschernd nach Regenwürmern.
Hoshino drehte mehrmals den Kopf hin und her, überprüfte den Zustand seiner Knochen und streckte sich ausgiebig. Er setzte sich ans Fenster, warf einen Blick auf die regennasse Aussicht, nahm seine Marlboros aus der Tasche und zündete sich mit dem Feuerzeug eine an.
»Ich muss schon sagen, Nakata, da haben wir jetzt den schweren Stein mit aller Kraft umgedreht und den Eingang geöffnet, aber was Weltbewegendes ist nicht passiert. Weder ein Frosch noch ein Dämon oder sonst was Merkwürdiges ist herausgekommen. Nichts ist passiert. Es hat mächtig gekracht, aber nach dem ganzen Aufwand hätte ich mir schon etwas mehr erwartet.«
Es kam keine Antwort. Als er sich umwandte, war Nakata, der vor kurzem noch aufrecht gesessen hatte, zusammengesunken, stützte sich mit beiden Händen am Boden ab und hatte die Augen geschlossen. Er sah aus wie ein todkrankes Insekt.
»Was ist? Geht’s dir nicht gut?«, fragte Hoshino.
»Verzeihung, Nakata ist sehr müde. Er fühlt sich nicht gut. Wenn’s geht, möchte er sich hinlegen und etwas schlafen.«
Tatsächlich war Nakatas Gesicht kalkweiß, als wäre alles Blut daraus gewichen. Seine Augen waren eingesunken, und seine Finger zitterten leicht. In den letzten Stunden schien er stark gealtert zu sein.
»Klar. Ich breite dir gleich den Futon aus, und du legst dich hin. Du kannst schlafen, solange du willst«, sagte Hoshino. »Aber ist denn alles in Ordnung? Hast du Bauchschmerzen, ist dir übel, hast du Ohrensausen, willst du aufs Klo oder irgendwas? Soll ich einen Arzt rufen? Bist du krankenversichert?«
»Ja, der Herr Gouverneur hat mir eine Versicherung gegeben. Ich hebe sie ordentlich in meiner Tasche auf.«
»Schon gut. Weißt du, Nakata, es klingt vielleicht im Augenblick kleinlich, aber die Krankenversicherung kriegt man nicht vorn Gouverneur. Das ist eine staatliche Krankenversicherung, die man von der japanischen Regierung bekommt. Wahrscheinlich. Genau weiß ich’s auch nicht. Der Gouverneur kümmert sich nicht um alles. Vergiss doch mal eine Weile den Gouverneur«, sagte Hoshino, während er einen Futon aus dem Wandschrank holte und ausbreitete.
»Jawohl. Verstanden. Die Krankenversicherung ist nicht vom Gouverneur. Gouverneur eine Weile vergessen. Aber, Herr Hoshino, Nakata braucht keinen Arzt. Wenn er sich hinlegt und tüchtig schläft, wird vielleicht alles wieder gut.«
»Mensch, Nakata, kann es sein, dass du wieder so lange schläfst wie vor kurzem? Sechsunddreißig Stunden oder so?«
»Verzeihung, Nakata weiß das nicht. Er kann nicht planen und dann bestimmen, wie lange er schläft.«
»Schon klar«, sagte der junge Mann. »Nach Programm kann man nicht schlafen. Ist schon gut. Schlaf einfach, solange du willst. Es war ja auch ein anstrengender Tag. Es hat gedonnert wie verrückt, und du hast mit dem Stein gesprochen. Und irgendeinen Eingang geöffnet. So was passiert nicht alle Tage. Du hast deinen Kopf gebraucht und musst müde sein. Nimm auf keinen Rücksicht und schlaf dich richtig aus. Um alles andere kümmert sich der alte Hoshino. Du kannst ganz beruhigt schlafen.«
»Danke bestens, Herr Hoshino. Nakata macht so viel
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