Kafka am Strand
Südsee, die unablässig auf den Horizont starren. Für die Konversation ist in erster Linie seine Frau zuständig, während er sich auf zustimmende Laute beschränkt. Ansonsten nickt er, zeigt sich beeindruckt oder brummt hin und wieder ein paar unverständliche Wortfetzen. Die Kleidung der beiden – wasserabweisende Westen mit unzähligen Taschen, robuste Bergschuhe und Wanderhüte – scheint eher für eine Bergbesteigung geeignet als für den Besuch einer Bibliothek. Vermutlich ist das nicht ihre übliche Garderobe, sondern eine Art Reise-Outfit. Sie scheinen recht nette Leute zu sein. Ich wünsche sie mir nicht unbedingt als Eltern, aber durch ihre Anwesenheit bin ich nicht allein und fühle mich nicht so unsicher.
Als Erstes erklärt Frau Saeki, wie die Komura-Gedächtnisbibliothek entstanden ist, was inhaltlich in etwa dem entspricht, was Oshima mir schon erzählt hat. Die Bibliothek wurde mit dem Ziel gegründet, die von verschiedenen Generationen der Familie gesammelten Werke – Primär- sowie Sekundärliteratur – und Kalligrafien der Allgemeinheit zugänglich zu machen und damit einen Beitrag zur Förderung der regionalen Kultur zu leisten. Mit dem Vermögen der Familie Komura wurde eine Stiftung ins Leben gerufen, die die Verwaltung der Bibliothek übernahm. Gelegentlich finden in ihr auch öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge und Hauskonzerte statt. Das Gebäude war ursprünglich Anfang der Meiji-Zeit als Bibliothek und separates Gästehaus konzipiert worden, wurde in der Taisho-Zeit jedoch vergrößert und umgestaltet. Man fügte ein Stockwerk hinzu und gestaltete die Wohnräume für die Künstler komfortabler. Von der Taisho-Zeit bis in die Anfänge der Showa-Zeit hatten sich zahlreiche Berühmtheiten im Hause Komura aufgehalten. Zum Dank für die erwiesene Gastfreundschaft hatten Dichter und Schriftsteller Tanka, Haiku und Kalligrafien und die Maler Bilder zurückgelassen. »Im Ausstellungsraum im ersten Stock ist ein bedeutendes Stück kostbaren kulturellen Erbes zu besichtigen«, erklärt Frau Saeki. »In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg waren es nicht die Provinzregierungen, sondern in der Hauptsache reiche Familien wie die Komuras, die aus Liebhaberei wertvolle regionale Kulturgüter zusammentrugen. Im Grunde hatten sie die Rolle von Kulturmäzenen inne. Die Präfektur Kagawa hat eine große Zahl ausgezeichneter Dichter hervorgebracht, nicht zuletzt auch deswegen, weil mehrere Generationen der Familie Komura seit der Meiji-Zeit ihr Herzblut in die Gründung und Erhaltung anspruchsvoller künstlerischer Zirkel haben fließen lassen. Über die Entstehung dieser hochinteressanten kulturellen Zirkel und ihre Entwicklung werden bis heute zahlreiche Studien und Essays veröffentlicht. Diese Schriften werden im Lesesaal aufbewahrt. Wenn Sie möchten, können Sie sie sich anschauen. Die letzten Generationen der Familie Komura verfügten über tiefes literarisches Verständnis und einen ausgezeichneten Kennerblick. Vielleicht liegt ihnen das im Blut. Sie vermochten Originale von Fälschungen zu unterscheiden, förderten wirklich nur exzellente, authentische Kunst und konnten auf diese Weise das anspruchsvolle Niveau der Sammlung halten. Aber wie Sie wissen, ist niemand auf dieser Welt vollkommen. Leider trog ihr Blick sie bisweilen, und es gab hervorragende Dichter, die nicht die Behandlung genossen, die ihnen zugestanden hätte. So scheint zum Beispiel leider alles, was in Beziehung zu dem Haiku-Dichter Taneda Santoka stand, auf dem Abfall gelandet zu sein. Dem Gästebuch zufolge hat Santoka mehrmals hier gewohnt und auch Gedichte und Schriften hinterlassen, aber für den Hausherrn war er nichts als ein ›großmäuliger Bettelmönch‹. Er nahm Taneda Santoka nicht für voll und warf die meisten seiner Werke fort.«
»Was für eine Verschwendung«, sagt die Frau aus Osaka ehrlich betrübt. »Santokas Werke wären heute bestimmt sehr wertvoll, wenn sie noch erhalten wären.«
Frau Saeki lächelt freundlich. »Vielleicht lag es daran, dass Santoka damals noch völlig unbekannt war. Im Nachhinein weiß man immer alles besser.«
»Wie wahr, wie wahr«, pflichtet der Ehemann ihr bei.
Dann führt Frau Saeki uns durch das Erdgeschoss, in dem sich die Bibliothek, der Lesesaal und das Depot für wertvolle Schriften befinden.
»Der damalige Hausherr hat beim Bau der Bibliothek den verfeinerten Stil eines Literaten-Teehauses von Kyoto vermieden und einen rustikaleren gewählt. Doch wie Sie sehen,
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