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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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schlechter Mensch aus, und das Talent, jemanden zu betrügen, traute man ihm auch nicht zu. Sie gab ihm sein Tageshonorar in einem Umschlag und füllte ihm etwas von dem Reisgericht und den Süßkartoffeln, die sie gerade gekocht hatte, in Tupper-Behälter ab.
    Nakata nahm die Tupperware mit einer Verbeugung entgegen und bedankte sich, nachdem er kurz daran geschnuppert hatte.
    »Vielen Dank. Nakata mag Süßkartoffeln.«
    »Lassen Sie sie sich schmecken«, sagte Frau Koizumi.
     
    Während der Woche, in der Nakata das Gelände beobachtete, begegnete er einer Menge Katzen. Auch der getigerte Kawamura kam mehrmals täglich vorbei, setzte sich zu ihm und sprach ihn zutraulich an. Nakata begrüßte ihn und redete über das Wetter oder über seine Unterstützung von der Stadt. Doch das, was Kawamura sagte, blieb ihm weiter unverständlich.
    »Erschrockene Ziegel auf Gehweg sind Problem«, sagte Kawamura. Er schien Nakata unbedingt etwas mitteilen zu wollen, aber der verstand ihn partout nicht. »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte er offen.
    Kawamura machte ein betrübtes Gesicht und sagte (vielleicht) das Gleiche noch einmal mit anderen Worten. »Schrei von gefesselten Dachziegeln.«
    Doch es wurde nur immer unverständlicher.
    Wenn doch nur Mimi hier wäre, dachte Nakata. Sie würde Kawamura ein paar Backpfeifen verpassen und ihn sicher verstehen. Dann würde sie für Nakata den Inhalt zusammenfassen und übersetzen. Sie war eine so kluge Katze. Aber Mimi war nicht da. Sie hatte beschlossen, den Platz zu meiden, denn sie verabscheute es, sich von anderen Katzen Flöhe einzufangen. Nachdem Kawamura eine Weile sein Kauderwelsch von sich gegeben hatte, machte er sich mit gut gelauntem Lächeln wieder davon. Auch andere Katzen kamen und gingen. Anfangs waren sie auf der Hut und beäugten Nakata misstrauisch aus der Ferne. Aber als ihnen klar wurde, dass er nur ruhig dort saß und nichts tat, hatten sie wohl beschlossen, sich nicht an ihm zu stören. Nakata sprach sie auf seine übliche liebenswürdige Art an. Er grüßte und stellte sich vor. Doch die meisten ignorierten ihn. Sie gaben nicht einmal eine Antwort und taten, als sähen und hörten sie nichts. Die Katzen vom Bauplatz vermochten sich ausgezeichnet zu verstellen. Nakata vermutete, dass sie bisher ziemlich schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hatten. Aufdrängen wollte er sich ihnen jedenfalls nicht. Immerhin war er in der Gesellschaft der Katzen ein Außenstehender, und es stand ihm nicht zu, etwas zu fordern.
    Ein schwarz-weißer Kater war jedoch neugierig und erwiderte Nakatas arglosen Gruß.
    »Oh, Sie können sprechen«, sagte der Schwarzweiße mit den ausgefransten Ohren ein bisschen verdutzt, nachdem er sich kurz umgesehen hatte. Er sprach unverblümt und schien einen aufrechten Charakter zu haben.
    »Ja, ein bisschen«, sagte Nakata.
    »Aber doch ziemlich gut«, sagte der Schwarzweiße.
    »Nakata der Name«, stellte Nakata sich vor.
    »Aha«, sagte der Schwarzweiße knapp.
    »Dürfte Nakata Sie vielleicht Okawa nennen?«
    »Nennen Sie mich, wie Sie wollen.«
    »Also dann, Herr Okawa«, sagte Nakata. »Nehmen Sie doch zur Feier unserer Bekanntschaft ein paar getrocknete Sardinen.«
    »Gern, getrocknete Sardinen sind meine Leibspeise.«
    Nakata holte in Zellophan eingewickelte getrocknete Sardinen aus seinem Beutel und gab sie Okawa. Nakata hielt immer ein paar getrocknete Sardinen in seinem Beutel bereit. Okawa schmatzte mit sichtlichem Behagen. Nachdem er die Sardinen ganz verspeist hatte, putzte er sich.
    »Ah, danke, sehr verbunden«, sagte Okawa. »Soll ich Ihnen vielleicht auch ein wenig das Fell lecken?«
    »Nein, sehr freundlich, dass Sie es anbieten, aber im Augenblick ist es nicht nötig. Vielen Dank. Aber Nakata hätte eine andere Bitte. Er sucht eine Katze. Sie ist schwarz-weiß-braun gefleckt und heißt Goma.«
    Nakata holte das Farbfoto von Goma aus seinem Beutel und zeigte es Okawa. »Sie soll hier auf dem Gelände gesehen worden sein. Deshalb sitzt Nakata schon ein paar Tage hier und wartet auf Goma. Haben Sie sie vielleicht gesehen?«
    Okawa nahm das Foto genau in Augenschein, dann machte er ein ablehnendes, düsteres Gesicht. Er runzelte die Stirn und blinzelte ein paar Mal.
    »Ich bin Ihnen wegen der Sardinen zu Dank verpflichtet und will Sie nicht belügen. Aber reden Sie mit keinem darüber. Das wäre riskant.«
    »Riskant?«, fragte Nakata verdutzt.
    »Höchst gefährlich. Tödlich. Entschuldigen Sie, aber am besten

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