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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ein Gouverneur einen solchen großen Kampfhund besaß. Wenn das so war, steckte er in der Klemme.
    Als Nakata aufgestanden war, ging der Hund langsam voran. Nakata hängte sich seinen Beutel über die Schulter und folgte ihm. Der Hund hatte einen kurzen Schwanz, und dort wo der Schwanz aufhörte, schaukelten zwei große Hoden.
    Der Hund durchquerte den Bauplatz auf kürzestem Wege und verließ ihn durch die Lücke im Zaun. Nakata ging hinter ihm her. Obwohl sich der Hund nicht einmal nach ihm umdrehte, schien er an seinen Schritten zu erkennen, dass Nakata ihm folgte. Nakata ließ sich von dem Hund führen. Sie näherten sich der Einkaufsstraße, und die Zahl der Fußgänger nahm zu. Fast alle waren Hausfrauen aus der Nachbarschaft auf dem Weg zum oder vom Einkaufen. Mit erhobenem Kopf, den Blick starr geradeaus gerichtet, schritt der Hund gebieterisch voraus. Alle, die ihnen entgegenkamen, wichen beim Anblick des aggressiv wirkenden großen Hundes hastig aus. Ein Radfahrer wechselte sogar die Straßenseite.
    Während Nakata dem Hund folgte, gewann er den Eindruck, dass die Passanten ihm auswichen. Vielleicht glaubten sie, er führe diesen großen Hund ohne Leine spazieren. Nakata fühlte sich elend. Wie gern hätte er den Leuten erklärt, dass er nicht zu seinem Vergnügen mit dem Hund unterwegs war. Dass er ihn nur begleitete. Dass Nakata überhaupt nicht stark war, sondern eigentlich schwach.
    Der Hund und Nakata gingen immer weiter. Sie überquerten mehrere Kreuzungen und verließen dann die Einkaufsstraße. Der Hund ignorierte alle Ampeln. Da die Straßen nicht sehr breit waren und die Autos nicht schnell fuhren, war es nicht sonderlich gefährlich, bei Rot zu gehen. Wenn sie den Hund sahen, traten alle Fahrer von allein hastig auf die Bremse. Der Hund zeigte seine Zähne, starrte die Autofahrer grimmig an und schritt dann fast provozierend langsam bei Rot über die Straße. Nakata folgte ihm resigniert. Ein Hund konnte ja nicht wissen, was Ampeln bedeuten. Er beachtete sie eben einfach nicht. Das verstand Nakata. Der Hund schien daran gewöhnt zu sein, eigenmächtig zu entscheiden. Noch immer hatte Nakata keine Ahnung, wohin sie gingen. Sie ließen nun die vertrauten Wohngebiete von Nakano hinter sich, und als sie um eine Ecke bogen, kannte Nakata sich plötzlich nicht mehr aus. Er wurde unsicher. Was sollte er tun, wenn sie sich verliefen und er den Rückweg nicht mehr fand? Sie waren hier doch bestimmt nicht mehr in Nakano, oder? Nakata schaute sich um und versuchte, etwas zu entdecken, an dem er sich orientieren konnte. Aber er fand nichts. Sie waren in einem unbekannten Viertel.
    Rücksichtslos ging der Hund im gleichen Tempo und Rhythmus weiter. Mit erhobenem Kopf, aufgestellten Ohren, pendelnden Hoden, in einer Geschwindigkeit, in der Nakata ihm mühelos folgen konnte.
    »Ah, ist das hier noch Nakano?«, fragte Nakata.
    Der Hund antwortete nicht. Er drehte sich auch nicht um.
    »Kommen Sie vom Herrn Gouverneur?«
    Abermals keine Antwort.
    »Nakata sucht doch nur eine Katze. Eine kleine dreifarbige Katze. Sie heißt Goma.«
    Schweigen.
    Nakata gab es auf. Es lohnte sich nicht, mit dem Hund zu sprechen.
     
    Sie waren in einem ruhigen Wohnviertel mit großen Häusern angekommen. Passanten gab es nicht. Der Hund betrat ein Eckhaus mit einer altertümlichen Mauer und einem prächtigen, zweiflügligen Tor, wie sie in letzter Zeit selten geworden sind. Einer der Flügel stand offen. In der Einfahrt parkte ein großer Wagen. Wie der Hund war er tiefschwarz, glänzend und fleckenlos. Auch die Haustür stand offen. Der Hund ging ohne zu zögern hinein. Nakata zog seine alten Turnschuhe aus, stellte sie auf dem Boden ab, nahm seinen Baumwollhut vom Kopf, steckte ihn in den Beutel und stieg, nachdem er sich ein paar Grashalme von der Hose gebürstet hatte, die Stufe in den Vorraum hinauf. Der Hund hatte gewartet, bis Nakata so weit war. Nun ging er einen blitzblank gebohnerten Flur entlang und führte Nakata in eine Art von Empfangsraum oder Büro.
    Es war dunkel dort, denn es dämmerte bereits und die dicken Vorhänge vor dem Fenster zum Garten waren zugezogen. Die Beleuchtung war auch nicht eingeschaltet. In dem Zimmer stand ein großer Schreibtisch, hinter dem jemand zu sitzen schien. Aber da Nakatas Augen sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er nichts Genaueres erkennen. Die schwärzliche, scherenschnittartige Silhouette der Person verschwamm in der Dunkelheit. Als Nakata den Raum betrat,

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