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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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nicht als ›Bürger‹.«
    »Machen Sie sich etwa über uns lustig?«
    Oshima schüttelt den Kopf. »Aber eins möchte ich Ihnen sagen – in der Zeit, in der Sie eine kleine Privatbibliothek in einer kleinen Stadt aufsuchen, überall herumschnüffeln und nach Toiletten und Mängeln in der Kartei suchen, könnten Sie eine Menge anderer, wirksamerer Dinge finden, um die Rechte der Frauen im ganzen Land zu sichern. Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass die bescheidene Bibliothek hier dieser Region einen kleinen Nutzen bietet. Wir bieten den Menschen, die Bücher und Geschriebenes lieben, eine Sammlung hervorragender Schriften an. Wir tun Dienst am Menschen. Sie wissen es wahrscheinlich nicht, aber diese Sammlung von Materialien zur Dichtung von der Taisho-Zeit bis Mitte der Showa-Zeit ist landesweit hoch geschätzt. Natürlich gibt es Mängel und Grenzen. Aber im Kleinen tun wir, was wir können. Statt darauf zu sehen, was wir nicht geschafft haben, sollten Sie Ihr Augenmerk auf das richten, was wir geschafft haben. Wäre das nicht fair?«
    Die große Frau sieht die kleinere an, und die kleinere die größere.
    Zum ersten Mal tut nun die kleinere den Mund auf. Ihre Stimme ist schrill. »Was Sie da behaupten, sind letztlich nur leere Ausflüchte und der Versuch, sich vor der Verantwortung zu drücken. In Wirklichkeit üben Sie nur bequeme Selbstgerechtigkeit, damit Sie hier in Ruhe Ihre Zeit absitzen können. Lassen Sie sich eins gesagt sein – Sie sind ein trauriger historischer Prototyp von Männlichkeit.«
    »Ein trauriger historischer Prototyp«, wiederholt Oshima in bewunderndem Ton. Seiner Stimme ist anzumerken, dass der Ausdruck ihm enorm gefällt.
    »Sie sind nämlich der typische männliche Mann, ein Musterexemplar von diskriminierendem Macho«, sagt die Größere mit unverhohlenem Ärger.
    » Ein typisch männlicher Mann « , wiederholt Oshima abermals.
    Die Kleinere ignoriert ihn. »Sie machen das gesamte weibliche Genus zu Bürgern zweiter Klasse, rauben und beschränken Frauen die Rechte, die ihnen von Natur aus zustehen, mit Ihrer billigen männlichen Logik, die ausschließlich dazu dient, den gesellschaftlichen Status quo zu erhalten. Vielleicht ist das nicht einmal Absicht, sondern bloß Gedankenlosigkeit, aber umso schwerer wiegt das Verbrechen. Fühllos und rücksichtslos gegenüber dem Leid anderer, sichert ihr Männer eure erworbenen Rechte. Seht ihr nicht, welchen Schaden diese Gedankenlosigkeit uns Frauen und der Gesellschaft zufügt? Natürlich sind Toiletten und Karteikarten nur Kleinigkeiten. Aber wird denn nicht aus lauter Kleinigkeiten ein Ganzes? Wenn wir nicht bei den Kleinigkeiten anfangen, wird es nie gelingen, den Mantel der Ungerechtigkeit herunterzureißen, der unsere Gesellschaft umgibt. Das ist unser Handlungsprinzip.«
    »Und so empfindet jede edle Frau, die ein Herz hat«, fügt die Größere ausdruckslos hinzu.
    »Muss nicht jede edle Frau bei ihres Hauses Schmach das Gleiche tun, wie ich sie Tag und Nacht vor Augen seh, in voller Blüte nicht im Untergang?«, sagt Oshima.
    Die beiden schweigen wie zwei Eisblöcke.
    » Elektra von Sophokles. Ein wunderbares Stück. Ich habe es viele Male gelesen. Übrigens bezieht sich der Begriff Genus in erster Linie auf das grammatische Geschlecht, ich fände es richtiger, Geschlecht zu sagen, wenn man von physischen Personen spricht. In diesem Fall ist ›Genus‹ fehl am Platz. Wenn ich diese sprachliche Lappalie erwähnen darf.«
    Eisiges Schweigen.
    »Jedenfalls ist das, was Sie sagen, von Grund auf falsch«, sagt Oshima gelassen, aber unverblümt. »Ich bin kein trauriger historischer Prototyp eines männlichen Mannes.«
    »Vielleicht könnten Sie uns eine leicht verständliche Erklärung geben, worin der grundlegende Irrtum besteht?«, sagt die Kleinere herausfordernd.
    »Ohne logische Spitzfindigkeiten und Zurschaustellung von Wissen«, fügt die größere hinzu.
    »Verstanden. Dann werde ich es Ihnen mal ohne logische Spitzfindigkeiten und Zurschaustellung von Wissen, leicht verständlich und direkt erklären«, sagt Oshima.
    »Wir bitten darum«, sagt die größere. Die andere pflichtet ihr mit einem knappen Nicken bei.
    »Erstens bin ich kein Mann«, konstatiert Oshima.
    Alle sind sprachlos und schweigen. Ich hole tief Luft und werfe einen kurzen Blick auf Oshima, der neben mir steht.
    »Ich bin eine Frau«, sagt er.
    »Lassen Sie doch die Witze«, sagt die kleinere Frau, nachdem sie einmal nach Luft geschnappt hat. Aber

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