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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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eingeschärft.«
    »Hört auf, alle beide. Es reicht. Und jetzt horcht mal her. Ich habe Neuigkeiten, und zwar gute. Wir haben schon vorab unseren Lohn bekommen.« Sie gab ihnen die Umschläge.
    Hillbilly warf einen Blick in seinen und sagte: »Immerhin ist es Geld.«
    »Niemand hat dir versprochen, dass du reich wirst«, erwiderte Sunset.
    Clyde nahm den Umschlag, faltete ihn, steckte ihn in die Gesäßtasche, stieg wortlos in seinen Wagen und fuhr davon.
    »Glaubst du, er macht, was du ihm gesagt hast?«
    »Ja. Ich hole die Karten, dann können wir los.«
    »Wenn wir schon mal dort sind, können wir ja noch ein bisschen bleiben, vielleicht nen Film sehen oder zum Ölfest gehen.«
    »Hier geht es um die Arbeit, Hillbilly.«
    »Mir schon klar. Aber wir könnten ja trotzdem, weißt du?«
    »Vermutlich.«
    Er grinste sie an. »Du hast doch unseren Kuss nicht vergessen, oder?«
    »Wie könnte ich?«
    »Wo ist Karen?«
    »Bei ihrer Großmutter.«
    »Ich dachte, wir nehmen sie mit. Ich hab ihr von dem Fest erzählt.«
    »Du wolltest von Anfang an dorthin, stimmt’s?«
    »Du nicht?«
    Sunset hoffte, dass sie nicht rot wurde.
    »Jetzt weiß ich, warum sie nicht hier ist«, fuhr Hillbilly fort.
    »Du bist dir deiner ganz schön sicher.«
    »Zumindest bin ich mir sicher, was ich will, wenn sonst schon nichts.«
    »Karen ist ein bisschen in dich verliebt. Sie benimmt sich etwas zu erwachsen für ihr Alter.«
    »Findest du?«
    »Ja. Und deswegen ist sie nicht hier.«
    »Ist das der einzige Grund?«
    »Ich hole die Karten.«
     
    An den Bohrtürmen und Dächern der Stadt flatterten bunte Wimpel, und über die Hauptstraße war ein großes weißes Spruchband gespannt, auf dem in riesigen blauen Buchstaben stand: ÖLFEST, HOLIDAY, TEXAS. Die Straßen waren verstopft mit Menschen, Autos, Karren, Maultieren und Pferden. Sunset fühlte sich an Ameisen erinnert, die auf einem Tierkadaver herumkriechen.
    Nach all dem Regen war die Hauptstraße inzwischen getrocknet, allerdings waren dabei tiefe Furchen und Spalten entstanden. Auf der einen Straßenseite hatten die Wassermassen Erde auf den hölzernen Bürgersteig gespült, die sich in Schlamm verwandelt hatte und dann hart geworden war. Einige der tieferen Schlaglöcher hatte man mit Kies aufgefüllt, der abgesunken war und so gut wie nichts gebracht hatte.
    Sunset kurvte um die Schlaglöcher herum, und irgendwann holperten sie auch am Lichtspielhaus vorbei. An der Kasse hatte sich eine Schlange gebildet, die bis um die Ecke und zum Teil schon in die Straße hineinreichte. Sunset warf einen Blick auf die Anzeigetafel und sah, dass immer noch der Film mit den Marx Brothers gezeigt wurde. Ihr fiel wieder ein, wie sie auf dem Platz hinter Smoky gesessen und darauf gewartet hatte, dass sie ihn nach draußen bringen und mit ihm nach Tyler fahren konnte, nur damit man ihn dort lynchte. Vielleicht wollte sie heute doch lieber keinen Film anschauen.
    Sie fuhr zum Büro des Sheriffs und parkte neben einem Schild mit der Aufschrift PARKEN VERBOTEN. Vor dem Büro stand eine große Eiche, und auf dem Boden drum herum saßen zehn farbige Männer mit dem Rücken zum Baum. Um den Baum hing eine Kette, und alle Männer waren mit Handschellen an diese Kette gefesselt. Ein großer Mann, dessen schwarzes Haar unter seinem Hut hervorquoll, lief etwas nervös mit einer Schrotflinte vor dem Baum auf und ab.
    Sie gingen hinein. Hillbilly trug die Blechkassette mit den Karten und Papieren. Rooster saß hinter seinem Schreibtisch. Vor ihm auf dem Schreibtisch lag sein Hut, und seine Hände ruhten zu beiden Seiten der Krempe, als müsste er ihn am Abheben hindern. Roosters Körper schien nur aus Ecken und Kanten und dünner rosiger Haut zu bestehen. Sein Haar, das fast so rot wie das von Sunset war, stand in einem Streifen von der Stirn bis zum Hinterkopf hoch wie ein Hahnenkamm. Jetzt verstehe ich, warum man ihn Rooster nennt, dachte Sunset.
    Er sah auf und sagte: »Die ganze Stadt ist aus dem Häuschen. Gibt nichts, was man tun oder verhindern könnte. Ein einziges Durcheinander.«
    »Da wird vermutlich gutes Geld gemacht«, erwiderte Hillbilly.
    »Nehme ich auch an. Das war ja der eigentliche Grund für dieses Ölfest. Geld. Als wenn es nicht gereicht hätte, dass jeder ins Lichtspielhaus will. Jetzt kommen von überallher Leute, um Musik zu hören und das Feuerwerk zu sehen.«
    »Was ist mit den Männern, die am Baum festgekettet sind?«, fragte Hillbilly.
    »Das Gefängnis ist überfüllt. Überwiegend mit

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