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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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weiß ich nicht, ob die Farbigen sich damit groß Mühe machen. Das ist in Ordnung, aber ich hab Angst, die Weißen kriegen sie in die Finger. Der alte Knabe drüben in Sacul. Den haben sie aufgehängt und in Stücke geschnitten und seine Knochen als Andenken verkauft. Kaufen Sie ein paar Niggerknochen, Stück zwei Cent. Wenn ich sterb, hätt ich gern, dass mich wer verbrennt, dass nix wie Asche überbleibt.«
    »Die Geschichte mit Smoky, die du mir so hoch anrechnest. Die ist nicht gut ausgegangen. Weißt du das?«
    Bull nickte. »Nicht Ihre Schuld, Mädel. Sie haben getan, was Sie konnten. Sie haben mehr Verstand als Ihr Mann, und ich bin froh, dass Sie den umgebracht haben.«
    »Hat Pete dich mal bedroht?«
    »Nur einmal.«
    »Ist ihm vermutlich nicht so gut bekommen.«
    »Naa, ist es nicht. Ich hab ihm dieselbe Waffe abgenommen, die ich Ihnen vorhin auch abgenommen hab. Ich hab ihn ein bisschen verdroschen und dann heimgeschickt. Hab mir gedacht, der redet schon nicht drüber, wenn ihm ein Nigger die Waffe abnimmt, ihn verdrischt, die Kugeln rausholt und ihm die Waffe wiedergibt.«
    »Was wollte er von dir?«
    »Was Sie trinken.«
    »Gütiger Himmel. Ich verstoße ja gegen das Gesetz, wenn ich illegal gebrannten Whisky trinke.«
    Bull grinste und ließ dabei eine Reihe weißer Zähne sehen. »Jetzt hab ich was gegen Sie in der Hand. Er wollte, dass ich ihm was zahl, damit dass er mich mein Geschäft weitermachen lässt. Nen kleinen Anteil. Aber ich hab’s nicht so mit Geschäftspartnern. Vor allem nicht mit weißen Constables.«
    »Ich bin auch ein weißer Constable.«
    »Sind Sie. Und noch was. Ich hab immer gedacht, weiße Frauen, mit ihren kleinen Hintern und so und den nichtssagenden Gesichtern, mit diesen winzigen dürren Nasen und dem komischen Haar, die sind alle hässlich. Aber Sie sehn gar nicht so schlecht aus für ne Weiße.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment sein soll oder nicht.«
    »Besser kann ich’s nicht.«
    »Willst du was essen? Ich wollte gerade das Abendessen vorbereiten.«
    »Sie sollten sich nicht so viel mit nem Nigger abgeben. Sie haben schon genug Leute gegen sich aufgebracht. Sie haben Pete getötet, sind Constable, und das als Frau, und haben Smoky geholfen. Aber ich werd ein bisschen auf Sie aufpassen. Ich hab ja nix zu tun, ich häng ja nur zu Hause rum. Ist ja nicht so, als tät ich bei jeder Kirchenveranstaltung auftauchen.«
    »Würdest du das denn gern?«
    »Eigentlich nicht. Meine Tage sind gezählt, Mädel. Ich hab Rheuma. Werd immer langsamer. Die kriegen mich bald, diese Weißen, die mich hassen. Das weiß ich. Darum hab ich auch keine Angst. Wenn man weiß, man ist am Ende, dann hat man keine Angst mehr. Na ja, ein bisschen schon. Aber was kommt, kommt. Ich werd ab und zu mal nach Ihnen schauen. Wenn was ist, kann ich vielleicht gutmachen, was Sie für Smoky getan haben.«
    »Ich habe ihn nur nach Tyler gebracht, und da haben sie ihn dann gelyncht.«
    »Sie haben’s versucht. Passen Sie auf. Wenn Sie mich brauchen, tun Sie nen Fetzen weißen Stoff auf die andre Seite von der Eiche da hängen. Das seh ich dann. Vielleicht nicht gleich, aber bald. Und dann komm ich. Irgendwie tut’s gut, mal aus dem Wald rauszukommen. Ich hab schon ganz vergessen, wie der Himmel aussieht. Im Wald sieht der manchmal ganz grün aus, von der Sonne auf den Blättern. Manchmal hab ich’s satt, da drinnen im Wald zu leben und den Kinderschreck zu spielen.«
    »Ich habe den Eindruck, du bist ein echter Kinderschreck, Bull.«
    Bull lächelte, verkorkte den Krug, bückte sich und streichelte den Hund. »Ich geh jetzt.« Er stand auf, trat hinter die Eiche, und bis Sunset sich erhoben hatte, um sich zu verabschieden, war er verschwunden. Einmal glaubte sie noch, ihn zu hören, konnte ihn aber nicht mehr sehen. Dann war auch das allerletzte bisschen Licht verschwunden, und die Nacht legte sich wie ein Vorhang über alles. Der Wind frischte auf und wehte ihr den feuchten, erdigen Geruch des Flusses in die Nase. Ein Nachtvogel schrie, und ein paar Grillen legten los, als hätten sie gerade im Moment ihre Karte durch die Stechuhr gezogen, und im selben Augenblick tauchten ein paar Leuchtkäfer auf.
    Sunset nippte noch einmal an dem Schnaps und schauderte. Den Rest schüttete sie auf den Boden. Ben schnüffelte daran, zog den Kopf zurück und trottete davon.
    »Braver Hund«, sagte Sunset. »Glaub mir, das willst du nicht trinken. Das kann man vielleicht als Beizmittel hernehmen, aber

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