Kain
sprang er vor und stürmte in den Wohnwagen hinein.
»Dora, du blöde Nutte, was hast du dir dabei gedacht?«
»Nichts«, erwiderte Marc Sniper.
Es war nicht Doras Stimme, es war eine andere, die eines Mannes, aber das schien er nicht mitbekommen zu haben. Der Ankömmling glich einem wilden Tier. Wie er genau aussah, interessierte Marc Sniper nicht. Er wollte ihn nur aus dem Weg räumen, denn Zeugen konnte er nicht gebrauchen.
Der Typ hatte sich nicht umgedreht. Er stampfte nach vorn auf das Bett zu. Er sah die Frau liegen und begriff zuerst ihren Zustand nicht, denn er sprach sie an.
»Du bist mir …«
Er stockte. Sekunden geschah nichts, und in dieser Zeit richtete sich Marc Sniper im Rücken des Ankömmlings auf. Er stand nicht mehr verkrampft, sondern locker, und er war bereit, seine Konsequenzen zu ziehen.
Auf einmal heulte der Mann auf. Er hatte gesehen, was mit Dora geschehen war. Neben der Liege stehend wurde er zu einer Statue. Aber nicht lange. Eine innere Stimme musste ihn aufgewühlt haben. Er gab einen keuchenden Laut von sich und fuhr dann auf der Stelle herum.
Er sah Sniper.
Und Sniper sah ihn!
Die beiden Männer waren völlig unterschiedlich. Auf der einen Seite der Zuhälter, der nach Alkohol stank, auf der anderen der Killer, der sogar grinste und in seiner Kleidung an einen Guru oder Magier erinnerte.
»Was war das?« Der Zuhälter lachte krächzend. »Hast du sie gekillt?«
»Ja, habe ich.«
»Einfach so?«
Marc Sniper hob die Schultern an. »Das kann man so sagen.«
Der andere saugte die Luft ein. »Und warum hast du das getan, verdammt? Warum?«
»Weil es sein musste.«
»Scheiße, du hast sie gar nicht gekannt.«
»Das stimmt. Aber dem Teufel ist jede Seele recht. Ob Mann, Frau oder Kind.«
Da hatte Sniper eine Antwort gegeben, die der andere nicht zu begreifen schien. Der Mann saugte hörbar die Luft ein und schüttelte den Kopf.
»Das ist doch irre, ist das. Das kann nicht wahr sein. Das ist verrückt und neben der Spur. Das kannst du doch nicht wirklich gemeint haben. Das mit dem Teufel.«
»Doch, das habe ich.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Es hat eben sie getroffen. Es hätte auch eine andere Person sein können. Alles ist möglich.« Der Mörder lächelte. »Und jetzt hast du das Pech gehabt, denn ich werde dich ebenfalls umbringen müssen. Ich will keine Zeugen haben.«
Der Zuhälter nickte einige Male. Er schien durch die Bewegung sein Einverständnis geben zu wollen, doch er reagierte, wie es in seiner Lage normal war.
Er griff an.
Da der andere keine Waffe sichtbar in der Hand hielt, glaubte er daran, ihn auch so überrennen zu können. Damit hatte Marc Sniper gerechnet. Er wollte sich nicht lange mit dem Mann schlagen, er wollte den Kampf so schnell wie möglich beenden. Er wich dabei mit kleinen Schritten zurück und nutzte den Platz, der ihm blieb, perfekt aus.
Der Zuhälter schrie wütend auf. Er hatte sich darauf verlassen, den Kerl zu Boden rammen zu können, was ihm nicht gelang. Sniper hatte der Attacke durch das Ausweichen die Wucht genommen. Er sah, dass der Angreifer ins Stolpern geriet.
Das war seine Chance.
Er schlug zu, und das mit dem Stein in seiner Hand. Er traf den Hinterkopf des Zuhälters, der auf der Stelle zusammenbrach und nichts mehr unternehmen konnte.
Er rutschte noch an Marc Snipers Körper entlang und landete stöhnend am Boden. In der Mitte zeigte der Kopf eine blutige Wunde. Darauf verließ sich Sniper nicht. Er wollte auf Nummer sicher gehen und schlug noch mal zu.
Diesmal hörte er nichts mehr. Nur das schlimme Geräusch, das entstand, als der Stein erneut traf.
Es wurde ruhig im Wagen. Sniper hielt den Atem an. Er wollte herausfinden, ob er noch andere Geräusche vernahm, die ihm verdächtig erschienen. Doch da musste er passen. Es gab sie nicht. Die Frau und auch der Mann würden nie wieder einen Atemzug ausstoßen.
Kain war zufrieden!
Er leckte über seine Lippen und tat das, was er tun musste. Unter seinem Mantel holte er einen Gegenstand hervor, den er der toten Frau auf den Rücken legte.
Es war das Kreuz.
Sein Zeichen. Sein Hassobjekt, das jetzt mit der kurzen Seite nach unten auf dem Körper lag. Eine Verhöhnung des normalen Kreuzes.
Genau das hatte der Mann auch vor. Er mochte das Kreuz nicht und alles, was mit ihm in einem Zusammenhang stand. Er wollte zeigen, wer der wirkliche Chef im Ring war.
Dass es zwei Tote gegeben hatte, war zwar ungewöhnlich, störte ihn aber nicht. Es musste weitergehen. Er
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