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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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hatten einen Helfer auf ihrer Seite, einen schwarzen Höllenhund, der immer wieder Streiche vereitelte, weil keiner der Gegner wusste, wie er sich seiner erwehren sollte.
    Dass dieser Kampf um ihretwillen ausgefochten wurde, begriff Amicia binnen eines Herzschlags. Die größere Gruppe musste in die Burg eingedrungen sein, um sie in ihre Gewalt zu bringen, wie sie es schon einmal vorgehabt hatte. Damals, als Magdalene, Hugh und Timothy gestorben waren. Die beiden einzelnen Ritter waren vermutlich gleichzeitig eingetroffen und hatten sich ihnen in den Weg gestellt.
    So hell war der Feuerschein, dass Amicia nichts erspart blieb. Auf dem Brustpanzer eines Reiters, der auf einem Schimmel saß, blitzte ein funkensprühender Drache durch die Nacht. Der Mann im Kettenhemd, der mit ihm kämpfte, trug einen Helm, doch das hinderte Amicia nicht daran, ihn zu erkennen. Hätte sie den leisesten Zweifel daran gehegt, dass man einen Mann an der Linie und am Spiel seiner Schultern erkennen konnte, so hätte sie doch das Pferd unter Hunderten erkannt. Schrill schrie sie auf, ohne den Blick abzuwenden. Als jemand die Arme um sie schloss, bäumte sie sich auf, weil sie glaubte, es sei Adam de Stratton, doch dann vernahm sie die vertraute Stimme. »Ruhig, Amicia, mein armes Liebes. Ich bin es. Vyves.«
    Schwach vor Erleichterung ließ sie sich in seine Arme fallen, wandte aber noch immer den Blick nicht ab. »Er ist doch tot«, brach es aus ihr heraus.
    »Nein«, sagte Vyves. Seine Stimme war unter dem Getöse des Kampfes kaum zu hören. »Adam und Isabel wollten ihn zu Tode schinden, um Abel zu rächen. Sie haben gedacht, sie könnten der Hölle, in der sie seit dem Tod ihres Sohnes lebten, entrinnen, indem sie den Sohn ihres Feindes Höllenqualen erleiden lassen. Aber sie sind Menschen, keine Teufel. Sie waren nicht fähig, einem Unschuldigen das Leben zu nehmen, sondern haben im letzten Augenblick aufgehört. Er war mehr tot als lebendig, als Isabel ihn seinem Onkel, dem Abt von Quarr, übergab, aber der hat ihn gesundgepflegt.«
    Ich habe ihn auch einmal gesundgepflegt, durchfuhr es Amicia. Noch immer gelang es ihr nicht, den Blick abzuwenden. Der Feuerschein ließ die Luft flimmern, bis das Bild zerlief und sich wandelte. Als sie Matthew zuletzt so gesehen hatte, hatte er rücklings auf Althaimenes gesessen, um ihr zuzuwinken und sie nicht aus dem Blick zu verlieren, bis sie hinter dem Horizont verschwand.
    Wenn ich dich nicht wiedersähe, würde ich wollen, dass du weißt: Ich hatte dich zum Zerspringen lieb.
    Mägde und Knechte liefen zusammen, um das Feuer zu löschen, ehe es auf die Gebäude der Burg übergreifen konnte. Kurz erschien das Licht nicht mehr so grell, und Amicia sah wieder, was vor ihr geschah. Einer der Reiter stürzte von zwei schnellen Hieben vor die Brust getroffen vom Pferd. Sogleich sprang der Hund hinzu, öffnete sein Maul über der Gurgel des Gestürzten. Ein Fußkämpfer schwang herum und hob das Schwert, um dem Tier den Kopf abzuschlagen. Verzweifelt versuchte sein Herr, ihn zu rufen, doch der Helm erstickte seine Stimme, und der erste Versuch, ihn sich vom Kopf zu reißen, scheiterte. Die Hände mit dem riesigen Zweihänder holten aus.
    Wenn ich dem Hund befehle, dich zu schützen, würde er ins offene Schwert springen. Wählen können nur Menschen. Der Hund ist zur Treue verurteilt.
    »Nameless!«, brüllte Amicia. »Nameless, zurück!«
    Mit halb geschlossenen Augen sah sie, wie das große Tier unter der Klinge wegtauchte und in fröhlichen Sätzen auf sie zutollte. Er sprang an ihr hoch, warf sowohl sie als auch Vyves mit seinem Gewicht zurück an die Mauer und leckte ihr mit seiner Sackleinenzunge das Gesicht. »Nameless, ach Nameless!« Die Sturzflut von Tränen, die ihr aus den Augen brach, hätte sie blind gemacht, hätte dafür nicht bereits der Hund gesorgt.
    Mein Herz spielt verrückt, sobald ich ihm in Erinnerung rufe, dass es dich irgendwann gehen lassen muss.
    Bis der Hund wieder auf seinen vier Beinen stand und sie trotz der unablässig strömenden Tränen wieder halbwegs sehen konnte, verging eine mittlere Ewigkeit. Im zweiten Versuch hatte der Ritter sich den Helm vom Kopf gerissen und ihn fortgeschleudert. Dies und die Ablenkung durch den Hund nutzte der gegnerische Reiter aus, um einen Hieb zu landen. Im letzten Augenblick riss der Mann den Arm mit dem Schild in die Höhe, aber der Aufprall war so stark, dass er ihn hintüberwarf. Althaimenes wieherte auf, stieg und galoppierte zwei,

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