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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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drei Sprünge nach rechts. Sein Reiter umschlang im Fallen den Hals des Tieres, verlor den Schild, dessen Schnallen sich gelöst haben mussten, behielt aber das Schwert in der Hand. Zwei der Fußkämpfer sprangen hinzu und drangen auf den Mann ein, der nun an der Schulter des Pferdes hing. Sein Gefährte, ein Hüne von einem Kerl, wollte ihm zu Hilfe eilen, doch der Hieb eines Angreifers traf ihn frontal vor der Brust und streckte ihn nieder.
    Die zwei Männer, die sechs Gegner in Schach gehalten hatten, waren zweifellos am Ende ihrer Kräfte. Sie würden nicht länger standhalten. Amicia weinte und krallte die Hände ins Halsband des Hundes.
    Ich liebe dich. Bitte hör nicht auf, mir das zu glauben, was immer uns geschieht.
    Das Feuer war so weit erstickt, dass Amicia der Lichtschein vorkam wie ein fahler Strahl Wintersonne im geschützten Hof. Mit beiden Händen packte der Angreifer den Schwertgriff und schwang die Waffe über den Kopf des Reiters. Noch einmal verschwamm das Bild und riss sie zurück in die Vergangenheit. Amicia sah einen Mann, der sein Schwert klirrend in die Scheide schob und mit behandschuhten Händen ihren Bruder in den Rücken stieß. Es war ein feister Mann mit kahlem Kopf. Abel schrie nicht einmal. Stattdessen schrie ein anderer, und sein Schmerzensschrei war so markerschütternd und langgezogen, als werde er nicht mehr enden. Eingeklemmt zwischen zwei Reitern sah sie den fremden Jungen, sein vor Entsetzen verzerrtes Gesicht unter einem Himmel, der sich schwarz bezog.
    Matthews Gesicht.
    Im gleichen Augenblick ließ Althaimenes’ Reiter sich geschmeidig zu Boden gleiten, rollte vornüber unter den Klingen der Gegner hinweg und sprang auf die Füße. Vom Körper des Pferdes gedeckt rannte er zurück und stach einen der Männer, die über Stephen standen, nieder. Dann ging er den zweiten an und trieb ihn fechtend nach hinten, sodass Stephen Gelegenheit hatte, sich aufzurappeln. Althaimenes galoppierte mit fliegenden Steigbügeln vom Hof.
    Diesmal hast du die Zügel nicht festgehalten. Und vermutlich scheucht Althaimenes drüben sämtliche Hühner auf.
    Der Rest schien in der Geschwindigkeit eines einzigen Herzschlags zu geschehen. Stephen kämpfte sich auf die Füße, zu zweit stellten Matthew und er sich den drei verbleibenden Gegnern, und dann stürmten endlich mit Schritten, die den Boden beben ließen, die Männer der Burgwache aus dem Tor des Ostturms. Sie mussten so fest geschlafen haben, wie es auf dieser Burg früher niemandem gestattet gewesen war. Während die Wachen zur Verstärkung eilten und dem Fußkampf im Nu ein Ende machten, ritt der Schimmelreiter mit dem Drachenwappen im Bogen um das Getümmel, um seinem Sohn in den Rücken zu fallen. Es war ein lächerlicher Versuch. Der gebeugte Mann war kein übermächtiger Teufel, sondern alt, erschöpft und ein Mensch. Sein Sohn schwang herum und warf ihn mit einem einzigen Hieb aus dem Sattel, so leicht, als habe der Vater darauf gewartet. Rücklings, auf dem Boden, riss er sich mit beiden Händen den Helm vom Kopf und rang nach Luft. Mit gezogenem Schwert trat sein Sohn vor ihn.
    Wir haben ihm sein Pferd, seine Waffen und seine Männer genommen. Mehr kann ich ihm nicht tun. Wenn er es schafft, sich durchzuschlagen, soll er leben.
    Er verzeiht sich niemals, wenn er ihn diesmal nicht tötet, erkannte Amicia, ließ das Halsband des Hundes los und presste sich die Hände auf den Mund. Aber er kann es doch nicht! Er hat dem Pferd den Namen eines Vatermörders gegeben, weil er sich so sehr gewünscht hat, den Verbrecher auszulöschen, aber der ist sein Vater, und er ist kein Mörder.
    Amicia sah, dass Matthew Arme und Beine zitterten, als er den letzten Schritt auf seinen Vater zusetzte. Sie wollte zu ihm laufen und ihm sagen, dass er es ihr nicht schuldig war, dass er nicht um ihretwillen einen alten Mann töten musste, der sich hustend und spuckend am Boden wälzte. Ehe sie es konnte, ging jedoch ein anderer.
    »Lass stecken, Kamerad«, sagte Adam de Stratton. »Ich stehe fraglos in deiner Schuld, also erlaube mir, dir das hier abzunehmen.« Geradezu behutsam schob er Matthew aus dem Weg.
    »Halt!«, gellte eine Stimme von der anderen Seite. Sie gehörte dem Reiter, der als Erster vom Pferd gefallen war, einem schmächtigen Mann, der von zwei Wachen gehalten vor der Mauer stand. Auf seinem kleinen Körper saß ein viel zu großer Kopf mit einer platt gedrückten löwenhaften Mähne. »Das lasst Ihr besser bleiben, Stratton. Wir sind

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