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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Kraft, doch war chancenlos. Sein Gegner mußte groß sein, dachte er. Geschult im Nahkampf. Ein Militär, so mußte es sein.
    „Hey, was soll das! Lassen Sie mich los! Sie sollen mich loslassen!“
    „Hör auf, es ist doch zwecklos“, herrschte ihn eine raue Frauenstimme an.
    „Sehen Sie nicht? Die brauchen meine Hilfe! Ich-“
    „Niemand hier braucht deine Hilfe.“
    „Finger weg!“
    „Es ist vorbei, du Held.“
    „Verdammt noch mal!“
    Der Griff um Corey verstärkte sich. Er wurde weiter fortgezerrt. Er sah ein letztes Mal den verunfallten Bus, dann legte er beim Versuch, sich des Griffes zu entwinden, den Kopf in den Nacken.
    „Nein! Ich...“
    „Halt die Klappe und hör auf, dich zu wehren“, zischte sie an seinem Ohr. „Komm mit, wenn du leben willst.“
    „Fick dich!“
    „Deine große Chance, von hier zu verschwinden. Versaue es nicht.“
    Sie ließ ihn los; Corey verstand es genauso. Er wirbelte dennoch herum, stieß sie weg und schlug ihr so fest er konnte gegen den Kopf. Er traf sie unterhalb der Schläfe, kurze Benommenheit, wenn nicht Ohnmacht wäre die Folge, und, ja: sie taumelte rückwärts, ging, sich das Jochbein haltend, in die Knie. Aber sie blieb bei sich. Corey rieb sich die Hand und sah die Frau – die Miene vor Schmerz und Zorn verzerrt – sich wieder aufrichten. Sie sah die halbe Portion vor sich an. Ihr Blick sagte: ›Das bereust du.‹
    Er kannte sie.
    „Bist du fertig?“, fragte sie wütend. „Wir müssen hier weg!“
    Corey ließ seine Faust sinken. Er konnte nur perplex starren. Dieser Tag war der aufregendste und schrecklichste seines Lebens. Nach diesem Tag gab es keinen zweiten Eintrag mehr auf dieser Liste.
    Doria ging weiter, irgendwohin. Corey, weil er es einfach nicht besser wußte, lief ihr, sich die vermutlich gebrochene Hand haltend, hinterher. Er konnte nicht einmal fragen, wohin sie ihn führte, lief ihr bloß nach. Und sie rannte los. Corey auch. Vorbei an kleineren und größeren Bränden, vorbei an im Fahren explodiertenArmeewagen, vorbei an wie achtlos entsorgten Leichen, an endlos vielen kauernden, liegenden oder über die Erde krabbelnden Verletzten – vorbei, nein:
durch
ein umfassendes Fiasko, deren Akteur er ebenso war wie alle anderen. Wie der weibliche Group Captain.
    „Warten Sie! Ma’am...“
    Als wüßte sie, was er fragen wollte, sagte sie: „Dorthin. Frag nicht. Lauf!“
    Mehr sagte sie nicht. Aber was Corey, ihrem Fingerzeig folgend, sah, genügte als Antwort. In Richtung ihrer Zielangabe lag, etwas abseits des eigentlichen Flughafenareals, eine riesige Montagehalle. Corey verstand, ebenso er überhaupt nichts mehr verstand.
    BAU 17.
    Dieser Augenblick setzte sich aus drei schon für sich genommen undenkbaren Elementen zusammen: dem Überfall durch Außerirdische; dem Umstand, daß man ihn geradewegs zu BAU 17 führte; und der Tatsache, daß dieser jemand einer der ranghöchsten lebenden Offiziere der europäischen Luftstreitkräfte war.
    Keine Zeit jetzt darüber nachzudenken, schallt er sich selbst, und bemühte sich, mit ihr halbwegs Schritt zu halten. Bald erreichten sie einen Teppich aus weißem Löschschaum, den die Flughafenfeuerwehr noch gelegt hatte, ehe sie auch geflohen oder zusammengeschossen worden war. Die Frau sprach beim Waten durch den zähen Schaum in ein Kragenmikrofon. „Eiko – ich bin’s.“
    Eine helle Stimme antwortete: „Wo steckst du? Galdea ist hier, keine Ahnung, wie sie das hingekriegt hat, aber sie ist hier. Wir müssen starten!“
    „Ich komme zu euch. Sag Galdea, daß ich unterwegs bin.“
    „Geht klar. Beeil dich.“
    „Und sag ihr auch, ich bin nicht allein.“
    „Was heißt das?“
    „Keine Zeit für Erklärungen.
    „Dann mach’s kurz.“
    „Ich habe jemanden...“ Sie schielte zu Corey, der sie eindringlich musterte. „... aufgegriffen. Aber diesmal ist es anders. Kein Alleingang, hörst du? Ich habe Junior hier vorm sicheren Tod bewahrt, das werde ich mir von niemandem vorhalten lassen.“
    „Wer?“
    „Ein junger Kerl.“
    „Kommt er mit?“
    „Das entscheiden nicht wir.“
    Eine Sekunde Schweigen. „Ich bin gespannt, was Galdea sagt, und ob die
Gaia
ihn annimmt.“
    „Es ist wohl längst entschieden.“
    „Vermutlich hast du recht. Beeil dich.“
    Doria Patrick beendete das Gespräch. Corey dachte:
Eiko? Galdea? Gaia?
Wer sollte das sein?
    Sie rannten. Sie wichen Feuern, liegengebliebenen Fahrzeugen und umherhetzenden Menschen aus. Der Lärm am Himmel war ohrenbetäubend laut.

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