Kairos (German Edition)
inmitten all dessen, den Kopf erhoben, versuchte Herr dieser Eindrücke zu werden.
Er senkte den Blick. Er mußte etwas unternehmen.
Fahrzeuge. Menschen. Sirenen. Brände. Ständig wurde es schlimmer. Eine Halle der Flughafenwerftanlage, die bereits seit geraumer Zeit brannte, stürzte ein – die komplexe Struktur aus Karbonstreben, Stahlplatten und zerbrochenen Zementblöcken klappte mit einem reißenden Krächzen zusammen. Ein schwelender Schuttberg entstand. Corey hatte hingesehen, es war nicht BAU 17 gewesen, der eingestürzt war; er lag weiter westlich. Corey war atmete erleichtert auf.
Und erlitt einen Hustenanfall. Die Luft war voller Rauch und Staub, stank beißend nach Treibstoff, Chemikalien und Abgasen.
Corey ging hinter einer Zugmaschine in Deckung.
Weitere Gebäude stürzten ein. Erst das die Flugleitung bergende Service- und Verwaltungsgebäude mitsamt Pilotenmesse. Dann ein fünfstöckiges Haus, auf dessen Dach die Wetterstation und der Funkpeiler standen. Der Welt haftete nichts Massives mehr an; alles war brüchig. Stahlbetonmauern verkamen zu Spalierwänden. Alles fiel, von über dem Boden hängenden Raumschiffen in Brand geschossen, rasch und vollständig in sich zusammen. Corey glaubte, er befände sich an einem japanischen Filmset, beim Dreh eines altmodischen Monsterfilms, wo die Kulissen aus Pappmaché waren und Statisten umherflogen wie Reisigbündel.
Corey sah den Windsack sich blähen. Rußpartikel und Fäden geschmolzenen Plastiks umflirrten ihn wie Flusen. Der Windmesser drehte sich. An den Stellen, wo sich eben noch die Funkbake sowie der Gleitwegsender befunden hatten, schwelten Krater. Mehr Lärm, mehr Staub. Weniger Menschen, die schreiend herumliefen. Immer mehr Leichen am Boden.
Corey schreckte auf: Ein Militärbus mit blinkenden Rundumleuchten kam hinter einem Ausrüstungstrakt hervor und bog mit hoher Geschwindigkeit auf die Notlandebahn ein. Corey, dessen Sinne auf das Äußerste geschärft waren, sah hinter der Windschutzscheibe den Fahrer, der hektisch versuchte, den Bus zu kontrollieren. Es war ein zum Mannschaftsbus umfunktionierter Linienbus in Militärfarben, und – wie Corey erkannte – vollbesetzt. Menschen drängten sich hinter den Fenstern oder klammerten sich an die Haltestangen.
Corey richtete sich auf. Er trat hinter der Zugmaschine vor. Plötzlich war die unsichere Angst wie weggeblasen. Etwas Schlimmes würde passieren, das war unstrittig. Viele schlimme Dinge ereigneten sich jetztgerade überall um ihn herum und auf dem Erdball, aber hier, jetzt würde etwas für ihn sehr konkret Schlimmes passieren, anders war es nicht zu beschreiben.
Der Bus kam näher. Er befuhr die gelb auf den Teer gemalte Fahrzeuggasse, neben der Corey stand, und das in einer Geschwindigkeit, für die er nicht geschaffen war. Er schaukelte bedenklich, als der Fahrer ihn in eine Kurve legte. Drei der sechs Räder verloren kurz die Haftung. Die Insassen schleuderten herum. Der Fahrer beschleunigte weiter. Er fuhr halsbrecherisch, wenn nicht selbstmörderisch. Es bestand die Aussicht, daß er ein nervenstarker, fähiger Busführer war, aber in Corey überwog die Meinung, der Kerl wäre wie die meisten halbwahnsinnig vor Angst und nicht länger Herr der Lage. Das Vehikel hielt auf ihn zu, der zunächst nur dastand, dann etliche Schritte auswich.
Was treibt der Schwachkopf?
dachte er – dann folgten die Einschläge. Corey wußte nicht, was den Erdboden getroffen und die Teerdecke aufgerissen hatte. Vielleicht ein weiterer Absturz, oder ein Jet hatte sein Waffenmagazin entleert. Oder die Aliens griffen erneut an. Es gab einen vielfachen Krach, und es hagelte Asphaltsplitter. Corey reagierte. Er schrie auf, riß die Arme hoch und hechtete beiseite, irgendwohin; überall flogen Bruchstücke aus Zement, Bitumen und anderem Zeugs.
Corey traf auf den Boden, bedeckte den Kopf abermals mit den Händen – eine Wunde reichte völlig aus –, als auch schon die Rollbahn in Flammen stand, und mit ihr, schien es, die ganzeWelt. Einschläge und daraus folgenden Erschütterungen hörten nicht auf. Ein rotierender Parabolspiegel zerbrach. Schwerer Sprengstoffgestank hing in der Luft, und es wurde immer heißer; die Luft schien aus Feuer. Corey glaubte, seine Lunge müßte reißen. Seine Haut war schweißnaß, versengte Haare klebten an seiner Stirn.
Der Bus wurde getroffen und auf die Seite geschmissen. Alles ging rasend schnell; der genaue Ablauf blieb Corey verborgen, er sah den Wagen sich
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