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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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echt, und das mit allen verstörenden und tödlichen Details. Und sie verfolgten ihn und Doria Patrick. Es waren mehr als genug, um sie beide in Stücke zu reißen. Corey – dessen Verstand am Normalen geschult war – versuchte, einen kurzen und entmutigenden Augenblick lang, all dieses Grauen zu leugnen. Doch es war sinnlos. Es war alles in seiner diffizilen Absurdität da: eine wimmelnde Flut aus blassen Wesen, groß wie verschissene Schimpansen, mit messerscharfen Zähnen und Klauen, stacheligem Rückgrat und peitschendem Schwanz. Mit Facettenaugen, die kalt und wachsam stierten. Alle diese Kreaturen zeigten die gleiche gierige, hirnlose Entschlossenheit, ihre Opfer so lange zu jagen, bis sie sie schließlich eingeholt und getötet hatten.
    „Lauf schneller“, sagte Doria. „Wir schaffen es.“
    Corey sagte nichts. Er war am Ende seiner Kräfte. Er wußte nicht mehr, was er denken sollte. Alles hatte sich in irgend etwas bis dahin völlig Unmögliches verkehrt. Wenn man ihm jetzt erzählen würde, die Erde ruhte auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte, würde er es glauben.
    „Paß auf!“, schrie Doria. Wieder drehte sich die Pilotin im Laufen um und schoß einem der Drachen aus der Vorhut den winzigen, zuckenden Schädel weg. Das Wesen verfiel in wilde Zuckungen. Seine Glieder hämmerten gegen den Boden. Giftiger Speichel tropfte aus dem Maul. Schwarzes, dickflüssiges Blut spritzte. Doria Patrick war eine meisterhafte Schützin, aber das nutzte ihnen auch nichts. Sie hatte drei der ihnen nachhetzenden Wesen erwischt, aber es blieben hundert weitere übrig. Die immer näher kamen.
    Corey drehte den Kopf nach links und sah die Kämpfer der Shumgona in einiger Entfernung regungslos da stehen. Sie beobachteten die wilde Hatz, der Doria und Corey sich ausgeliefert sahen. Aber sie griffen nicht ein. Sie kamen auch nicht näher. Sie standen da und warteten.
    „Worauf warten die Mistkerle noch?“, fragte Corey atemlos. „Wieso setzen die uns nicht nach?“
    „Sie kommen nicht nah genug heran. An den Hangar, meine ich. Das Ei schützt uns. Die Skulls scheinen es zu fürchten.“
    „Und diese Viecher?“
    „Da liegt die Sache anders. Sie scheinen sich dem Schiff nähern zu können, ich weiß nicht, weshalb.“
    „Großartig.“
    „Aber die Shumgona wollen, daß ihre Schoßhunde uns mattsetzen und zu ihnen bringen, jede Wette. Die Skulls selbst können oder wollen es nicht tun. Darin liegt unsere Chance. Die Drachen sind nicht schlau genug und rennen sich gegenseitig über den Haufen, während sie uns jagen; das verschafft uns Zeit. Wir müssen schneller sein.“
    „Aber...“
    „Lauf!“
    Sie liefen. Doria feuerte Kugel um Kugel auf ihre Verfolger, traf auch mit fast jedem Schuß, aber erreichte fast nichts. Die sie jagende Meute schien kaum dezimiert. Noch immer war ihre schiere Zahl entmutigend und die brutale Blutgier, mit der man sie verfolgte, verstörend.
    Jetzt lagen zwischen den fliehenden Menschen und der Drachenschar nur noch wenige Yards. Doria und Corey liefen so schnell sie konnten, aber diese Ungetüme kamen beständig näher. Die Skulls selbst hielten sich noch immer zurück. Corey war es völlig egal, warum dem so war. Aber daß es so war, ließ ihn zumindest einen Funken Hoffnung auf ein Entrinnen fassen. Die Skulls ... Was immer sie sein mochten, woher sie auch kamen – daß man ihnen nur ihre Schoßtiere nachjagte, ließ in Corey ein Rinnsal törichten Trotzes entstehen, ein kleiner Quell Lebenskraft, den festen Wunsch, diese Situation zu überleben.
    Um dieses Raumschiff zu erreichen. Es zu erfahren. Diese Aussicht ließ ihn weiterrennen. Kein Bild seiner Eltern, kein Gedenken Nazmas. Keine Emotion. Keine Tat. Einzig dieses unglaublich vitale Sehnen nach diesem Schiff. Es machte ihn unbeugsam, unbeugsamer als sonst.
    In diesem Moment brüllte Doria eine Warnung. Corey sah aus dem Augenwinkel einen grauen Schatten auf sich zu springen. Instinktiv ließ er sich fallen. Er schlug auf dem Teerboden auf und rollte sich seitlich ab. Der Schatten hatte ihn denkbar knapp verfehlt. Corey kam auf die Knie, sah, daß der graue Schatten ein Drache war, der mit einem gewaltigen Satz versucht hatte, Corey in den Nacken zu springen. Dorias Warnung war keinen Augenblick zu früh erfolgt. Jetzt war die Pilotin in Bedrängnis. Der Drache, der Corey verfehlt hatte – eine sich windende, kompakte, seibernde Mordmaschine – stürzte sich nun auf Doria. Der blieb keine Zeit, anzulegen und zu feuern.

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