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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Schußapparate und Sägen.
    Bei Corey waren es Käfige mit Kapuzineraffen mit offengelegtem Gehirn. Er hörte sie Schnattern, wenn eine Sonde ihr Stimmzentrum stimulierte.
    Wir haben das Recht, hieß es immer. Starke Worte.
    Wir haben das Recht.
Wirklich?
    „Du sagst, die wollen uns Grenzen aufzeigen“, sagte Nazma. „Ich weiß nicht. Die Vorstellung jagt mir Angst ein.“
    „Beschweren könnten wir uns vermutlich nicht.“ Er legte sich flach in das Gras.
    Sie sagte: „Aber ich denke zuviel.“
    „Oft geht es um mangelndes Verständnis, Nazma, um fehlenden Einklang. Um Entfremdung.“ Er riß ein Paar Grashalme aus und begann sie zu zerrupfen. „Wir alle … du und ich … sollten das Ende einer Zeit erkennen, wenn es da ist, meinst du nicht?“
    Sie blickte ihn seltsam leer an. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte. „Bist du immer noch wütend?“, fragte sie.
    „Wütend weshalb?“
    Tausend Gedanken jagten ihr durch den Kopf. Irgendwann tupfte sie ihm einen Kuß auf die Wange. „Ich hab’ dich gern“, flüsterte sie.

8
    William Swan, vor seinem Fernsehgerät, altertümlich wie ein Münztelefon, sitzend und fingernagelkauend Bergs Holoauftritt erwartend, konnte nur vermuten, was sich dieser Stunden hinter geschlossenen Türen bei
AstroCom
und Bergs Stab abspielte. Es dürfte dort wenig einträchtig zugehen und wohl jede Form von Bestürzung über Appelle des Ruhebewahrens bis hin zu paranoiden Endzeitphantasien vertreten sein. Es war klar, daß ein solches Ereignis, wie das Auftauchen eines UFOs, die Involvierung vieler Instanzen bedeutete, die einander immer beharkt hatten. In scheinbaren Endlossitzungen, Memoranden und
Vikom
-Konferenzen zwischen verschiedenen Bevollmächtigten würde man leidenschaftlich darum streiten, was jetzt am Besten zu tun wäre. Doch was war das Beste? Es gab (offiziell) keine psychologischen oder soziologischen Erfahrungen. Über den Wissensstand, mit dem man es zu tun hätte, wußte man ebenso nichts, wie folglich auchüber den militärischen Faktor. Die Mächtigen nicht nur in Brüssel sondern überall auf dem Planeten waren ratlos.
    „Berg, Junge, jetzt mach schon“, klagte William das Wandholo an.
    Marta Swan sah kurz von ihrer Näharbeit auf, Sorgenfalten auf der Stirn.
    „-schalte zu Gwen Coertz vor dem Präsidialamt. – Gwen, hinter dir sehe ich überall Menschen. Sie halten Schilder und Spruchbänder mit Bibelzitaten und rufen Parolen wie etwa ›Jesus Christus starb für Eure Sünden‹.“
    „Von wegen...“, knurrte William. „Das ist ein fanatischer Mob.“
    Das mochte stimmen. Vor der Regierungsvilla wogten Menschenmassen. Inzwischen waren Polizeifahrzeuge aufgefahren. Gepanzerte Einsatzkräfte mit Schilden und elektrischen Schlagstöcken drängten aus den Mannschaftskabinen und gingen in Stellung. Andere Fahrzeuge sicherten das Gelände ab. Man begann, Metallbarrieren aufzubauen. Die Leute selbst ließ man noch unbehelligt.
    „Ja, Davey“
, sagte jetzt Gwen Coertz, eine ehrgeizige Nachtredakteurin, die in diesem Live-Bericht ihre große Chance sah. Sie versuchte, ihrer Reibeisenstimme einen dramatischen Klang zu verleihen.
„Sie warnen vor einem Krieg. Vor dem Ende der Welt. Es sind Anarchos. Fanatiker. Der Präsident ist sehr beunruhigt über diese Kundgebungen. Die nach dem Tiflis-Massaker...“
Ein 2038 erfolgter Massensuizid der Anarkhizm-Sekte in der georgischen Hauptstadt.
„...in Kraft getretene Reformgesetze scheinen ihre erhoffte Wirkung zu verfehlen.“
    „Ja, offenbar. Aber, Gwen, was mich interessiert, was sind das für Leute? Warum tun sie das alles?“
    „Sterben die Irren denn nie aus?“, rief William.
    „Liam, der Junge...“, mahnte ihn Marta.
    Etwas Unverständliches knurrend versank er im Sessel und nahm einen Schluck Glenlivet.
    „- ein paar Fragen stellen? Ich denke, die Menschen wollen es wissen.“
    „Ich werde es versuchen.“
Sie ging zielstrebig auf eine Frau in schwarzem abgewetztem Leder zu. Ihr Kameramann folgte ihr.
    „Was die nur wollen…“, fragte William halblaut.
    „Ähm, Gwen Coertz, BBC Worldwide. Dürfte ich...“
    „... Das Ende ist nah!“
, sagte die Frau im Ton einer Laienpredigerin, mit manischem Eifer.
„… die Ungläubigen und die Frevler, alle fahren sie zur Hölle!“
Sie spuckte beim Sprechen.
    Marta: „Schalt ab, Liam.“
    „Gott weint Tränen aus Blut, aber er wird die Seinen erkennen!“
    „Genug von dem Müll!“,
rief ein Mann.
    „William!“
    „Still!“, zischte

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