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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Außerirdischer haben.“
    „Da draußen sind eine Menge Brandstifter. Das verstehen Sie doch sicherlich.“ Er hatte sanft, aber bestimmt gesprochen.
    „Ja, das verstehe ich“, gab sie nach kurzem Zögern zu.
    „Gut.“ Sein Blick ruhte kurz auf dem Kunstdruck über seinem ovalen dänischen Schreibtisch, Elsheimers ›Reise nach Ägypten‹, auf dieser langgestreckten Sammlung heller und weniger heller Sterne – der Milchstraße.
Sie sind von dort
, dachte er.
Welcher ist es? Wie weit weg? Etwa die stellare Nachbarschaft? Oder ganz woanders?
    Fast fröhlich sagte er: „Ach, und Julie? – Tempora mutantur.“
    „Hm, warten Sie einen Augenblick...“ Sie spitzte die Lippen. „Das heißt: Die Zeiten ändern sich. – Also ist doch etwas hängen geblieben.“
    „Nur das.“
    „›Nos et mutamur in illis‹“, schob sie nach. „Und wir ändern uns mit ihnen.“
    „Das ist wohl wahr.“
    Sie lachte, wenn auch etwas gekünstelt, und ließ ihn daraufhin allein.

11
    „Das Sicherheitskomitee?“ Alain war sekundenlang mit Stummheit geschlagen. „Hat Bals das gesagt?“
    Leo Cromers Miene blieb undeutbar. „Ich sage es. Morgen ist ein Arbeitstreffen mit jemandem vom Wissenschaftsausschuß. Und wie Sie wissen, tagt Morgen in Rom die IAU.“ Das war die Internationale Astronomische Union. „Ich muß mich vorbereiten“, sagte Cromer, „und außerdem“, er lächelte ihm kurz und offen zu, „sind Sie der Experte für ET.“
    „Aber...“
    „Sie fliegen nach Brüssel. Basta. – Nein, sagen Sie nichts. Und hören Sie schon auf, Löcher in die Luft zu starren.“ Ein Zwinkern. „Die Politik sucht nicht nur unseren Rat, sondern bezieht uns mit ein. O Wunder! Ich weiß nicht, warum die erst jetzt damit kommen, doch nichtsdestoweniger freut es mich. Bislang kenne ich Czajkwoski und seine Leute nur von den Budgetverhandlungen – keine sehr angenehmen Menschen, glauben Sie mir. Die wollen, daß ich ihnen jemanden schicke, ›der sich mit diesem Themenkreis auskennt‹. Aber jemand mit diesen Erfahrungen gibt es natürlich nicht!“ Er verdrehte die Augen, doch sah Alain dann anspornend an. „Sie aber kommen dem am nächsten.“
    „Nun, ich werde mich bemühen,
AstroCom
würdig zu...“
    Cromer fuchtelte brüsk. „Unsinn, Alain, darum geht es doch nicht. Diese Tage markieren einen epochemachenden Markstein in der jüngeren Menschheitsgeschichte. Es ist wie die Entdeckung des Feuers. Ein Zeitalter ist zu Ende gegangen, ebenso sein Denken. Jetzt heißt es: Und es gibt sie doch! Und es werden Leute wie Sie sein, Alain, die sich mit den Fremden auseinanderzusetzen haben, ihren Ideen, Ansichten, ihrem Wissen. Verstehen Sie, was ich sage?“
    Alain bejahte es. Cromer sprach von den Abenteuern einer Zukunft, die soeben begonnen hatte. Von nicht weniger, als der nächsten kopernikanischen Neudefinition der Welt. Von Historie.
    Und davon, sich im Namen
AstroComs
seine akademischen Sporen zu verdienen, also von Prestige.
    „Möchten Sie einen Rat von mir?“, fragte Cromer.
    D’accord.
„Jederzeit.“
    „Kein Zaudern jetzt. Niemand verlangt von Ihnen Allwissenheit. Alles gehört sorgfältig abgesteckt, aber zugleich muß es auch Wagnisse geben. Bleiben Sie sich einfach treu, ich meine damitIhrer Art, allem Unersichtlichen, so schnell wie möglich ein solides Aussehen zu verpassen, der Rest kommt schon. Da ist nicht länger ein Richtig oder Falsch. Hinfort mit der gängigen Lehrmeinung. Das allein ist jetzt wichtig.“
    Alain mußte sich eingestehen, ob Cromers offener und aufgeräumter Worte ehrlich verblüfft zu sein. Der Mann schien wie ausgewechselt. Der immer wieder mit den neuen Wahrheiten im Streit liegende Bedenkenträger schien buchstäblich über Nacht verschwunden. An seiner Stelle stand jetzt jemand, der das Epochale der jüngsten Memorabilien, diese Revolution, nicht nur als gegeben hinnahm, sondern aufgeschlossen begrüßte. Cromers Bild der Moderne schien für Alain nicht länger vergilbt, und er gab zu, sich in diesem Punkt gerne geirrt zu haben.
    Seine Gedanken führten ihn weiter; er bekam endlich zu fassen, was gerade vorgefallen war, und frohlockte darüber. Cromer hatte ihn soeben mit
AstroCom
s professioneller Repräsentation bei den obersten Entscheidungsträgern betraut. Es ging um Image und eine Menge Geld. Solche Treffen waren für das Institut immanent wichtig. Cromer schien ihm wirklich zu vertrauen. Das ließ Alain zugleich Verlegenheit wie Stolz fühlen. Hier wurde jemand gesucht und

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